BU-Antrag: Die rechtlichen Fallstricke bei Gentests

In dem Fachpodcast der Bayerischen "Biometrie2Go" widmen sich die Moderatoren Nadine Meier und Panos Kalantzis den Gentests. Genauer: Der Angabepflicht von Gentests bei der Beantragung von Berufsunfähigkeitsversicherungen. 

Das Gendiagnostikgesetz und die Ausnahmen

Biometrie2Go
Podcast des Biometrie-Teams der Bayerischen

Die rechtliche Grundlage bildet Paragraph 18 des Gendiagnostikgesetzes, der ein "eingeschränktes Erhebungs- und Verwendungsverbot für Gentests" enthält. Grundsätzlich dürfen Versicherer weder die Durchführung genetischer Untersuchungen verlangen noch deren Ergebnisse entgegennehmen oder verwenden.

Doch der Teufel steckt im Detail: "Von diesem grundsätzlichen Verbot macht der Gesetzgeber zwei Ausnahmen", erklärt Kalantzis. Diese Ausnahmen definieren die Grenzen des Verbots und bestimmen, wann Gentests doch angabepflichtig werden.

Die erste Ausnahme greift bei hohen Versicherungssummen: Bei einer Lebensversicherung über 300.000 Euro oder einer BU-Rente von mehr als 30.000 Euro jährlich - das entspricht "mehr als 2.500 Euro im Monat" - gilt das Verbot nicht. Die zweite Ausnahme betrifft bestehende Vorerkrankungen, bei denen das Erhebungsverbot ebenfalls außer Kraft gesetzt wird.

Prädiktiv versus diagnostisch: Der entscheidende Unterschied

Besonders aufschlussreich wird die Erklärung des Unterschieds zwischen prädiktiven und diagnostischen Gentests. "Prädiktiv ist eine genetische Untersuchung, die das Ziel hat abzuklären, ob eine erst zukünftig auftretende Erkrankung vorliegt", so die Definition im Podcast. Diagnostische Tests hingegen dienen "zur Abklärung einer bereits bestehenden Erkrankung oder gesundheitlicher Störung".

Die Experten verdeutlichen dies am Beispiel der Faktor-5-Leiden-Mutation, einem häufigen genetisch bedingten Gerinnungsdefekt mit einer "Häufigkeit von 5% in Europa". Während ein Test ohne anschließende Behandlung als prädiktiv gilt, wird derselbe Test diagnostisch, sobald eine Behandlung eingeleitet wird - etwa die prophylaktische Medikation bei einer schwangeren Frau.

Dynamik und Stückelung der Verträge: Juristische Grauzonen

Besonders spannend wird es bei der Frage nach Dynamik und Vertragsstückelung. Zur Dynamik gibt der Gesetzentwurf von 2008 eine klare Antwort: "Maßgeblich ist die beim Abschluss vereinbarte Versicherungssumme. Auf die Dynamisierung kommt es also nicht an."

Bei der Aufteilung in mehrere Verträge wird es komplizierter. Ein rechtswissenschaftlicher Aufsatz von 2009 argumentiert, dass "die Gesamtversicherungsleistung des versicherten Risikos ausschlaggebend ist und nicht die in einem Versicherungsschein einzeln ausgewiesene Versicherungssumme". Der Grund: Versicherer sollen vor Umgehungen durch bewusste Vertragsstückelung geschützt werden.

Praktische Konsequenzen für die Beratung

Für die Vermittlerpraxis bedeutet dies: "Entscheidend ist nicht, ob eine genetische Untersuchung mit dem Ziel der Abklärung einer bestehenden oder einer zukünftig auftretenden Erkrankung vorgenommen wird. Entscheidend ist, ob eine Erkrankung tatsächlich vorliegt oder nicht."

Die Angabepflicht hängt somit von drei Faktoren ab: der Höhe der Versicherungsleistung, dem Vorliegen einer aktuellen Behandlung und möglicherweise der Gesamtsumme aller Verträge eines Versicherten.

Das Zusammenspiel von Genetik, Recht und Versicherungsschutz gehört zu dem rechtlich anspruchsvollen Terrain der Berufsunfähigkeitsversicherung.

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