Die Provinzial und der Versicherungsmakler

Trotz Vorlage einer Vollmacht und der ausdrücklichen Bitte um Übersendung der Vertragskopien und der zugrunde liegenden Bedingungen erhielt der Makler nach drei Wochen lediglich eine Auflistung mit minimalen Informationen zu den Verträgen. Die gewünschten detaillierten Unterlagen blieben aus.

§ 3 VVG
(1) Der Versicherer hat dem Versicherungsnehmer einen Versicherungsschein in Textform, auf dessen Verlangen als Urkunde, zu übermitteln.

Das Problem: Das Zivilrecht kennt keinen allgemeinen gesetzlichen Auskunftsanspruch. Da ein solcher aber in bestimmten Fällen gegeben sein muss, wird er dem Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB von Rechtsprechung und Lehre abgeleitet. Die Rechtsprechung hat den allgemeinen Auskunftsanspruch zu einem Gewohnheitsrecht verfestigt. Einige Versicherer versuchen immer wieder, sich dem zu entziehen.

Die Provinzial verwies daher in ihrer Antwort auf § 3 VVG ("Der Versicherer hat dem Versicherungsnehmer einen Versicherungsschein in Textform, auf dessen Verlangen als Urkunde, zu übermitteln") und teilte dem Makler mit, dass weitere Nachfragen kostenpflichtig seien, ohne jedoch die Höhe der Kosten zu nennen. Stattdessen wurde dem Makler vorgeschlagen, sich direkt an den Kunden zu wenden, eine Antwort, die den Bedürfnissen eines Versicherungsmaklers kaum gerecht wird. Der Makler bat erneut um Zusendung der Unterlagen, diesmal auch mit dem Hinweis, dass eine digitale Übermittlung keine Kosten verursachen sollte. Nach weiteren fünf Wochen Bedenkzeit seitens der Provinzial blieb es jedoch bei dem Ergebnis, dass keine weiteren Informationen zur Verfügung gestellt wurden.

Die Redaktion von kapital-markt intern wandte sich an den Vorstand der Provinzial und fragte nach der langen Bearbeitungszeit und den anfallenden Kosten für die digitale Übermittlung der Vertragsunterlagen sowie nach der Vereinbarkeit dieser Praxis mit dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und dem Verhaltenskodex des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV).

Nachdem auch dies nicht zur Übermittlung der gewünschten Unterlagen führte, wurde der Vorgang öffentlich gemacht. Daraufhin erhielt der Makler fast drei Monate nach dem ursprünglichen Antrag die gewünschten Unterlagen.