Nachhaltigkeitsabfrage: AfW fordert Aussetzung der Abfragepflicht

Kunden zeigen kaum noch Interesse an Nachhaltigkeitspräferenzen: Die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache: Laut dem aktuellen 17. AfW-Vermittlerbarometer interessieren sich nur noch 21 Prozent der Kunden für das Thema Nachhaltigkeit bei ihrer Geldanlage oder Versicherung. Ein dramatischer Rückgang im Vergleich zu 2022, als dieser Wert noch bei 53 Prozent lag.

Die große Mehrheit der Verbraucher (68 Prozent) steht dem Thema mittlerweile gleichgültig gegenüber. 11 Prozent lehnen die Abfrage sogar kategorisch ab. Norman Wirth, Vorstandsmitglied des AfW, erklärt diesen Trend: "In der öffentlichen Wahrnehmung sind derzeit Themen wie Migration, Inflation und geopolitische Risiken deutlich präsenter als die Nachhaltigkeitsdiskussion."

Produktangebot bleibt mangelhaft

Nicht nur bei den Kunden, auch auf Produktseite hapert es weiterhin. Weniger als die Hälfte der Vermittler (47,6 Prozent bei Finanzanlagen und 45,5 Prozent bei Versicherungen) stuft das Angebot an nachhaltigen Produkten als ausreichend ein.

Bei der Orientierung im ESG-Dschungel nutzen 49 Prozent der Vermittler ESG-Ratings, jeder Vierte greift auf Gütezeichen wie das FNG-Siegel zurück, und 16 Prozent informieren sich über spezielle Portale. Bemerkenswert: Fast ein Drittel (30,3 Prozent) kann keine konkrete Informationsquelle für nachhaltige Produkte benennen.

AfW unterstützt VOTUM-Vorstoß zur Aussetzung der Abfragepflicht

Der AfW Bundesverband Finanzdienstleistung betrachtet die Nachhaltigkeitspräferenzabfrage in ihrer aktuellen Form als gescheitert. Sie verursache erheblichen Beratungsaufwand ohne erkennbaren Kundennutzen und verunsichere alle Beteiligten.

Mit dieser Position unterstützt der AfW den Vorschlag des Verbands VOTUM, die Abfragepflicht auszusetzen. VOTUM-Vorstand Martin Klein hatte die Nachhaltigkeitsabfrage als "Konstruktionsfehler von Anfang an" bezeichnet. Sein Argument: Es sei falsch gewesen, die Abfragepflicht zur Nachhaltigkeit vor der verbindlichen Berichterstattung der Unternehmen einzuführen.

EU verschiebt zentrale Nachhaltigkeitsregeln

Hintergrund ist die kürzliche Entscheidung des EU-Parlaments, die Anwendung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) um zwei Jahre zu verschieben. Die Berichtspflicht für große Unternehmen wurde auf das Geschäftsjahr 2027 (Bericht 2028) verschoben, börsennotierte KMU folgen ein Jahr später.

"Wir begrüßen ausdrücklich die in Brüssel angestoßenen Bemühungen um eine Vereinfachung der Prozesse und setzen uns für klare, verständliche Kategorien ein", betont Norman Wirth vom AfW. Der Verband hatte die Kritik an der bestehenden Ausgestaltung der Nachhaltigkeitspräferenzabfrage bereits mehrfach in Berlin und Brüssel adressiert.

Praxistaugliche Lösungen gefordert

VOTUM spricht sich für eine zweijährige Aussetzung der ESG-Abfragepflicht aus. Diese Zeit solle genutzt werden, um verbrauchertaugliche und haftungssichere Lösungen zu entwickeln. Ziel müsse ein Beratungssystem sein, das Nachhaltigkeit sinnvoll integriert, ohne Vermittler und Kunden zu überfordern.

 

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