Keyless Autodiebstahl: Mercedes und Porsche vor Gericht

Auto­einbruch per Funk oft kein Fall für die Versicherung

Relay-Attacken ermöglichen sekundenschnelle Diebstähle. Ein Relay-Angriff ist eine Diebstahlmethode bei Keyless Entry-Fahrzeugen, bei der Diebe das Signal des Schlüsselanhängers mit speziellen Geräten abfangen und verstärken, um das Auto zu entriegeln und zu starten, ohne den physischen Schlüssel zu benötigen. Der Angriff funktioniert, indem das Signal über große Entfernungen übertragen wird - selbst wenn sich der Schlüssel in der Wohnung oder Tasche befindet - und kann in weniger als einer Minute durchgeführt werden.

In Kanada wurde eine Sammelklage gegen Hersteller eingereicht, weil diese seit Jahren von diesem Sicherheitsproblem wissen, ohne die Kunden zu warnen oder rechtzeitig Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Heise berichtet mit einem ausführlichen Blick auf die Technik über den Fall.

Gericht befragte jeden einzelnen Hersteller

Das zuständige Gericht in Québec entschied diese Woche über die Zulassung der Sammelklage. 14 Autohersteller müssen sich dem Hauptverfahren stellen: Toyota, Audi, BMW, FCA, Ford, Honda, Hyundai, Kia, Nissan, Mazda, Mitsubishi, Subaru, Volkswagen und Volvo.

Vier Unternehmen konnten den Richter von ihrer Unschuld überzeugen: General Motors, Mercedes, Land Rover Jaguar und Porsche. Diese Hersteller verwiesen auf Warnhinweise in den Bedienungsanleitungen, erklärten, dass ein Anlassen ausschließlich über die OBD-Schnittstelle nicht funktioniere, und betonten, dass sich ihre Schlüssel nach zwei Minuten automatisch deaktivieren würden.

Schadenersatz und Massenrückruf gefordert

Die Klage fordert für betroffene Kunden, deren Fahrzeuge in den drei Jahren vor Klageerhebung gestohlen wurden, 1.500 kanadische Dollar Schadenersatz - etwa 945 Euro pro Person. Nach Schätzungen betrifft dies rund 10.000 Personen. Zusätzlich sollen die Hersteller den gleichen Betrag als Strafschadenersatz an eine Verbraucherschutzorganisation zahlen.

Darüber hinaus verlangt die Klägerseite einen Massenrückruf: Die Hersteller sollen die Sicherheitssysteme bereits verkaufter Fahrzeuge nachbessern. Ausgenommen von der Klage sind Automodelle mit UWB-Funk (Ultrabreitband), da diese Systeme die tatsächliche Entfernung des Schlüssels effektiv messen können.

Versicherer melden dramatische Diebstahlzahlen

Die Zahlen belegen die Brisanz des Problems: Kanadische Versicherer bearbeiteten 2016 Deckungsanträge wegen gestohlener Fahrzeuge in Höhe von 89 Millionen Dollar, 2022 waren es bereits 372 Millionen Dollar. Organisierte Banden haben es besonders auf teure Wagen abgesehen, die zerteilt, mit neuen Fahrgestellnummern versehen oder in Containern nach Afrika verschifft werden.

Immerhin zeigen die jüngsten Statistiken einen Rückgang: Im ersten Halbjahr 2025 sanken die Autodiebstähle in Kanada um 19 Prozent. Dennoch wurden über 23.000 Diebstähle gemeldet - mehr als 125 Fahrzeuge täglich. Der Toyota Highlander steht dabei besonders hoch im Kurs der Kriminellen.

Toyota Highlander - auch bei Dieben ein begehrtes Fahrzeug.

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