Rechtliche Neuerungen für Versicherungsmakler

Im "Netfonds Versicherungstalk" bespricht Oliver Bruns mit Netfonds Syndikusanwältin Sarah Lemke drei zentrale Themen, die Versicherungsmakler auf dem Schirm haben sollten: den EU AI Act, die neue Gewerbeordnung für Darlehensvermittlung und die BaFin-Stellungnahme zu Netto-Policen. 

EU AI Act: Künstliche Intelligenz betrifft alle Vermittler

Haben wir noch irgendeine Produktgruppe, die noch nicht reguliert ist?

Oliver Bruns
Netfonds

Syndikusanwältin Sarah Lemke räumt mit einem weit verbreiteten Irrtum auf: "Immer wenn wir so etwas hören wie EU AI Act und EU Verordnung, dann hört sich das total groß an. Man denkt sich dann, ich bin bestimmt nicht betroffen, weil ich mache ja gar nichts mit KI."

Die Realität sieht anders aus. Bereits die Nutzung von ChatGPT oder ähnlichen Tools im Berufsalltag macht Vermittler zu "Betreibern" im Sinne der Verordnung. "Es geht nicht darum, dass man selber etwas entwickelt, sondern dass man eben, wie die Verordnung sagt, auch Betreiber sein kann", erklärt Lemke die weitreichende Definition.

Lemkes zentrale Botschaften für Vermittler sind klar strukturiert: Erstens, "KI betrifft uns alle". Zweitens: "Kein Einsatz von KI ohne ausreichende Schulung." Diese Schulungen müssen nicht teuer oder aufwendig sein, aber Mitarbeiter dürfen KI-Tools nicht unvorbereitet nutzen.

Der dritte wichtige Punkt betrifft die Unternehmensorganisation: "Wenn man tatsächlich beabsichtigt, KI im Unternehmen einzusetzen, auch mit kleinen Anwendungen, sollte man sich eine Art kleine Guideline schreiben." Diese Guidelines müssen nicht kompliziert sein, aber sie sollten klären, was KI kann und wie sie eingesetzt werden darf.

Paragraph 34k: Neue Regeln für Darlehensvermittlung

Ab 1. Januar 2026 tritt Paragraph 34k der Gewerbeordnung in Kraft, der die Vermittlung von Verbraucherdarlehen neu regelt. Viele Vermittler nutzen bereits heute dieses Geschäftsfeld, etwa bei der Autofinanzierung oder anderen Konsumkrediten.

Sarah Lemke bringt die Neuerung auf den Punkt: "Alle die Regeln, die wir schon aus dem 34d Bereich, 34f Bereich, 34i Bereich kennen, sind dann eben auch für den Bereich der einfachen Darlehensvermittlung anwendbar." Diese "einfache Darlehensvermittlung" unterscheidet sich von der bereits bestehenden Wohnimmobiliardarlehensvermittlung nach 34i.

Konkret bedeutet dies drei zentrale Anforderungen: Sachkundenachweis, Eintragung ins Vermittlerregister und Fortbildungspflichten. Zur "alte Hasenregelung" stellt Lemke klar: "Es gibt keine sogenannte alte Hasenregelung, dass man sagen könnte, wer heute schon Kredite vermittelt, der darf das dann auch."

Eine wichtige Ausnahme gibt es jedoch: "Die Sachkunde gilt als gegeben, wenn man ein 34i hat, was ja eigentlich auch ganz plausibel ist, da Immobilienkredite ja doch sehr vergleichbar mit anderen Krediten sind." Inhaber einer 34i-Erlaubnis müssen sich lediglich bei ihrer IHK melden, alle anderen müssen die Sachkunde von Grund auf erwerben.

Bruns blickt mit Humor in die Zukunft: "Nach k kommt l. Haben wir noch irgendeine Produktgruppe, die noch nicht reguliert ist?" Seine Vermutung: möglicherweise Krypto-Beratung.

BaFin-Kritik an Netto-Policen-Beratung

Besonders brisant ist die jüngste BaFin-Stellungnahme zu Netto-Policen. Die Aufsichtsbehörde kritisiert mangelnde Aufklärung über die Unterschiede zwischen Brutto- und Netto-Policen. Bei vorzeitiger Kündigung einer Netto-Police bleibt die volle Vergütung geschuldet, anders als bei Brutto-Policen mit gedeckelten, auf fünf Jahre verteilten Abschlussgebühren.

"Die Versicherer haben gesagt, da müssen wir ja nicht drüber aufklären, das müssen ja die Vermittler machen", beschreibt Lemke die bisherige Praxis. Die BaFin sieht das anders und fordert auch von den Versicherern entsprechende Information.

Lemke zieht eine treffende Parallele zur Anwaltsvergütung: "Ein Anwalt wird den Kunden nicht unbedingt mit der Nase draufstoßen, dass im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung nur die gesetzlichen Gebühren erstattet werden und dass der Kunde, selbst wenn er den Rechtstreit zu 100 Prozent gewinnt, eventuell auf mehreren tausend Euro Anwaltskosten sitzen bleibt."

Verfassen Sie den ersten Kommentar