Der Podcast von Finanz-Szene beleuchtet die heißesten Themen der deutschen Finanzbranche. In der aktuellen Episode mit Christian Kirchner und Payment-Experte Jochen Siegert werden kontroverse Einschätzungen zum digitalen Euro, der Teambank-Krise und der deutschen Zahlungsverkehr-Souveränität besprochen.
30-Milliarden-Euro-Studie zum digitalen Euro: Viel Lärm um nichts?
Eine neue PwC-Studie beziffert die Implementierungskosten des digitalen Euros auf bis zu 30 Milliarden Euro. "Eine griffige Zahl muss draußen sein. Das ist ja immer dasselbe mit diesen Studien", kommentiert Kirchner die mediale Aufmerksamkeit. Siegert ordnet ein: "Ob es jetzt 18 oder 5 oder 30 Milliarden ist - die grundlegende Frage ist: Liegt denn ein Marktversagen vor, was den ganzen Aufwand rechtfertigt?"
Besonders kritisch sehen beide Experten die mangelnde Unterstützung der Banken: "Wenn da die Banken kein eigenes Interesse an diesem Projekt entwickeln und Chancen darin sehen, sondern komplett auf der Zinne sind, kostet nur, wollen wir nicht. Ich glaube, da wird es schwierig", so Kirchner.
Teambank: Sechs Jahre Talfahrt ohne Ende in Sicht
Der genossenschaftliche Konsumentenfinanzierer präsentiert erschreckende Zahlen: Seit fünf Jahren fallen die Gewinne von 150 Millionen auf nur noch 36 Millionen Euro 2024. Die Risikovorsorge explodierte auf 200 Millionen Euro - etwa zwei Prozent des gesamten Kreditbuchs.
"Da ist eigentlich überhaupt nichts in Ordnung", fasst Kirchner die Lage zusammen. Auch 2025 wird abgeschrieben, was das sechste Jahr mit sinkenden Gewinnen bedeuten würde. Siegert sieht strukturelle Probleme: "Irgendwann ist die goldene Zeit vorbei, dann wird es schwieriger, dann sinken die Erträge und die Kosten steigen."
Revolut-Geldautomaten: Genialer Schachzug oder Verzweiflungstat?
50 Service-Automaten in spanischen Großstädten - Revolut setzt auf physische Präsenz. Hier gehen die Meinungen der Experten diametral auseinander. Siegert zeigt sich skeptisch: "Gerade eine Company, die Revolut heißt, revolutionär ist und an der Fintech-Bewegung an der Spitze ist, kommt auf die Idee, das klassischste Bankprodukt zu machen."
Kirchner hingegen sieht strategisches Potenzial: "Die werden sich ja wohl irgendetwas dabei denken und mein Gedanke war: So ein Terminal nervt die Banken wahrscheinlich ohne Ende, weil die wollen natürlich, dass man das alles auf dem Handy macht." Er verweist auf die miserable User Experience traditioneller Bankautomaten: "Sieht aus wie vor 25 Jahren eigentlich, hat sich relativ wenig getan."
Deutsche Zahlungsverkehr-Souveränität: Mythos oder Realität?
Siegerts kontroverseste These: Deutschland ist gar nicht so abhängig von US-Zahlungsriesen, wie oft behauptet. Die Bundesbank-Statistik offenbart überraschende Zahlen: "Nur 5,7% aller Retail-Transaktionen laufen über Kreditkarte" - Tendenz sogar sinkend von 6,2% in 2021.
"Transaktionsbedingt sind wir bei Pi mal Daumen 8,9% Abhängigkeit von internationalen Schemes", rechnet Siegert vor. Selbst PayPal nutze primär europäische SEPA-Verfahren. "Diese Rechtfertigung des Markteingriffs lässt sich zumindest, wenn man die aktuellen Zahlen der Bundesbank anschaut, nicht rechtfertigen."
Sparkassen-Digitalisierung: 18 von 50 Millionen in der App
Bei der Digitalisierung der Sparkassen sehen beide Experten eine natürliche Grenze erreicht. "Diejenigen, die bereits digitalisiert werden können, wurden das schon", erklärt Siegert. "Diejenigen, die das nicht wollen, wollen das aus guten Gründen - meistens Alter."
Kirchner warnt vor einem strategischen Dilemma: "Je mehr ich die Kunden in die Online-Kanäle dränge, desto weniger ist dann der Differenzierungsfaktor im Vergleich zu einer reinen Direkt- oder Online-Bank."
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