Für Privatversicherte im Standardtarif steht ab Juli eine Beitragserhöhung von rund 25 Prozent bevor. Das berichtet die Süddeutsche Zeitung. Die branchenweit gültige Anpassung betrifft besonders ältere Versicherte, die aufgrund finanzieller Belastungen in diesen Sozialtarif gewechselt sind. Diese Erhöhung ist Teil einer umfassenderen Beitragsanpassungswelle in der privaten Krankenversicherungsbranche, wobei laut Angaben des PKV-Verbands für rund zwei Drittel aller Privatversicherten die Beiträge zum Jahr 2025 steigen werden.
Ausmaß der Beitragserhöhung im Standardtarif

Verweist auf die höhere Belastung der Durchschnittsverdiener in der GKV
Florian Reuther
PKV Verband
Eine Erhöhung der Beiträge im Standardtarif um durchschnittlich 25 Prozent ab dem 1. Juli 2025 beschlossen. Konkret bedeutet dies einen Anstieg von durchschnittlich 400 Euro auf etwa 500 Euro monatlich. Bereits im Vorjahr erfolgte eine Erhöhung um 9,3 Prozent, die finanzielle Belastung für die Betroffenen steigt somit weiter an. Branchenweit erfolgt eine Anhebung der PKV-Beiträge, wobei die durchschnittliche Anpassung über alle Tarife hinweg bei etwa 12 Prozent liegt, für zwei Drittel der Versicherten sogar bei durchschnittlich 18 Prozent.
Der Standardtarif als sozialer Auffangtarif
Der 1994 eingeführte Standardtarif wird brancheneinheitlich kalkuliert und fungiert als sozialer Auffangtarif. Ende 2024 waren rund 53.900 Personen in diesem Tarif versichert. Der Gesetzgeber hat den Tarif speziell für ältere Versicherte konzipiert, die durch hohe Beiträge finanziell überfordert sind oder sein könnten. Zugang zum Standardtarif haben nur Personen, die:
- mindestens 65 Jahre alt sind oder
- mindestens 55 Jahre alt sind und ein Jahreseinkommen unter der Beitragsbemessungsgrenze (2025: 66.150 Euro) haben,
- seit mindestens zehn Jahren privat versichert sind und
- ihre Vollversicherung vor dem 1. Januar 2009 abgeschlossen haben.
Personen, die erst nach diesem Stichtag in die PKV eingetreten sind, können bei Beitragsproblemen nur in den teureren Basistarif wechseln, in dem ebenfalls Prämienerhöhungen zum 1. Juli anstehen.
Der Leistungsumfang im Standardtarif entspricht weitgehend dem der gesetzlichen Krankenversicherung. Für Ärzte und Zahnärzte gelten bei der Behandlung von Standardtarif-Versicherten jedoch reduzierte Gebührensätze. Dies kann in der Praxis zu einer geringeren Behandlungsbereitschaft in manchen Praxen führen, da Ärzte mit diesen Patienten weniger verdienen als mit anderen Privatpatienten.
Rechtliche Mechanismen der Beitragsanpassung
Die PKV-Unternehmen sind gesetzlich verpflichtet, Beiträge anzupassen, wenn die Leistungsausgaben oder die Lebenserwartung um mindestens 5 Prozent von den kalkulierten Werten abweichen. Wie der PKV-Verband erläutert, kann dieser gesetzliche Schwellenwert von 10 Prozent in manchen Tarifen durch vertragliche Vereinbarungen auch niedriger angesetzt sein. Jede Beitragsanpassung muss von einem unabhängigen Treuhänder kontrolliert und genehmigt werden.
Dieses gesetzlich vorgeschriebene Anpassungssystem führt zu den oft als "sprunghaft" wahrgenommenen Beitragserhöhungen in der PKV. In Jahren, in denen die Kostensteigerungen unter den Schwellenwerten bleiben, erfolgt keine Anpassung, während in anderen Jahren teils deutliche Erhöhungen vorgenommen werden müssen. Bei einer mehrjährigen Betrachtung relativieren sich diese Sprünge jedoch und führen zu einer Entwicklung, die laut PKV-Verband langfristig der Entwicklung in der gesetzlichen Krankenversicherung ähnelt.
Hauptgründe für die Beitragserhöhungen 2025
Die deutlichen Beitragserhöhungen im Jahr 2025 sind vor allem auf starke Anstiege bei den medizinischen Leistungsausgaben zurückzuführen. Als größter Kostentreiber erweist sich dabei der Krankenhausbereich. Nach Angaben des PKV-Verbands sind die Kosten der Pflege zwischen 2021 und 2023 um 37,5 Prozent je durchschnittlichem Pflegetag im Krankenhaus angestiegen. Dies liegt unter anderem an den stark gestiegenen Tarifgehältern in der Krankenpflege sowie an höheren gesetzlichen Mindestvorgaben zum Pflegepersonal.
Die Leistungsausgaben der PKV in diesem Bereich sind allein im Jahr 2023 um 13,5 Prozent gestiegen – ein Trend, der sich 2024 fortsetzt. Da die Vergütung der allgemeinen Krankenhausleistungen für privat und gesetzlich Versicherte identisch ist, spürt die PKV hier dieselben Kostensteigerungen wie die gesetzlichen Krankenkassen. Besonders im Standardtarif mit seinem hohen Anteil an älteren Versicherten wirken sich diese steigenden Krankenhauskosten stark aus.
Darüber hinaus verzeichnet der PKV-Verband auch starke Anstiege bei den Arzneimittelausgaben sowie bei den ambulanten Behandlungen, die alle Tarife, einschließlich des Standardtarifs, betreffen.
Vergleich mit der gesetzlichen Krankenversicherung
Trotz der deutlichen Erhöhung betont der PKV-Verbandsdirektor Florian Reuther, dass "die meisten Versicherten im Standardtarif immer noch deutlich weniger als ein Durchschnittsverdiener in der gesetzlichen Krankenversicherung" zahlen. Bei letzterem liegt der GKV-Beitrag aktuell bei 736 Euro. Laut Prognose des PKV-Verbands werden Beschäftigte mit Durchschnittseinkommen ab 2025 voraussichtlich monatlich 720 Euro für die gesetzliche Krankenversicherung zahlen, während Personen mit einem Einkommen an der Beitragsbemessungsgrenze sogar 943 Euro zahlen müssen.
Die gesetzliche Obergrenze für den Standardtarif beträgt derzeit 804,82 Euro und orientiert sich am Höchstsatz der gesetzlichen Krankenkassen. Der durchschnittliche PKV-Beitrag über alle Tarife hinweg wird laut PKV-Verband im Jahr 2025 bei 623 Euro pro Monat liegen.
In der langfristigen Betrachtung weist der PKV-Verband darauf hin, dass zwischen 2005 und 2025 die Beitragseinnahmen in der PKV je Versicherten um durchschnittlich 3,1 Prozent pro Jahr gestiegen sind, während der Wert in der GKV bei 3,8 Prozent liegt. Dies zeige, dass die Beitragsentwicklung in beiden Systemen trotz der aktuellen Erhöhungen auf lange Sicht vergleichbar sei.
Kommentare
"Besonders im Standardtarif mit seinem hohen Anteil an älteren Versicherten wirken sich diese steigenden Krankenhauskosten stark aus." Ganz sicher aber wirkt dies nicht auf die kalkulierten Beiträge! Es handelt sich schließlich nicht um ein Umlageverfahren wie in der gesetzlichen Krankenversicherung.. Es ergibt sich in der nach Art der Lebensversicherung kalkulierten PKV keine höhere Beitragskalkulation, nur weil in einem Tarif mehr Ältere bzw. weniger Jüngere versichert sind. Im Standardtarif können nur Personen versichert sein, die bereits älter als 55 Jahre sind - zudem müssen sie vor 2009 der PKV beigetreten sein, was den Zugang sukzessive weiter einschränkt. Und wer seitdem in einen geschlechtsunabhängig kalkulierten Tarif gewechselt ist, kann auch nicht mehr in den Standardtarif. Der Bestand wird also aussterben und bis dahin immer älter. Doch selbst wenn im Standardtarif nur noch steinalte Versicherte sind, ist deren Beitrag nicht höher, als wenn zahlreiche Jüngere noch darin vorhanden wären. Kein PKV-Tarif ist auf Nachwuchs an Jüngeren angewiesen, da jede "Generation" durch die Alterungsrückstellung für sich selbst vorsorgt. Die Krankheitskostensteigerungen bei Älteren sind mithin auch kein Argument, den Standardtarif etwa durch eine Unisex-Ergänzung für spätere Neuzugänge zu öffnen und dauerhaft zu erhalten.