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14.02.2008 - dvb-Presseservice

„Billigarbeit in der Pflege ist nicht legal“

„Europa-Forum“ thematisierte Europäisierung der Pflege und Schwarzarbeit

Die Pflegebranche blickt einem wichtigen Termin entgegen: 2009 oder spätestens 2011 kann die Bundesregierung die bestehende Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit aufheben. Konkret heißt das: Dann dürfen osteuropäische Arbeitnehmer uneingeschränkt in Deutschland arbeiten. Was bedeutet das, insbesondere für das jetzt schon gravierende Problem der illegalen Beschäftigung in der Pflege? Dazu positionierten sich die Referenten des gestrigen „Europa-Forums“ der „Altenpflege+Propflege 2008“ in Hannover eindeutig.

„Schwarzarbeit ist illegal und wird bekämpft, denn sie verursacht Steuerund Sozialversicherungsausfälle. Aber auch Billigarbeit ist nicht legal“, stellte Dr. Günther Schauenberg klar. Der Leiter des Bereichs „Internationale Beziehungen“ der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit stellte die momentan diskutierten legalen Beschäftigungskonstellationen vor. „Wenn jemand zu Dumpinglöhnen arbeiten muss, fällt das ebenfalls unter den Begriff Schwarzarbeit“, stellte der Referent fest. „Denn auch diese so genannten Billigarbeitsverhältnisse werfen zahlreiche Probleme auf – von Steuerausfällen bis zu Notsituationen in den Familien, wenn die Hilfe wegen Krankheit ausfällt. Auch sie werden von der zuständigen Behörde verfolgt.“

In seiner Eröffnungsrede brachte es Bernd Meurer, Präsident des Bundesverbandes privater Anbieter e. V. (bpa) und des europäischen Dachverbands ECHO mit drei Fragen an die Politik auf den Punkt: „Kommt die Arbeitnehmerfreizügigkeit 2009 oder 2011? Was gedenkt die Regierung gegen die sich ausbreitende Schwarzarbeit zu unternehmen? Inwieweit werden die vom bpa gemachten Vorschläge berücksichtigt? Unserer Ansicht nach sollten Familien den finanziellen Aufwand für Haushaltshilfen steuerlich geltend machen können; darüber hinaus sollten gegebenenfalls finanzschwache Haushalte direkt unterstützt werden.“

Klare Worte zu Billig-Pflegeangeboten kamen auch von Seiten der Politik.„24 Stunden, sieben Tage die Woche, für 1000 Euro und ohne soziale Absicherung – das ist Ausbeutung“, sagte Kajo Wasserhövel, Staatssekretär im Bundesministerium für Arbeit und Soziales. „Wir sind gegen Schwarzarbeit. Wir müssen dafür vielmehr dafür sorgen, dass Arbeitsplätze qualitativ hochwertig sind. Dazu muss Deutschland seine Hausaufgaben machen.“ Für ihn ist im Kampf gegen Schwarzarbeit mehr Information das Mittel der Wahl. Sein Ministerium brauche weitere Bündnispartner, die sich eindeutig gegen illegale Beschäftigung aussprechen, appellierte er. Darüber hinaus warnte der Politikvertreter vor der Illusion, dass durch ein Legalisieren von illegalen Beschäftigungsverhältnissen die Probleme gelöst werden könnten.

Gemeinsam mit anderen arbeite sein Ministerium momentan an Vorschlägen, um Familien, die Hilfe für pflegebedürftige Angehörige benötigen, zu unterstützen. Zusätzlich zur bestehenden Regelung der steuerlichen Absetzbarkeit gebe es aktuell Überlegungen, im Pflegebereich weitere Impulse zu setzen, informierte Staatssekretär Wasserhövel.

Andere Nationen haben den Pflege-Arbeitsmarkt bereits geöffnet. So beschloss die italienische Regierung 2006, alle Arbeitsverhältnisse zu legalisieren. Für Dr. Piero Calandriello, ECHO-Repräsentant für Italien und Gesprächspartner in der Forums-Diskussion, ist das keine Option. Aktuell gebe es 500.000 legale nichtitalienische Pflegekräfte und 400.000 Illegale, die ohne jegliche Autorisierung und unter sehr schlechten Bedingungen arbeiten, berichtete er. „Das kann keine Lösung sein“, so Calandriello. „Schwarzarbeit gibt es immer noch und die Regierung wird dem Bedarf weiterhin nicht gerecht.“

Zum Abschluss des Europa-Forums „Pflege grenzenlos in Europa – ausländische Pflegekräfte zwischen Schwarzarbeit und Arbeitnehmerfreizügigkeit 2009“ plädierte bpa-Präsident Bernd Meurer dafür, die bevorstehenden Öffnung des Pflege-Arbeitsmarkt nicht nur negativ zu sehen: „Die ‚europäische Herausforderung in der Pflege’ ist Anlass zu Befürchtungen, eröffnet jedoch auch Chancen. Tatsache ist: Mit der Überalterung der Gesellschaft wächst der Pflegebedarf und ein Personalmangel entsteht. Ein Plus an Pflegekräften könnte dem entgegenwirken und einen Beitrag dazu leisten, den Bedarf zu decken. Arbeitgeber sollten die Arbeitnehmerfreizügigkeit als Chance begreifen: Wenn Pflegekräfte aus osteuropäischen Staaten eine EUArbeitsgenehmigung bekommen, dürfen Pflegeanbieter sie als qualifizierte Pflegekraft oder als Haushaltshilfe regulär beschäftigen.“



Frau Alexa A. Becker
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