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10.07.2006 - dvb-Presseservice

Gesundheitsreform verspricht Verbesserungen

Koalitionsparteien haben inhaltliches Eckpunktepapier vorgelegt

Im Anschluss an ihre Pläne zur Finanzierung der Krankenversicherung haben die Koalitionsparteien auch ein inhaltliches Eckpunktepapier zur Gesundheitsreform vorgelegt. „Wir begrüßen, dass das Eckpunktepapier eine Reihe von Perspektiven zur Verbesserung der Versorgung von Schwerstkranken und pflegebedürftigen Menschen beinhaltet, für die wir uns im Vorfeld eingesetzt haben“, so Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter sozialer Dienste e. V. (bpa), der bundesweit über 4.300 Pflegeeinrichtungen vertritt. Dazu zählen allen voran der Leistungsanspruch von Schwerstkranken auf Palliativpflege, der Ausbau der Integrierten Versorgung sowie ein längst überfälliger Beschluss zur Hilfsmittelversorgung von Heimbewohnern: Entgegen der jüngeren BSG-Rechtsprechung sollen fortan auch an Demenz erkrankte und schwerstpflegebedürftige Menschen Anspruch auf einen Rollstuhl oder andere individuell benötigte Hilfsmittel haben. Die große Koalition stellt in ihrem Eckpunktepapier klar, dass die Krankenkassen diese Leistungen zu gewähren haben.

„Die Versorgung im Bereich der ambulanten Palliativmedizin und -pflege ist momentan noch völlig unzureichend“, beschreibt Meurer die Situation in der Betreuung von schwerstkranken und sterbenden Menschen. „Der bpa hat sich seit langem für eine ganzheitliche pflegerische und medizinische Begleitung und Unterstützung von sterbenden Menschen und ihren Angehörigen eingesetzt. Dass diesen Menschen jetzt ein Anspruch auf Palliativversorgung aus der Krankenversicherung zugestanden werden soll, ist ein wichtiger Schritt. Hierzu bedarf es allerdings keiner zusätzlichen Leistungserbringer, sondern einer Verzahnung und Optimierung der bestehenden.“

Die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Krankenhaus und ambulanter Versorgung sowie zwischen Berufsgruppen wie Pflegekräften und Hausärzten in Form der Integrierten Versorgung ist eine zentrale Absichtserklärung des Eckpunktepapiers. Neben der Anschubfinanzierung hierfür, die bis 2009 verlängert werden soll, soll die Pflege stärker in die Integrierte Versorgung eingebunden werden. Bernd Meurer: „Wir sind erfreut, dass hierbei eine Forderung des bpa aufgegriffen worden ist und auch Pflegebedürftige, z. B. Heimbewohner, zukünftig von dieser Versorgung ‚aus einer Hand’ profitieren können. Denn geplant ist eine Gesetzesänderung, die Pflegeeinrichtungen die Vertragsbeteiligung ermöglicht.“

Dabei soll, wie seitens der Bundesgesundheitsministerin bereits im Rahmen des diesjährigen Hauptstadtkongresses angedeutet, auch Pflegekräften die Möglichkeit eingeräumt werden, Leistungen des Case-Managements zu übernehmen.

Hinsichtlich der bisherigen Schnittstellenproblematik zwischen Rehabilitation und Pflege begrüßt der bpa, dass die große Koalition ihrem Anspruch aus dem Koalitionsvertrag in den wichtigsten Punkten nachkommen will. „Es muss sichergestellt werden, dass Patienten notwendige Präventions- und Rehaleistungen zur Vermeidung oder Verhinderung einer Verschlechterung von Pflegebedürftigkeit tatsächlich erhalten“, heißt es im Eckpunktepapier. Vorgesehen ist deshalb, die ambulante und stationäre Rehabilitation für den Bereich der Geriatrie von einer Ermessensleistung in eine Pflichtleistung umzuwandeln. Bernd Meurer: „Es wurde höchste Zeit, dass ältere und hilfebedürftige Menschen die notwendige Rechtssicherheit erhalten und ihnen der Zugang zu Rehabilitionsleistungen nicht mehr verweigert werden kann. Jetzt gilt es, dem bisher im Gesetz abstrakt formulierten Vorrang von Prävention und Rehabilitation auch eine konkrete Leistung gegenüber zu stellen. Diese Forderung des bpa ist so alt wie die Pflegeversicherung.“

Dass im Gegenzug zur Gewährung von Rehaleistungen die medizinische Behandlungspflege in Heimen auf Dauer in der Finanzverantwortung der Pflegeversicherung verbleiben soll, bedauert der bpa, denn sie ist eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung. „Wenn schon Mittel der Pflegeversicherung für Leistungen der Krankenversicherung missbraucht werden sollen, muss garantiert sein, dass dieses Geld auch tatsächlich bei den Pflegebedürftigen ankommt“, so Meurer.

Weiterhin wurde beschlossen, das Entlassungsmanagement der Krankenhäuser durch eine bessere Vernetzung der an der Anschlussversorgung beteiligten Einrichtungen und Dienste zu optimieren. Der bpa begrüßt in diesem Zusammenhang insbesondere die Absicht, die Leistungsangebote der häuslichen Krankenpflege zu stärken: Durch eine gezielte Erweiterung des Haushaltsbegriffs soll der Versicherte auch dann Leistungen häuslicher Krankenpflege erhalten, wenn zwar keine stationäre Krankenhausbehandlung notwendig ist – er aber vor Rückkehr in den eigenen Haushalt übergangsweise in einer anderen Wohnform (z. B. in einer Wohngemeinschaft) lebt. In besonderen Ausnahmefällen soll dies auch für den ufenthalt im Pflegeheim gelten. Bernd Meurer: „Hiermit wird dem Anspruch des Versicherten Rechnung getragen, die selbstständige Lebensführung in der eigenen Häuslichkeit so lange wie möglich zu erhalten.“ Um Übergangsprobleme zu vermeiden, sei eine rechtliche Klarstellung dringend notwendig.

Zum weiteren Fahrplan der Gesundheitsreform kündigte die Bundeskanzlerin an, dass mit der Arbeit an einem Gesetzentwurf jetzt begonnen werde und dass dieser den Fraktionen „im September oder Anfang Oktober vorzulegen“ sei.

„Bleibt nun zu hoffen“, so Bernd Meurer abschließend, „dass bei den weiterführenden Verhandlungen über die ‚große Schwester Gesundheitsreform’ die Pflege nicht länger ihr Schattendasein fristet.“ Im Hinblick auf die aktuelle Diskussion um die Anhebung von Beiträgen sagte Meurer, dass eine Verbesserung oder Stabilisierung der Finanzsituation ohne mehr Einnahmen nicht funktioniere: „Wir werden nicht drum herum kommen, dass die Belastung für den Einzelnen steigt – sei es in Form der Steuerlast oder zusätzlicher Beiträge. Man darf gespannt sein, was der Gesellschaft die Pflege wert ist.“



Herr Bernd Tews
Tel.: 030 / 30 87 88 60
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