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29.03.2006 - dvb-Presseservice

Anwendung bitte nur in homöopathischen Dosen

Ein neuer Referentenentwurf zur Vermittlerrichtlinie zeigt das Dilemma deutscher Gesetzgebung: Nach Bedienung aller Lobbyisten hat sich die Prüfungspflicht für die Meisten erledigt.

Schwache Vermittler wird's freuen und professionelle Marktteilnehmer enttäuschen: Die Vermittlerzulassung wird wohl kein großer Wurf werden. „Der aktuelle Vorschlag klingt eher nach der Maximalwunschliste aller Lobbyisten denn nach einem fundierten Gesetzesvorschlag,“ stellt TUTOR-Chef Peter L. Pedersen ernüchternd fest. Denn während Vermittlerverbände noch redlig über Nebensätze zum Beratungsprotokoll diskutieren, ist hinter den Kulissen ein Machterhaltungsstreit zwischen Versicherungswirtschaft und DIHK auf dem Rücken der tatsächlich Betroffenen entbrandt. Entsprechend beinhaltet der aktuelle Entwurf vom 24. März 2006 auch allerlei handwerkliche Fehler, die nach jahrelanger Verhandlungszeit eigentlich nicht mehr hätten vorkommen dürften.

EU-konform ist das wohl nicht

So muss sich der Referentenentwurf an europäischen Vorgaben messen lassen, nach denen ein Mitgliedstaat zwar seine eigenen Bürger aber keinesfalls andere EU-Bürger diskriminieren darf. Genau dies geschieht jedoch, wenn inländischen Versicherungsunternehmen erleichterte Marktzugangsbedingungen für ihre gebundenen Vermittler eingeräumt werden (keine Gewerbeerlaubnis, keine Sachkundeprüfung). Ausländische Versicherer hingegen müssen auf dem deutschen Markt über ungebundene Vermittler agieren, die ihrerseits erschwerte und teuere Marktzugangsbedingungen zu erfüllen haben. Das produziert Wettbewerbsvorteile für Inländer und verteuert den Absatzweg für Ausländer. Und es klingt ganz so, als wenn deutsche Anbieter überkommende Kartellrechte wieder herbeirechteln wollen. Sollte dieser Umstand jedoch höchstrichterlich überprüft werden, könnte das bedeuten, dass ein § 34d GewO nebst Versicherungsvermittlerverordnung noch lange Zeit nach Inkrafttreten auf wackeligen Füßen steht.

Doch auch auf anderem Gebiet nimmt der Referentenentwurf bestehende EU-Vorgaben nicht so ernst. So bekommt ein Versicherungsvermittler, der einmal eine gute Ausbildung und Prüfung in einem nichtdeutschen EU-Mitgliedsstaat abgelegt hat und nun in Deutschland eine Gewerbeerlaubnis zur Versicherungsvermittlung erlangen möchte, schnell zu spüren, wie wertlos der deutsche Gesetzgeber nichtdeutsche Qualifikationen einstuft: Er beachtet sie nicht einmal. Kein Wort von der Möglichkeit, vergleichbare europäische Abschlüsse gleichwertig zu deutschen Titeln behandeln zu dürfen.

Privater Minikursus mit gesetzlichem Ritterschlag

Doch auch bei innerdeutschen Prüfungen werden bislang selbstverständliche Gleichbehandlungsgrundsätze konsequent missachtet. So erhält eine nicht staatlich anerkannte Prüfung eines rein privaten Prüfungsträgers – hier des Berufsfortbildungswerkes der Deutschen Versicherungswirtschaft - so einfach par Ordre de Mufti einen Gesetzesstatus. Das riecht ganz verdächtig nach Gutsherrenpolitik und schreit geradezu nach Prozesslawinen seriöser Prüfungsträger.

Damit nicht genug: So kommen in diesem Entwurf wieder einmal urdeutsche Züge monopolistischer Denkstrukturen auf: Die Industrie- und Handelskammern sollen das Prüfungsmonopol erhalten und das auch noch unter weitestgehender Kontrolle der deutschen Versicherungswirtschaft. Dabei liegen konkrete Vorschläge vor, die einen sicheren Wettbewerb unter konkurrierenden Prüfungsträgern erlauben. So bietet das Akkreditierungsverfahren von Bachelor- und Masterstudiengängen eine intelligente Lösung, wie sie bei Hochschulen in Deutschland und Europa seit Jahren üblich ist. Doch offensichtlich hat der vorliegende Referentenentwurf zum Ziel, genau einen solchen Wettbewerb zu verhindern, - willkommen im 21. Jahrhundert.

Echte deutsche Regulierungswut

Apropos: Die ungewöhnlich detaillierte Ausgestaltung des geplanten IHK-Sachkundenachweises versetzt selbst kammererfahrene Fachleute ins Erstaunen. Noch niemals zuvor kam es dem Gesetzgeber ernsthaft in den Sinn, einem öffentlich-rechtlichen Prüfungsträger sogar noch die Prüfungsausschussbesetzungs-Quoten expliziert vorzuschreiben oder das Gremium der Prüfungserstellungsorgane fast wortwörtlich zu definieren. Hier zeigt sich, mit wie viel Erfurcht vor den Lobbyisten an diesem Entwurf gearbeitet wurde.

Massig Ausnahmen bis niemand mehr übrig bleibt

Die Liste der Vermittlergruppen, die von den „Härten dieser Regulierung“ ausgenommen sein sollen, provoziert fast schon den polemischen Eindruck, dass es vielleicht einfacher wäre, die wenigen wirklich betroffenen Marktteilnehmer im Gesetz gleich namentlich und persönlich zu benennen. (siehe dazu TUTOR-Flussdiagramm „Versicherungsvermittlerzulassung auf gut deutsch“).

Und selbst für diejenigen, die nicht von irgendeiner Ausnahme betroffen sind, gilt, dass nach Inkrafttreten einer Gewerbeerlaubnispflicht erst einmal auf Jahre hinaus gar keine Gewerbeerlaubnis notwendig ist. Wäre es da nicht einfacher, das Gesetz gleich um ein paar Jahre zu verschieben anstatt heute schon hoch bezahlte Beamte mit pauschalem Schwärzen von Papier zu betrauen?

Für die Qualifikationsanforderungen kann allerdings jetzt schon festgehalten werden: Als Ziel wird eine klitzekleine 160-minütige PC-Anklick-Prüfung nach Vorgabe derjenigen eingeplant, die von diesem Gesetz gar nicht betroffen sein werden: die Produktgeber. Sei es, wie es ist: Für den kleinen Vermittler lohnt es sich beileibe nicht, alternativ zu einem solchen 160-Minuten-Test gleich eine zweitägige Blockprüfung zum IHK-Fachberater hinzulegen, die auch noch auf Grundlage veralteter Rahmenstoffpläne (Stand: März 2004, also ohne Alterseinkünftegesetz) aufbaut.

Kaufleute qualifizieren sich lieber gleich richtig

Wer eine künftige gesetzliche Sachkundeprüfung mit der Grundlage für seinen Geschäftserfolg verwechselt, ist arm dran. Denn auch ein Gastronom käme nicht auf die Idee, sein Geschäft auf der Grundlage eines obligatorischen "Boulettenscheins" aufzubauen. Es bleibt daher fast alles beim Alten: Einen Imagegewinn wird es für die Branche mit solchen Miniprüfungen nicht geben. Wer seine Kunden top beraten und gutes Geschäft machen will, benötigt fundiertes Wissen wie es z.B. Lehrgänge zum europäisch orientierten Masterconsultant in Finance MFC oder zum Fachwirt für Finanzberatung (IHK) bieten. Zudem schert man sich um künftige Zulassungsgesetze erst einmal einen Teufel, solange diese gar nicht in Kraft getreten sind. Und für den Zeitpunkt, wenn's denn einmal so weit sein sollte, bieten vorausschauende Bildungsanbieter ohnehin seit Langem Zusatzoptionen für ihre Teilnehmer, um künftige Sachkundeprüfungen kurzerhand mit 1-2 tägigen Fresh-Up-Kursen ganz schnell mal erledigen zu können. Und selbstverständlich wird sich auch die TUTOR Unternehmensberatung nicht davor verschließen, Lehrgäne zur 34d-Sachkundeprüfung anzubieten, wenn es so weit ist. Das hat jedoch nach dem vorliegenden Referentenentwurf - außer für ganz neue Vermittler - noch einmal bis zu zwei Jahre Zeit, - wohlgemerkt ab dem Zeitpunkt, an dem das Gesetz in Kraft treten soll. Und wann das sein soll, steht ebenfalls noch in den Sternen. Doch schlussendlich dürfte es wie beim Gesetz zur Bekämpfung der Scheinselbständigkeit kommen: Anwendung in der Praxis bitte nur in homöopathischen Dosen.



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