Deutschland verliert den Anschluss und hat nur noch zwei Jahre Zeit für grundlegende Reformen. Mit diesen alarmierenden Einschätzungen macht der Ökonom Dr. Daniel Stelter im Gespräch mit Der Aktionär „Money Train“ auf die komplexen wirtschaftlichen Herausforderungen unserer Zeit aufmerksam.
USA, China und die neue Weltordnung

„...wenn es in den nächsten zwei Jahren nicht grundlegend was passiert, dann ist das Thema abgefahren.“
Dr. Daniel Stelter
Der Handelskonflikt zwischen den USA und China ist nach Stelters Einschätzung nur ein Symptom eines tieferen Umbruchs. "Die Weltwährungsordnungen haben vielleicht so eine Halbwertszeit von 40 Jahren", erklärt er zum Wandel des globalen Finanzsystems. Die Rolle des US-Dollars als dominante Weltwährung könnte abnehmen, da bereits jetzt viele Länder ihre Währungsreserven diversifizieren.
Besonders besorgniserregend: China dominiert bereits viele Schlüsselindustrien. "Von etwa 40 Schlüsselindustrien werden eigentlich im Prinzip 90 Prozent von China dominiert, die anderen von den USA, und Europa ist dann immer auf Platz drei, vier, sonst wo abgeschlagen", stellt Stelter fest. Die technologische Führungsrolle Deutschlands in traditionellen Stärkefeldern wie Automobil und Maschinenbau sei bereits verloren.
Europas und Deutschlands Fehlentwicklungen
Die Diagnose für Europa fällt ernüchternd aus: "Europa hat das Problem, wir hängen seit Jahren den USA hinterher, wenn Sie sich die Entwicklung der Produktivität anschauen". Als Hauptursache nennt Stelter die "völlig verfehlte Energie- und Klimapolitik".
Für Deutschland sieht er ein strukturelles Wachstumsproblem aufgrund der demografischen Entwicklung und mangelnder Produktivitätssteigerungen. Die Bürokratiekosten beziffert er auf etwa 146 Milliarden Euro – "über 2000 Euro pro Kopf der Bevölkerung".
Das kritische Zeitfenster für Reformen
Alarmierend ist Stelters Einschätzung zur verbleibenden Zeit für Reformen: "Ich glaube eigentlich ehrlich gesagt, wenn es in den nächsten zwei Jahren nicht grundlegend was passiert, dann ist das Thema abgefahren." Die globale Konkurrenz warte nicht auf Deutschland, und gut ausgebildete Fachkräfte wandern bereits ab – fast 200.000 Deutsche verlassen jedes Jahr das Land.
Lösungsansätze
Als Ausweg empfiehlt der Ökonom einen radikalen Kurswechsel: mehr Arbeitsanreize, weniger Bürokratie und einen schlankeren Staat. "Wir müssen Arbeit viel attraktiver machen, wir müssen Nichtstun viel unattraktiver machen." Konkret bedeutet das für ihn Reformen beim Bürgergeld, niedrigere Steuern und Abgaben sowie einen Rückzug des Staates aus vielen Bereichen.
Statt deutscher Alleingänge befürwortet Stelter das Kopieren erfolgreicher Lösungen: "Die elektronische Gesundheitsakte der Österreicher gibt es übrigens auch eine, die sehr gut funktioniert seit Jahren. Warum nehmen wir nicht einfach die?"
Sein Fazit: "Die Politik macht den Fehler, sich im Klein-Klein zu verfangen, alles regeln zu wollen. Und ich würde mich zurücknehmen und sagen, ich mache Grundsatzentscheidungen, ich reduziere die Vorgaben und lasse den Rest die Bürger machen statt den Staat."
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