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04.05.2006 - dvb-Presseservice

AfW Stellungnahme zum Referentenentwurf der Versicherungsvermittlerrichtlinie

Der AfW, der die Interessen von mehr als 1.800 Mitgliedsunternehmen mit mehr als 30.000 Finanzdienstleistern wahrnimmt und der an den Beratungen zur Verabschiedung der EU-Richtlinie über Versicherungsvermittlung des Europäischen Parlaments und des Rates vom 09. Dezember 2002 aktiv beteiligt war, begrüßt die beabsichtigte Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht.

Der AfW hätte es sehr begrüßt, wenn die Vorgaben der Versicherungsvermittlerrichtlinie innerhalb der gesetzten Frist bis zum 15. Januar 2005 umgesetzt und erreicht worden wäre.

Es bleibt zu hoffen, dass durch diese massive Verzögerung kein erheblicher Schaden für deutsche Versicherungsvermittler, welche hiermit erheblich gegenüber Versicherungsvermittlern des EU-Auslandes benachteiligt werden, eingetreten ist bzw. noch eintritt.

Der AfW nimmt wie folgt Stellung zu dem Ende März 2006 vom Bundeswirtschaftsministerium (BMWI) veröffentlichten Referentenentwurf:

  • Der AfW begrüßt die Entscheidung der Bundesregierung, die IHKn mit der Erlaubniserteilung sowie der Registerführung betrauen. Damit ist eine der Hauptforderungen des AfW erfüllt worden, diese beiden Punkte nicht in die Hände der Versicherungswirtschaft zu geben. Somit konnte der AfW verhindern, dass mittels der AVAD die Versicherungswirtschaft über den Marktzugang von neuen Vermittlern mit entschieden hätte.

  • Gleiches gilt für die Tatsache, dass die neue Mindestqualifikation (Sachkundeprüfung) ebenfalls von den IHKn abgenommen werden soll. Auch hier sieht der AfW die Neutralität der prüfungsabnehmenden Stelle (IHKn) als begrüßenswert an, weil auch mit dieser Regelung der Einfluss der Versicherungswirtschaft zurückgedrängt werden konnte. Seine sonst kritische Haltung gegenüber der Institution „Kammersystem“ gibt der AfW mit dieser Sichtweise jedoch bewusst nicht auf.

  • Ebenfalls positiv ist die Tatsache, dass - wie schon lange vom AfW gefordert - der öffentlichrechtliche Abschluss „Fachberater für Finanzdienstleistungen IHK“ als ausreichende Vorqualifikation anerkannt werden wird. Allerdings müssen die im Entwurf geforderten Praxiszeiten gestrichen werden, da der Rahmenstoffplan des Fachberaters für Finanzdienstleistungen (IHK) die Inhalte der Mindestqualifikation (Versicherungsfachmann (IHK)) vollumfänglich enthält. Diese Praxiszeiten machen somit keinen Sinn.

  • Der AfW kritisiert die im VVG vorgesehene Regelung, dass der Vermittler den Versicherungsnehmer bei Verzicht auf eine schriftliche Dokumentation darauf hinzuweisen hat, dass dies möglicherweise nachteilige Auswirkungen auf eigene Schadenersatzansprüche gegen den Vermittler hat. Derartiges wäre ein Novum im Deutschen Recht. Keine Berufsgruppe, insbesondere kein Dienstleistungsanbieter, ist bisher einer solchen Verpflichtung unterlegen. Gründe, warum ein Versicherungsvermittler insofern gegenüber anderen Berufsgruppen diskriminiert werden soll, sind nicht ersichtlich.

  • Die im VVG vorgesehenen Regelungen zur Beratungs- und Dokumentationspflicht des Versicherungsvermittlers sind nicht praktizierbar. Es ist nicht möglich, die Wünsche und Bedürfnisse nach einer Deckung aus dem Grad der angebotenen Versicherung abzuleiten, wenn man diese zu diesem Zeitpunkt noch nicht kennt, da die Beratung ja erst zu einem entsprechenden Vorschlag führen soll. Hieraus ergibt sich, dass diese Regelung an sich undurchführbar ist. Rechtssicherheit ist ebenfalls keineswegs mit der Regelung gegeben, dass der Makler die Wünsche und Bedürfnisse des Interessenten sowie die Gründe für den selbst erteilten Rat „unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrages“ zu dokumentieren hat, da dies eine derart umfangreiche Wertung seitens des Maklers erfordert, wie sie regelmäßig letztlich erst durch die Gerichte vorgenommen wird. Ein Makler ist kein Jurist. Es ist an dem Gesetzgeber, hier klare Vorgaben zu erstellen und nicht die Ausgestaltung der Gesetze bereits von vornherein der Judikative zu überlassen.

  • Der AfW kritisiert die zu kurze Nachhaftung, die der Gesetzgeber als Minimum für die Vermögensschadenshaftpflichtversicherung vorsieht und fordert daher, dass die Einstandspflicht der Berufshaftpflichtversicherung in ihrer Nachhaftung auf die Dauer der Haftung des Versicherungsvermittlers ausgedehnt wird, wie dies bei Rechtsanwälten und Notaren ebenfalls der Fall ist. Die vom Gesetzgeber vorgesehenen fünf Jahre sind leider weder vor dem Hintergrund der Existenzsicherung von Vermittlern noch im Sinne Verbraucherschutzes ausreichend und sinnvoll.

  • Zusätzlich kritisch betrachtet der AfW die von der Bundesregierung vorgesehene Regelung, dass die Versicherer bei der Vermögensschadenshaftpflicht „Ersatzansprüche wegen wissentlicher Pflichtverletzung“ ausschließen können. Im Sinne des Verbraucherschutzes ist diese Regelung äußerst problematisch. Wenn der unwissende Kunde an einen Vermittler mit krimineller Energie geraten ist, bestünde somit für ihn kein Schutz. Der AfW schlägt hier vor, dass der Versicherer dennoch zahlen muss und anschließend im Wege der Regressnahme gegen den Vermittler vorgehen kann.

  • Im Sinne des Verbraucherschutzes sollte die erforderliche Deckung der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung von einer Million € deutlich erhöht werden. Die Mindestversicherungssumme sollte auf 3.000.000,00 € für alle Versicherungsfälle eines Jahres angehoben werden, da bereits bei zwei erheblichen Versicherungsfällen eine deutliche Unterdeckung besteht, welche bei der Einkommens- und Vermögenssituation eines durchschnittlichen Versicherungsvermittlers dazu führt, dass der Geschädigte den Schaden zum größten Teil nicht ersetzt erhalten wird und der Vermittler Insolvenz anmelden müsste.

  • Der AfW kritisiert die bisher vorgesehene Regelung, dass im Rahmen der Vermögensschadenshaftpflichtversicherung vereinbart werden kann, dass sämtliche Pflichtverletzungen bei Erledigung eines einheitlichen Vermittlungsgeschäfts als ein Versicherungsfall gelten können. Auch dies ist im Sinne des Verbraucherschutzes nicht sinnvoll, da auch dies zu einer erheblichen Unterdeckung bei mehreren Pflichtverletzungen führen kann.

  • Der AfW wendet sich strikt gegen die Kostentragungspflicht des Versicherungsvermittlers bei einer durch die zuständige Behörde angeordneten außerordentlichen Prüfung der in der VersVermV ausformulierten Pflichten (Informations- und Aufzeichnungspflichten). Hiermit wäre der Willkür und der vorsätzlichen Schädigung durch Dritte Tür und Tor geöffnet. Bei der derzeitigen Formulierung der Bestimmung muss der Gewerbetreibende damit rechnen, dass durch anonyme Anzeigen Dritter hier möglicherweise durch die zuständige Behörde bereits ein besonderer Anlass gesehen wird, welcher sich mehrfach im Jahr wiederholen kann. Dies ist, bei den bekannten Preisen für die Inanspruchnahme eines Wirtschaftsprüfers oder der sonstigen in der VersVermV genannten geeigneten Prüfer finanziell für einen Versicherungsmakler regelmäßig nicht tragbar. Es ist nicht definiert, was der „besondere Anlass“ sein kann. Eine entsprechende Kostentragungspflicht des Versicherungsmaklers ist daher unbedingt auszuschließen.

  • Gleiches gilt für die in § 42 k VVG vorgesehene Einrichtung einer Schlichtungsstelle, welche grundsätzlich begrüßt wird. Abgelehnt werden muss jedoch dass –mit Ausnahmen- der Versicherungsvermittler die Kosten eines Beschwerdeverfahrens tragen soll. Bemerkenswert ist, dass dies auch für den Fall gilt, dass sich die Beschwerde eines Versicherungsnehmers als unbegründet erweist, solange sie nicht erkennbar willkürlich war. Sollte diese Bestimmung auch im Gesetzgebungsverfahren Bestand haben, so wird diesseits davon ausgegangen, dass spätestens im Wege einer verfassungsrechtlichen Beurteilung durch die Gerichte hier korrigierend eingegriffen wird.

  • Der AfW bemängelt die Sonderregelungen für die Ausschließlichkeit von Versicherungsunternehmen oder fest angestellten (sozialversicherungspflichtigen) Mitarbeitern. Hier liegt eine Ungleichbehandlung der freien Vermittler und Makler vor, die nicht akzeptabel ist. Auch im Hinblick auf den Verbraucherschutz ist es nicht einzusehen, weswegen es hier zu unterschiedlichen Anforderungen zum Beispiel an die Qualifikation des Vermittlers kommt. [Exkurs zur Information: Wie sehen die Anforderungen an die Qualifikation im Einzelnen aus?

  1. Es wird eine Mindestqualifikation in Form einer Sachkundeprüfung geben.
  2. Für alle Vermittler, die bereits vor Inkrafttreten des §34d GewO tätig waren, wird es eine Übergangsfrist von 2 Jahren für das Ablegen des Sachkundenachweises geben.
  3. Bestandsschutz: Vermittler, die seit dem 31.08.2000 ununterbrochen als Versicherungsvermittler tätig sind, benötigen keinen Qualifikationsnachweis.
  4. Die Mindestqualifikation / Sachkundeprüfung wird - wie erwartet - auf dem Niveau des Versicherungsfachmann (BWV) sein und den Namen tragen: Versicherungsfachmann (IHK).
  5. U.a werden die Abschlüsse Fachberater/-in für Finanzdienstleistungen (IHK) – mit Berufspraxis sowie –generell der- Fachwirt/-in für Finanzberatung (IHK) als Vorqualifikationen anerkannt.
  6. Für bei juristischen Personen sozialversicherungspflichtig angestellte Vermittler gilt: Grundsätzlich ist das Unternehmen der Antragsteller für die Erlaubnis nach dem neuen §34d GewO. Da eine juristische Person keine Sachkunde nachweisen kann, muss eine „angemessene Anzahl“ von bestimmten Führungskräften die Sachkundeprüfung ablegen. Die Vermittler benötigen eine Qualifikation für die Versicherungsverträge, die sie auch vermitteln.
  7. Akzessorität: Vermittler, die Versicherungen als Ergänzungsgeschäft vermitteln (Beispiel: Autoverkäufer / „Doppelkarte“) benötigen die für die jeweiligen Versicherungsverträge notwendige Qualifikation. Diese Erleichterung gilt nur, sofern dieser Vermittler im Auftrag eines Versicherungsunternehmens oder eines nach §34d GewO zugelassenen Vermittlers tätig wird. Eine Pflicht zur VSH und gutem Leumund bleibt aber bestehen.]

  • Im neuem Gesetzentwurf heißt es u.a.: "Die Versicherungsmaklererlaubnis beinhaltet die Befugnis, Dritte, die nicht Verbraucher sind, bei der Vereinbarung, Änderung oder Prüfung von Versicherungsverträgen gegen gesondertes Entgelt rechtlich zu beraten." Damit wird die VerBAV- Verlautbarung von 9/96 S. 222, bei der es Versicherungsvermittlern verboten ist, für die Beratung in Versicherungsanlegendheiten – mit Ausnahme bei No-Load-Tarifen – gegen Honorar anstelle Provision/Courtage zu beraten, jetzt für „Nicht-Verbraucher“ aufgehoben. Somit wird es jetzt insbesondere ermöglicht, den Aufwand für Angebote im Geschäftskundenbereich (Gewerbe/Industrie/ Freiberufler) in Rechnung stellen zu können, wenn es nicht zum Abschluss und damit zu einer Vermittlungs-Vergütung kommt. Der AfW begrüßt, dass dem lange beklagten Umstand, dass aufwendige Angebotsausarbeitungen mit Ersparnisaufzeigung häufig dazu genutzt wurden, Rabatte beim Alt-Versicherer zu erzielen, damit endlich offensiv und vor allem rechtlich abgesichert begegnet werden kann.

[Exkurs zur Information: Die Beratung in Versicherungsangelegenheiten gegen Honorar und/oder Umsatz ist nach Einschätzung des AfW damit auf halben Wege freigegeben. Für Privatkundenberatung hat sich der Gesetzgeber dazu leider noch nicht durchgerungen. Ob die Ausdehnung auf 100 % nach Erweiterung der gesetzlichen Regelungen um die MIFID in einem Jahr umgesetzt wird, ist noch ungewiss, weil die Lobby des Versicherungsvertriebs grundsätzlich dagegen ist, da der Vertrieb über Provisionen gesteuert wird. Somit kann bei Verbrauchern im Rahmen der Angebotsberatung zu Versicherungsangelegenheiten weiterhin kein eigenständiges Honorar vereinbart werden, wenn es nicht zu einer Vermittlungsbeauftragung kommt. Und Finanzdienstleister, die den Zeitaufwand für die Beratung immer gesichert sehen wollen, nutzen Financial Planning als Konzeptberatung vor der Vermittlung einzelner Produkte, denn nur hier gibt es hier den goldenen Mittelweg: Honorar und/oder Umsatz.]



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