Digitaler Euro, Commerzbank-Übernahme und Trade Republic

Im aktuellen Finanzszene Podcast diskutieren Gastgeber Christian Kirchner und Payment-Experte Jochen Siegert aktuelle Themen der Branche. Dieses Mal geht es um den digitalen Euro, die Übernahmeschlacht zwischen Commerzbank und Unicredit sowie das umstrittene Private Equity Angebot von Trade Republic.

Digitaler Euro: Der heiße Herbst beginnt

Die Diskussion um den digitalen Euro nimmt Fahrt auf. Bundesbank, Finanzministerium und EZB drängen auf Tempo. Jochen Siegert sieht die Sache pragmatisch: "Ich war von Anfang an der Meinung, das wird auf jeden Fall kommen und wenn es kommt, muss man halt dann versuchen, das Beste draus zu machen."

Die zweite Projektphase der EZB endet im Oktober/November, danach steht die finale Entscheidung in Brüssel an. Siegert erwartet, dass die Lobbyisten jetzt auf Hochtouren arbeiten. Trotz der Skepsis vieler Banken sieht er kaum noch Chancen, das Projekt zu stoppen: "Der politische Wunsch ist dann doch sehr groß. Die politische Großwetterlage spielt ja quasi EZB Woche für Woche in die Karten."

Interessant ist Siegerts Perspektivwechsel beim digitalen Euro. Er hat einen konkreten Anwendungsfall identifiziert: "Ich glaube sogar einen großen Use Case gefunden zu haben, wo der digitale Euro tatsächlich einen großen Mehrwert liefert, nämlich als paneuropäische Klammer unter den verschiedenen lokalen nationalen Zahlverfahren." Der digitale Euro könnte demnach die Interoperabilität zwischen Wero, Bizum, Swish und anderen nationalen Bezahlsystemen ermöglichen.

Wero: Strategische Schwächen beim Start

Beim Thema Wero übt Siegert deutliche Kritik an der Umsetzung. Zwar hält er den Peer-to-Peer-Start für sinnvoll, um das Henne-Ei-Problem bei der Händlerakzeptanz zu umgehen, doch die Restriktionen seien unnötig: "Ich verstehe bis heute nicht, warum es überhaupt diese Restriktion gibt, dass auf der Empfängerseite der Kunde auch ein Wero-Kunde sein muss. Das gibt es bei PayPal nicht."

Diese Limitierung verhindere den viralen Effekt, durch den PayPal einst gewachsen sei. Bei PayPal könne jeder mit einer E-Mail-Adresse Geld empfangen und werde dadurch zum Kunden. Wero verschenke damit Wachstumspotenzial.

Sparkassen und die Kostenfrage

Die Meldung einiger hessischer Sparkassen über einen Sachkostenanstieg von 11 Prozent aufgrund von Wero, Instant Payments und anderen Projekten hält Siegert für nachvollziehbar. "Instant Payment ist natürlich ein wahnsinniges Infrastrukturkostenthema. Der digitale Euro ist trotzdem ein großes Infrastrukturprojekt, ungefähr vergleichbar mit Einführung von SEPA."

Besonders die Sparkassen und Volksbanken seien durch ihre Verbandsstruktur mit vielen internen Dienstleistern belastet, die alle ihre Marge haben wollten. Das mache solche Projekte für Primärsparkassen teurer als für Privatbanken.

Commerzbank vs. Unicredit: Das Aktienrückkauf-Puzzle

Bei der Übernahmeschlacht zwischen Commerzbank und Unicredit entwickelt sich eine rechtlich brisante Situation. Die Commerzbank startet ein Aktienrückkaufprogramm über eine Milliarde Euro, will die Aktien aber zunächst nicht einziehen. Kirchner rechnet vor: Bei aktuellen Kursen würde die Unicredit durch das Rückkaufprogramm passiv auf über 30 Prozent steigen, was ein Pflichtangebot auslösen würde.

Die Commerzbank behauptet, das späte Einziehen habe "technische interne Gründe" und nichts mit der 30-Prozent-Schwelle zu tun. Kirchner bleibt skeptisch: "Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Also es ist natürlich so, dass die Commerzbank wie jedes Unternehmen versucht, mit dem Aktienrückkauf den Aktienpreis zu stabilisieren, gar zu erhöhen." Ein hoher Aktienkurs macht die Übernahme für Unicredit teurer. 

Trade Republic und Private Equity: Demokratisierung oder Risiko?

Das neue Private Equity Angebot von Trade Republic sorgt für kontroverse Diskussionen. Während der Ansatz, eine bisher exklusive Anlageklasse für Kleinanleger zu öffnen, grundsätzlich positiv sei, sehen beide Experten erhebliche Risiken.

Siegert bemängelt die fehlende Diversifikation: "Bei Private Equity ist genauso wie im Aktienbereich: Wichtig ist es, zu diversifizieren. Heute kann ich da nur in zwei Unternehmen investieren oder in zwei Fonds investieren. Das ist noch ein bisschen wenig."

Kirchner ist noch skeptischer und kritisiert die Marktlage: "Private Equity ist jetzt nicht in einer fundamentalen Krise, aber es geht da seit drei Jahren abwärts. Der Market Peak, der war 2021 und 2022." Er vermutet, dass EQT und Apollo nicht aus philanthropischen Gründen handeln, sondern eine neue Fundingquelle erschließen wollen.

Besonders problematisch findet Kirchner die Produktarchitektur: "Trade Republic macht auch fundamental etwas anderes als bisher: Man lenkt die Kunden in eine bestimmte Richtung." Anstatt eine neutrale Plattform zu sein, wählt Trade Republic konkrete Produktpartner aus und trägt damit auch Verantwortung: "Ich habe die Kunden mit Messern und Ketten vor der Tür stehen, sollte das schief gehen."

Die größte Herausforderung sieht Siegert in der versprochenen Liquidität: "In dem Moment, in dem wir eine massive Krise an den Aktienmärkten bekommen, werden die Leute nicht unterscheiden, ob es sich um Aktienmärkte handelt oder nicht. Sie werden schnell panikartig versuchen, an ihr Geld zu kommen." Das erinnere an geschlossene Immobilienfonds, die in Krisen geschlossen werden mussten.

Positive Überraschung: Digitale Payment-Erfahrung im Handwerk

Mit einer ganz positiven Note schließt Siegert mit einer erfreulichen Erfahrung: Ein Handwerker bot ihm nach der Reparatur sofortige Kartenzahlung per mobilem Terminal an und verschickte die Rechnung anschließend digital. "Für den natürlich sensationell, weil er das Geld sofort hat und nicht mehr hinterher rennen muss. Und auf der anderen Seite für mich sehr gut. Ich muss mich um nichts mehr kümmern."

Kommentare

A.Patzwahl am 30.09.2025 um 13:28:48

Der Digitale EURO ist das Ende der Demokratie und öffnet der Bundesregierung oder sonstigen Interessierten den Weg in den Überwachungsstaat, wie China. Zu erwerbende "Sozialpunkte" werden darüber entscheiden, ob man überhaupt Geld in jedweder Art bekommt. Oder sein Auto betanken darf! Weil man z.B. bei "X" vielleicht die Bundesregierung oder Brüssel kritisiert oder (ACHTUNG, STAASISPRECH: "DELEGITIMIERT") hat. Dann gibts eben keinen Kredit für das neue Auto oder am Automaten kein Bargeld. Fertig. WILLKOKMMEN IM ÜBERWACHUNGSSTAAT!