PKV: von Vollvers In Beihilfetarife

26.07.2019 11:26:33

Guten Morgen liebe PKV-Experten,

eine Frau [Name ausgeblendet]der Gesellschaft XY eine Vollversicherung abgeschlossen mit einer Selbstbeteiligung von 2500 €.

Nun wird sie verbeamtet und möchte gerne in die Beihilfetarife mit 30 % Versicherungsschutz wechseln. Leider hatte sie eine gravierende Vorerkrankung.

Der Versicherer bietet an:

1. Risikozuschlag 300 €, damit wären wir beim gleichen Beitrag wie bisher
2. Verzicht auf die Mehrleistungen im Beihilfetarife unter anderem, und das ist der Kern meiner Frage, auch weiterhin mit einer Selbstbeteiligung von 2500 €, und nicht etwa, wie ich vermutet hätte, 30 % von 2500 €.

Im Internet habe ich nichts gefunden und im VVG steht nur etwas von Änderung der Beihilfe und Wegfall der Beihilfe, aber nichts von Entstehen von Beihilfe.

Wer weiß, ob der Versicherer den oben genannten Vorschlag 2. so unterbreiten darf. Meine spontane Reaktion: Fachanwalt.

Viele Grüße

[Name ausgeblendet]

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26.07.2019 12:29:14

Hallo Herr [Name ausgeblendet],

zu 2.:
m.E. nein, s. VVG § 193 (3), Stichwort anteilige SB

VG,

[Name ausgeblendet]

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26.07.2019 13:53:46

Hallo Herr [Name ausgeblendet],

als bereits PKV-Versicherte kann sie sich nicht zu den günstigen Bedingungen
der Beamtenöffnungsaktion versichern. Also nur über das Tarifwechselrecht
nach § 204 VVG. Dort steht:

"Anträge auf Wechsel in andere Tarife mit gleichartigem Versicherungsschutz
unter Anrechnung der aus dem Vertrag erworbenen Rechte und der
Alterungsrückstellung annimmt; soweit die Leistungen in dem Tarif, in den
der Versicherungsnehmer wechseln will, höher oder umfassender sind als in
dem bisherigen Tarif, kann der Versicherer für die Mehrleistung einen
Leistungsausschluss oder einen angemessenen Risikozuschlag und insoweit auch
eine Wartezeit verlangen; der Versicherungsnehmer kann die Vereinbarung
eines Risikozuschlages und einer Wartezeit dadurch abwenden, dass er
hinsichtlich der Mehrleistung einen Leistungsausschluss vereinbart"

Dadurch, dass kein SB von 2.500 EUR anfällt, entsteht schon eine
Mehrleistung. Auf diese kann sie verzichten. Dies bedeutet aber keinen SB
von 2.500 EUR auf die beihilfekonformen Tarifleistungen.

Beispiel 1: Rechnung 3.000 EUR, Leistung bisher abzgl. SB noch 500 EUR,
Leistung im 30% Beihilfetarif tariflich 900 EUR, begrenzt auf die bisherigen
500 EUR, also SB 400 EUR.

Beispiel 2: Rechnung 4.000 EUR, Leistung bisher abzgl. SB noch 1.500 EUR,
Leistung im 30% Beihilfetarif tariflich 1.200 EUR, begrenzt auf die
bisherigen 1.500 EUR, verbleiben volle 1.200 EUR, also SB Null EUR.
Also: nicht das Angebotene vereinbaren, sondern schlicht die gesetzliche
Regelung des § 204 VVG nutzen. Anbieten darf der Versicherer viel - man muss
sich ja nicht darauf einlassen. Wer die gesetzlichen Möglichkeiten nicht
nutzt und sich freiwillig auf das Angebotene einlässt, ist selbst schuld,
oder?

Allerdings: wenn der bisherige Tarif außer dem SB von 2.500 EUR noch weitere
Einschränkungen gegenüber den Beihilfetarifen hat, verzichtet man insoweit
dann auch auf diese Mehrleistungen des Beihilfetarifs.

Im Zweifel verlangt man ausdrücklich eine Beratung durch den Versicherer
inkl. Dokumentation und Haftung gem. § 6 VVG, sonst wird er zumindest beim
vom Makler betreuten davon ausgehen, dass man keine braucht.

Das Problem kann auch auftreten, wenn die Beihilfe zeitweise wegfällt und
deshalb gem. § 199 VVG in einen 100 %-Tarif umgestellt wurde, aber zur
Ersparnis mit einem SB oder anderen Minderleistungen gegenüber dem
Beihilfetarif, sobald man später wieder den Beihilfetarif braucht. Wer sich
vom Versicherer beraten lässt und dabei darauf hinweist, dass er später
einmal (wieder) Beihilfe haben wird, kann diesen ggf. in Haftung nehmen,
wenn die ausgewählten 100%-Tarife zu solch ungünstigem Ergebnis bei Rückkehr
in die Beihilfe haben - inkl. vom Versicherer so gestellt zu werden, als ob
man richtig beraten worden wäre.

Schöne Grüße

[Name ausgeblendet]

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26.07.2019 14:23:25

Hallo Herr [Name ausgeblendet],

§ 193 (3) VVG greift nicht, denn hier sind nur die "für tariflich
vorgesehene Leistungen vereinbarten absoluten und prozentualen Selbstbehalte
für ambulante und stationäre Heilbehandlung" geregelt. Auf individuelle
Leistungsauschlüsse inkl. in Form von individuell vereinbarten
Selbstbehalten ist dies nicht anwendbar.

Im Übrigen regelt § 193 VVG hier nur die Verpflichtung des Versicherten,
nicht auch eine solche des Versicherers, dies anzubieten. Diese besteht nur
für bestimmte Personenkreise und Voraussetzungen und ggf. mit Fristen gemäß
§ 193 (5) VVG im Basistarif für Beihilfeberechtigte.
Schöne Grüße

[Name ausgeblendet]

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26.07.2019 14:29:32

Guten Tag zusammen,

ich danke für Ihre Hilfe und insbesondere für die ausführlichen Gedanken von Herrn [Name ausgeblendet]. Ich bin gespannt, wie es weitergeht und werde in diesem Forum berichten, wie es letztlich ausgegangen ist.

Viele Grüße

[Name ausgeblendet]

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27.07.2019 08:49:07

Guten Tag!

Es gibt eine Beamtenöffnungsklausel, der sich die meisten Privaten Krankenversicherungen
angeschlossen haben.
Diese Klausel besagt, dass ein Versicherter/Versicherte bis zu 6 Monate nach Verbeamtung
in eine PKV wechseln kann, ohne Zuschläge für Vorerkrankungen zahlen zu müssen.
Sollte Ihre XY nicht zu den Gesellschaften gehören, die diese Klausel mitträgt, dann bleibt
der Versicherten die Möglichkeit in eine andere Gesellschaft zu wechseln, bei der sie weder
einen hohen Selbstbehalt, noch einen Risikozuschlag zahlen muss. Eventueller Nachteil wäre
unter Umständen der Verlust ihrer Alterungsrückstellungen bei Gesellschaft XY.

Mit freundlichen Grüßen

[Name ausgeblendet]

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27.07.2019 10:29:33

Hallo, Kollegen,

soweit ein berechtigter Hinweis, solange es um die ersten 6 Monate seit Verbeamtung
geht. Aber bis 30 % RZ können sehr wohl genommen werden. Nur in den Standard-Tarif
oder ggf. Basistarif könnte man ohne RZ gehen. Vielleicht eine Übergangslösung, bis
doch noch Besseres möglich wird? Das ginge ja auch dann, wenn der entsprechende
Versicherer keine Öffnungsaktion mitmacht.

Freundliche Grüße

[Name ausgeblendet]

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27.07.2019 10:45:34

Hallo Herr [Name ausgeblendet],

auch in der Beamtenöffnungsaktion kann ein Risikozuschlag verlangt werden.
Dieser ist dann auf maximal 30 % beschränkt.

Da sie aber schon in der PKV voll versichert ist, hat sie kein Recht mehr
auf Aufnahme über die Beamtenöffnungsaktion.

Wie der PKV-Verband in seiner Broschüre zur Öffnungsaktion sagt:

"I. Teilnahmevoraussetzungen
1. Erstmalige Absicherung in der Privaten Krankenversicherung
Die Öffnungsaktionen erleichtern den erstmaligen Zugang zur Privaten
Krankenversicherung. Der Antragsteller darf nicht bereits über eine
private Krankheitskostenvollversicherung verfügen. ..."

Es hilft auch nichts, dafür zu kündigen oder zunächst in die GKV zu
wechseln, oder die Beamtentarife bei einem anderen Versicherer zu
beantragen, denn weiter:

"Wer gesetzlich oder nicht versichert ist, aber in der Vergangenheit
bereits in * gegebenenfalls beihilfekonformen * Vollkostentarifen privat
versichert war, wird grundsätzlich nicht im Rahmen der Öffnungen
aufgenommen."

Der Wechsel von Vollkostentarifen in der PKV in Beamtentarife ist also in
der Regel nur ein normaler Tarifwechsel gem. § 204 VVG.

Es sei denn, man hätte ausnahmsweise z.B. auch eine
Anwartschaftsversicherung auf die Beamtentarife oder die
Versicherungsbedingungen würden etwas Günstigeres vorsehen.

Schöne Grüße

[Name ausgeblendet]

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28.07.2019 20:37:23

Hallo Kollege(n)

mein Tipp: offener Gruppenvertrag mit Kontrahierungszwang und wenn möglich Risikoausschluss. Näheres gerne telefonisch!

Viele Grüße

[Name ausgeblendet]

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30.07.2019 21:02:07

Guten Abend zusammen,

ein Zwischenbericht: Der PKV Verband ist der Meinung, dass ...nach meinem Verständnis müsste sich bei einer Umstellung von einem Vollversicherungstarif (100%) zu einem Beihilfetarif (30%) auch die Selbstbeteiligung, wie von Ihnen geschildert, reduzieren. Falls sich der Konflikt nicht lösen lässt, können Sie gerne ein Schlichtungsverfahren beim PKV- Ombudsmann einreichen

Viele Grüße

[Name ausgeblendet]

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30.07.2019 21:20:29

Zur Info:

Das Merkblatt 03.2019 zur Beamtenöffnungsaktion findet man bei www.pkv.de/service/broschueren/verbraucher und das ist übrigens sehr interessant. Das steht z.B., dass man die Öffnungsaktion in Ausnahmefällen auch in Anspruch nehmen kann, wenn man schon einmal PKV-versichert war und die Öffnungsaktion gilt auch für Beamte auf Widerruf.

Viele Grüße

[Name ausgeblendet]

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