Terminnot bei Fachärzten: Jeder sechste Patient würde Notfall vortäuschen

Die Daten einer Verivox-Umfrage belegen erhebliche Unterschiede zwischen gesetzlich und privat Versicherten. Während nur 9 Prozent der Privatpatienten bei wichtigen Vorsorgeuntersuchungen durch schwierige Terminvereinbarungen abgehalten werden, liegt dieser Anteil bei gesetzlich Versicherten bei 21 Prozent. Laut GKV-Spitzenverband warten 25 Prozent der gesetzlich Versicherten länger als 30 Tage auf einen Facharzttermin.

Ungleiche Behandlung nach Versicherungsstatus

Diese Diskrepanz erklärt sich durch unterschiedliche Vergütungsstrukturen: Privatpatienten werden nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abgerechnet, die höhere Sätze als die gesetzlichen Krankenkassen vorsieht. Der GKV-Spitzenverband fordert daher eine gesetzliche Regelung, die bei der Terminvergabe die Nachfrage nach dem Versicherungsstatus untersagt.

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Auswirkungen auf die Notfallversorgung

Die Umgehung regulärer Terminvergabe belastet die Notaufnahmen zusätzlich. 2023 verzeichneten deutsche Krankenhäuser 12,4 Millionen ambulante Notfallbehandlungen – ein neuer Höchststand seit Beginn der Erfassung 2018. Nach Angaben des GKV-Spitzenverbands wäre jede zweite Behandlung auch in einer Praxis möglich gewesen, wenn zeitnah Facharzttermine verfügbar gewesen wären.

11 Prozent der Umfrage-Teilnehmer gaben an, ohne akuten Anlass in eine Notfallambulanz zu gehen, 7 Prozent würden gezielt einen Notfall vortäuschen. Diese Entwicklung verstärkt die bereits kritische Personalsituation: Trotz eines Personalzuwachses von 71 Prozent im Rettungsdienst zwischen 2012 und 2022 stuft die Bundesagentur für Arbeit Rettungsberufe weiterhin als Engpassberufe ein.

Kompromissbereitschaft der Patienten

Die Umfrage zeigt eine hohe Bereitschaft zu Kompromissen: 56 Prozent würden Einschränkungen oder zusätzliche Belastungen für einen schnelleren Facharzttermin akzeptieren. 24 Prozent würden Anfahrtswege von über 50 Kilometern in Kauf nehmen. Gesetzlich Versicherte zeigen sich dabei flexibler als Privatpatienten: 21 Prozent wären bereit, auf die freie Arztwahl zu verzichten (Privatversicherte: 15 Prozent).

Ein Fünftel der Befragten verzichtet aufgrund komplizierter Terminvergabe oder langer Wartezeiten auf wichtige Vorsorgeuntersuchungen wie Krebsfrüherkennungen. Dies birgt langfristige Risiken für die Früherkennung und Prävention.

Interesse an Online-Terminvergabe

Das Interesse an Online-Terminvergabe steigt deutlich: 51 Prozent der Befragten sehen die Terminvergabe über das Internet als wichtig an – 2022 waren es nur 31 Prozent. Allerdings bevorzugen 57 Prozent nicht-kommerzielle Anbieter, da sie befürchten, dass kommerzielle Plattformen Privatversicherte bevorzugen könnten.

Der GKV-Spitzenverband schlägt ein zentrales Onlineportal vor, über das alle Arztpraxen einen festgelegten Anteil ihrer GKV-Termine tagesaktuell anbieten müssen. Dies würde Transparenz schaffen und Krankenkassen die Möglichkeit geben, Termine für ihre Versicherten zu vermitteln.

Während die Terminvergabe bei Hausärzten funktioniert – 52 Prozent der GKV-Versicherten bewerten die Wartezeiten als wunschgemäß –, besteht bei Fachärzten erheblicher Reformbedarf. 

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