Haustiere: Tierarztkosten in Deutschland steigen rasant

In der 62. Folge des you.talks Podcast sprechen Ingolf Putzbach und Oliver Lang mit Martin Markowsky, Gründer und Geschäftsführer von DOGVERS, über eine der faszinierendsten Entwicklungen im deutschen Versicherungsmarkt. Was einst als exotische Nische galt, entwickelt sich zum Milliardengeschäft - und das hat seinen Grund.

Vom Banker zum Tier-Spezialisten

Martin Markowsky machte vor zwölf Jahren einen ungewöhnlichen Karriereschritt. Nach 14 Jahren im Bankwesen und vier Jahren als Industriemakler stand er vor der Entscheidung: "Ich habe darüber nachgedacht, die Branche zu verlassen. Also ich sage jetzt einfach mal eine Kneipe aufmachen oder eine Disco oder irgendwas anderes." Doch dann kam ein Hund in sein Leben - und mit ihm eine Geschäftsidee, die ihn zum Pionier eines boomenden Marktes machte.

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Seine Kollegen reagierten skeptisch: "Ich weiß, dass ich damals für diese Entscheidung von vielen Kollegen sehr belächelt wurde." Heute kann Markowsky darüber lachen. Der Tierversicherungsmarkt hat sich zu einem der dynamischsten Segmente der deutschen Versicherungswirtschaft entwickelt.

Die Pandemie als Gamechanger

Der entscheidende Wendepunkt kam mit Corona. "In diesem Pandemiejahr hatten wir über eine Million mehr Hunde, nur Hunde. Wir haben auch noch Katzen." Die Menschen waren an ihre Wohnungen gebunden, das Homeoffice wurde zum Standard - und plötzlich schien ein Haustier die perfekte Lösung für die Einsamkeit.

Doch Markowsky sieht diese Entwicklung durchaus kritisch: "Da gab es eine ganze Menge Leute darunter, die sich niemals hätten einen Hund anschaffen dürfen." Das Ergebnis: Überfüllte Tierheime, als die Arbeitgeber ihre Mitarbeiter zurück ins Büro riefen.

Als die Tierarztkosten explodierten

Ende 2022 folgte der nächste Schock: Die Gebührenordnung für Tierärzte (GOT) wurde angehoben. "Dann zogen die Rechnungspreise bei Tierärzten massiv an." Die Folge war dramatisch: "Ich glaube 2023 hat kein Versicherer in Deutschland Geld verdient mit dem Thema."

Gleichzeitig drängten immer mehr Anbieter in den Markt - oft ohne die nötige Expertise. Markowskys Urteil ist vernichtend: "Ich glaube, ganz viele von den Versichern, die in den letzten Jahren eingestiegen sind, haben das Thema gewaltig unterschätzt."

Das schwedische Modell: Warnung oder Vorbild?

Martin Markowsky im you.talk Podcast

Ein Blick nach Schweden zeigt, wohin die Reise gehen könnte. Dort sind 80-90% aller Haustiere versichert - aber zu einem hohen Preis. "Die Kosten in Schweden für die tierärztliche Versorgung liegen im Schnitt über 600-700 Euro pro Besuch." Der Grund: Wenige Investoren kontrollieren sowohl Versicherer als auch Tierkliniken.

Diese Entwicklung sieht Markowsky bereits in Deutschland: "Es werden seit anderthalb, zwei Jahren in Deutschland massiv Tierkliniken und Tierärzte aufgekauft." Seine Prognose ist düster: "In vier, fünf Jahren werden wir eine komplett andere Landschaft in Deutschland haben."

Warum Makler das Thema verschlafen

Obwohl statistisch jeder zweite Kunde ein Haustier haben müsste, tun sich klassische Makler schwer mit dem Thema Tierversicherung. Markowskys Erklärung ist pragmatisch: "Bevor ich jetzt eine Wohngebäudeversicherung verkaufe, mit allem Aufwand, der dann im Nachgang da dran hängt, dann mache ich lieber eine Tierversicherung, ich habe die gleiche Einnahme."

Das Problem liegt oft im Alter: Während jüngere Makler die digitalen Möglichkeiten nutzen, kämpfen ältere Kollegen mit der neuen Technik. "Bei Maklern meines Alters, das kann ich jetzt offen sagen, ich bin ein 68er-Baujahr, da sind die halt nicht zu Hause."

Innovation im Tierversicherungsmarkt

Trotz der Vielfalt an Anbietern sieht Markowsky noch viel Innovationspotential. Ein Beispiel ist sein Haftpflichtkonzept für Tierschutzvereine: "Ich möchte bei Pflegestellen, dass diese Pflegestelle vernünftig abgesichert wird." Denn rechtlich sind Pflegestellen keine Halter, sondern Hüter - ein Unterschied, der im Schadensfall entscheidend sein kann.

Besonders kritisch sieht er Vorsorgebausteine in Krankenversicherungen: "Ich finde das Thema Vorsorgeaufwendungen in den Krankenversicherungsprodukten völligen Blödsinn." Sein Argument: Die Kosten werden ohnehin in die Beiträge eingepreist, am Ende zahlt der Kunde drauf.

Das Haustier als Familienmitglied

Der Boom der Tierversicherung spiegelt einen gesellschaftlichen Wandel wider. "Heute ist das Haustier Hund und Katze ein Familienmitglied." Diese emotionale Bindung rechtfertigt aus Sicht vieler Tierhalter auch höhere Ausgaben für die Gesundheitsvorsorge.

Mit durchschnittlichen Jahresbeiträgen von 380 Euro und einer Vertragslaufzeit von rund sieben Jahren ist die Tierversicherung zu einem lukrativen Geschäftszweig geworden. Markowskys Fazit: "Das wird ein Megamarkt werden." Eine Prophezeiung, die sich bereits erfüllt hat.

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