Gebäudehaftung
Neben den allgemeinen Verkehrssicherungspflichten hat der Gesetzgeber für Gebäude als eine Gefahrenquelle, die den Schutz der Allgemeinheit erfordert, in den §§ 836 – 838 BGB spezielle Regelungen getroffen.
§ 836 Haftung des Grundstücksbesitzers (1) Wird durch den Einsturz eines Gebäudes oder eines anderen mit einem Grundstück verbundenen Werkes oder durch die Ablösung von Teilen des Gebäudes oder des Werkes ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Besitzer des Grundstücks, sofern der Einsturz oder die Ablösung die Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung ist, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Besitzer zum Zwecke der Abwendung der Gefahr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat. (2) Ein früherer Besitzer des Grundstücks ist für den Schaden verantwortlich, wenn der Einsturz oder die Ablösung innerhalb eines Jahres nach der Beendigung seines Besitzes eintritt, es sei denn, dass er während seines Besitzes die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder ein späterer Besitzer durch Beobachtung dieser Sorgfalt die Gefahr hätte abwenden können. (3) Besitzer im Sinne dieser Vorschriften ist der Eigenbesitzer
Erfasst sind
- Gebäude, d.h. umschlossene Räume, die dem Aufenthalt von Menschen oder Tieren oder zur Lagerung von Sachen errichtet wurden,
- Werke, d.h. ein zu einem bestimmten Zweck hergestellter und mit dem Erdboden verbundener Gegenstand (z.B. Zu- und Ableitungsrohre im Boden, Laternen, Torpfeiler, Gartenbrücken),
- Teile des Gebäudes oder des Werkes (z.B. Dachziegel, Garagentor, Markise).
Dieser letzte Fall ist auch der für die Praxis bedeutendste, da hiervon u.a. Schäden durch herabfallende Ziegel erfasst sind. Voraussetzung der Haftung nach § 836 BGB ist, dass der Schaden ursächlich auf fehlerhafte Errichtung oder mangelhafte Unterhaltung zurückzuführen sein muss und dass er durch die bewegend wirkende Kraft des Einsturzes oder der Ablösung verursacht wurde.
Beispiel:
- Bei heftigem Wind löst sich ein Ziegel vom Dach des Hauses des VN und fällt auf einem geparkten Pkw, der dadurch beschädigt wird.
Nicht dagegen erfasst sind mittelbare Schäden (hier gilt dann § 823 BGB).
Beispiel:
- Der von heftigem Wind gelöste Dachziegel des Hauses des VN fällt auf die Straße. Einen Tag später übersieht ein Radfahrer den Ziegel, kommt zu Fall und verletzt sich.
Haftender aus vermutetem Verschulden ist der Eigenbesitzer des Gebäudes oder des Werkes. Dies ist derjenige, der die tatsächliche Gewalt über die Sache mit dem Willen ausübt, sie wie eine ihm gehörige zu beherrschen, also in der Regel der Eigentümer. Zum anderen kann dies aber auch ein Mieter / Pächter sein, der auf dem Grundstück ein Gebäude errichtet mit dem Hintergrund dieses bei Ende des Miet-/ Pachtvertrages wieder zu entfernen, wie z.B. ein Geräteschuppen, Gartenhaus.
Dem Eigenbesitzer für ein Jahr gleichgestellt ist der frühere Besitzer, um auch für die Zeit von Renovierungsarbeiten nach einem Besitzwechsel eine verantwortliche Haftungsperson zu haben. Außerdem haftet nach § 837 BGB der Gebäudebesitzer an Stelle des Eigenbesitzers und nach § 838 BGB der Gebäudeunterhaltspflichtige neben dem Besitzer.
Der Haftende kann sich entlasten, wenn er nachweist, dass er die erforderliche Sorgfalt beachtet hat. Bei o.a. Beispielsfällen wird die Ursächlichkeit mangelhafter Unterhaltung des Daches unterstellt, da ein baulich einwandfreies Dach Stürme mindestens bis Windstärke 10 schadlos übersteht. Zu seiner Entlastung muss der Hausbesitzer entweder nachweisen, dass er sein Dach regelmäßig mindestens einmal jährlich durch einen Fachbetrieb hat kontrollieren lassen oder dass ein so heftiger Sturm gewütet hat, der in der Nachbarschaft auch neue Dächer abgedeckt hat. Wenn der Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft vertraglich für die Instandhaltung verantwortlich ist, haftet er für die Kontrolle des Gebäudes neben dem Besitzer.