Wie es um unser Gesundheitssystem steht

Insgesamt bringt die überwiegende Mehrheit der Deutschen – egal ob gesetzlich oder privat versichert – dem hiesigen Gesundheitssystem eine hohe Wertschätzung entgegen. Zwei Drittel schätzen die medizinische Versorgung als „gut“ ein, ein knappes Viertel sogar als „sehr gut“. Dies ergab die Studie „Positive Dualität: PKV und GKV aus Sicht der Bevölkerung“, die am Dienstag in Köln vorgestellt wurde und kostenlos im Internet verfügbar ist.

Überwiegend GKV-Kunden befragt

Das Meinungsforschungs-Institut TNS Infratest hatte im Auftrag der Continentale Krankenversicherung a.G. unter 1.285 Bundesbürgern ab 25 Jahren nachgefragt, darunter bei 1.118 gesetzlich und allerdings nur 167 privat Krankenversicherten. Dies erklärt auch einige Ergebnisse. So trauen zwei Drittel der GKV zu, ihren Mitgliedern in einer älter werdenden Gesellschaft bezahlbare Beiträge zu sichern, 43 Prozent gar nur der GKV. Dieses Vertrauen bringen der PKV lediglich 35 Prozent entgegen, 11 Prozent meinen, ausschließlich die PKV sei dazu in der Lage. Gleichwohl fordern fast 90 Prozent der Befragten, dass auch die GKV Rücklagen für die Zukunft bilden soll – eine Abkehr vom heutigen reinen Umlageverfahren.

Spannend auch dies: So sagen – ähnlich wie in den Vorjahren – 90 Prozent der Deutschen, für eine gute medizinische Versorgung müsse man schon heute oder in Zukunft über den GKV-Beitrag hinaus viel Geld bezahlen. 96 Prozent der befragten GKV-Kunden hatten in den vergangenen zwölf Monaten Leistungen komplett oder teilweise selbst bezahlt. Und das nicht zu knapp.

Im Durchschnitt bezifferten sie die geleisteten Zahlungen auf 380 Euro im Jahr – über den eigentlichen GKV-Beitrag hinaus. Neben der Praxisgebühr waren dies vor allem Zuzahlungen beim Zahnarzt (260 Euro), Heilpraktiker (230 Euro), für Klinikaufenthalt (140 Euro), in der Apotheke (115 Euro) und bei der Physiotherapie (100 Euro).

Deutsches Gesundheitswesen international anerkannt

Dennoch hält der Großteil der Befragten das deutsche Gesundheitssystem für eines der leistungsfähigsten der Welt. 90 Prozent stimmten dieser Aussage zu, 31 Prozent stimmten dem sogar voll zu. Zu ähnlicher Einschätzung kam auch eine internationale Expertenrunde auf dem „Continentale PKV-Forum 2012“. Dem häufig gehörten Vorwurf, das deutsche Gesundheitssystem sei zu teuer, traten mehrere Gesundheitsexperten entgegen.

„Das ist keineswegs teuer“, sagte Professor Uwe Reinhardt, der an der  US-Universität von Princeton seit 1968 Gesundheitsökonomie und -politik lehrt. In den USA lägen die Ausgaben für Gesundheit bei 18 Prozent des Bruttosozialprodukts, in Deutschland hingegen nur bei elf Prozent. Die Hälfte der Gesundheitsausgaben müsse der Staat übernehmen, denn in Amerika besäßen 50 Millionen Menschen überhaupt keine Krankenversicherung, so Reinhardt.

Niederlande hat es kopiert und weiterentwickelt

Praktisch eine Kopie des deutschen dualen Systems hat die Niederlande geschaffen, berichtete Marcel Smeets, früherer Direktor der niederländischen Vereinigung öffentlicher und privater Krankenversicherer. Allerdings mit einem Unterschied: Die gesetzlichen Kassen wurden ebenfalls privatisiert. Diesen Trend sieht in Deutschland auch Dr. Rainer Hess, bis vor kurzem Vorsitzender des gemeinsamen Bundesausschusses. In der Schweiz sei Gesundheit noch deutlich teurer, da es den „Zugang auch zu Innovationen schnell und für jeden unabhängig von seiner Einkommen“ gebe, erklärte Dr. Heinz Locher, Vorstand des Verbundes Schweizer Krankenversicherer (ASK).

„Wenn man in Deutschland etwas verändern will, dann ist man begründungspflichtig“, sagte Dr. Volker Leienbach, Vorsitzender des PKV-Verbandes. Professor Dr. J.-Matthias Graf von der Schulenburg, Direktor des Instituts für Versicherungsbetriebslehre an Universität Hannover, räumte jedoch ein, dass die Branche es versäumt habe, das System als gerecht herauszustellen.