Unternehmern droht Altersvorsorge-Pflicht

Um Altersarmut zu verhindern, sollen Selbständige nach dem Willen der Bundesregierung besser Vorsorge treffen. CDU-Arbeitsministerin Ursula von der Leyen will alle Unternehmer in die gesetzliche Rentenversicherung zwingen. Die CSU will auch eine Pflicht zur Altersvorsorge, die ausschließlich als Rentenleistung ausgezahlt wird, aber mit individueller Wahlfreiheit. Die FDP lehnt den Zwang zum Umlagesystem ab, will die Pflicht, aber mit Wahlrecht zwischen gesetzlichen Rentenkasse und verschiedenen Formen privater Vorsorge. Sie warnt davor, die berufsständische Versorgung zugunsten der Rentenkasse auszuhebeln.

Die FDP mag existenziell stark mit sich selbst beschäftigt sein, aber hier vertritt sie die einzig vernünftige Meinung. Denn Fakten und Hintergründe zeigen, dass Unternehmer hierzulande gut abgesichert sind. Und durch den Zwang in die gesetzliche Rentenkasse wird ihre Lage keinen Deut besser; lediglich die Kassenlage würde kurzfristig etwas besser. In Deutschland arbeiten rund 4,5 Millionen Menschen als Unternehmer. Knapp die Hälfte beschäftigt keine Mitarbeiter, gilt mithin als „Solo-Selbständiger“. Besonders dieser Kreis ist gefährdet, wegen unzureichender Vorsorge im Alter auf Grundsicherung angewiesen zu sein.

Einige Selbständige sind schon heute gesetzlich rentenversichert - zum Beispiel jene mit nur einem Auftraggeber (siehe früherer Artikel). Architekten, Ärzte, Steuerberater und Anwälte sind über berufsständische Versorgungssysteme abgesichert, die parallel zur gesetzlichen Rentenkasse bestehen. Selbständige Handwerksmeister sind ebenfalls zwangsweise gesetzlich rentenversichert und können dort erst nach 18 Beitragsjahren ausscheiden. Zahlreiche Freiberufler sind ebenfalls pflichtversichert: Künstler, Journalisten, Hebammen, Kinder- und Krankenpfleger, Masseure, selbständige Lehrer, Erzieher, Tagesmütter und Tennistrainer. Außerdem Landwirte, Küstenfischer und –schiffer sowie Hausgewerbetreibende.  

Laut Sachverständigenrat ist nur etwa ein Viertel der Selbständigen obligatorisch gegen Armut im Alter geschützt. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) kennt aber keine belastbaren Zahlen, wie viele von Altersarmut bedroht sind. Von der Leyen will für Selbständige die gesetzliche Rentenversicherung als erste Adresse. Das ist Teil ihres Rentenpakets, aber scheinheilig, solange Beamte, die ihre Pensionen später aus einem überschuldeten Haushalt bekommen sollen, nicht einbezogen werden. Mitte Januar wird der „Rentendialog“ fortgesetzt.

Freiwillig können alle Unternehmer schon heute in die gesetzliche Rentenkasse einzahlen. Dazu können sie sogar die Höhe frei wählen:

  • entweder nach tatsächlichem Verdienst (Höchstbeitrag 2012: 1.097,60 Euro im Westen bzw. 940,80 Euro im Osten)
  • oder nach Regeleinkommen (Beitrag 2012: 514,50 Euro bzw. 439,04 Euro im Osten) bzw. halbem Regeleinkommen in den ersten drei Jahren nach Existenzgründung
  • oder ganz genau individuell zwischen Mindestbeitrag (2012: 78,40 Euro) und Höchstbeitrag.

Nachteile: Freiwillig versicherte Selbständige erzielen mit den Beiträgen keinen Anspruch auf eine Rente für den Fall, dass ihre Erwerbsfähigkeit eingeschränkt wird. Außerdem gilt die gesetzliche Rentenkasse als renditeschwach und extrem anfällig im demografischen Wandel. Die Rente nach 45 Beitragsjahren mit durchschnittlichem Einkommen beträgt vor Steuern, aber nach Kranken- und Pflegeversicherung 1.109,71 Euro im Westen bzw. 984,65 Euro im Osten (Stand: 1. Juli 2011).