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Arbeitskreis Beratungsprozesse entwickelt Branchenstandards für bessere Beratung

Der „Arbeitskreis EU-Vermittlerrichtlinie Dokumentation“ hat seinen Auftrag erweitert. Als „Arbeitskreis Beratungsprozesse“ tritt er jetzt an, neue Standards für die kundenorientierte Beratung zu Versicherungen und Finanzdienstleistungen zu schaffen. Auch die Politik begrüßt diese Entwicklung.

Der Name ist neu, aber die Arbeit hat Tradition: Der „Arbeitskreis Beratungsprozesse“ gründet auf dem Fundament vom „Arbeitskreis EU-Vermittlerrichtlinie Dokumentation“, der seit 2004 Vermittler darin unterstützt, den gesetzlichen Anforderungen aus Vermittlerrichtline und weiteren Rahmenvorgaben rechtssicher und zugleich pragmatisch zu begegnen. Die Initiative bringt dazu seit Jahren erfahrene Praktiker gemeinsam mit Wissenschaftlern und Verbraucherschützern an einen Tisch.

Warum Neuausrichtung?

Rechtsanwalt Hans-Luger Sandkühler erläuterte auf dem 1. Berliner Forum zur Versicherungs- und Finanzberatung, warum sich der Arbeitskreis neu ausgerichtet und einen neuen Namen gegeben hat: In  der Produktwelt wachsen Versicherungen und Finanzdienstleistungen immer mehr zusammen, viele Vermittler beraten ihre Kunden bereits auf beiden Feldern. Bei den rechtlichen Rahmenbedingungen findet dies aber noch keinen Niederschlag. Ganz im Gegenteil - es gelten unterschiedlichste Anforderungen und Zuständigkeiten für Zulassung, Aufsicht, Beratung und Dokumentation. Je nach Produkt variieren die Vorgaben ganz erheblich.

Den Euro nur einmal ausgeben

Bislang werden Vermittler mit diesem Problem allein gelassen. Doch das soll sich ändern. Der Arbeitskreis legte den Entwurf einer Beratungsmatrix vor, die sich nicht länger an Produkten orientiert, sondern Einflussfaktoren wie Alter und Gesundheitszustand, familiäre Situation, Beruf oder Einkommen und Beratungsaspekte wie Risikoabsicherung und Vermögensaufbau zusammenführt. Dahinter steht die Einsicht, dass Risikovorsorge und Finanzplanung miteinander in Beziehung stehen.  Deshalb müssen die wechselseitigen Bezüge in allen Lebensphasen und Lebenssituationen beachtet werden. Hans-Ludger Sandkühler und Marco Habschick, Studienleiter der oft zitierten Evers-Jung-Studie zu Anforderungen an Finanzvermittler, machten diesen Zusammenhang an der einfachen Erkenntnis fest, dass jeder Euro nur einmal – entweder für den Vermögensaufbau oder für die Risikovorsorge - ausgegeben werden könne. Wird der Kunde zu Risikoabsicherung und Vermögensaufbau von verschiedenen Beratern betreut, ergänzen sich diese bei Kongruenz der Beratungsgrundsätze im Idealfall, konkurrieren jedoch um die Liquidität.

Bedarf situationsgerecht ermitteln

Aus der Beratungsmatrix sollen im nächsten Arbeitsschritt typische Lebenssituationen herausgelöst werden, die in der Praxis wiederkehrende Beratungsanlässe schaffen, beispielsweise der Erwerb eines Kfz oder einer Immobilie. Für den jeweiligen Sachverhalt werden dann die Bezüge von Risikoabsicherung und Vermögensaufbau berücksichtigt und daraus Anhaltspunkte für Bedarf und Priorisierung entwickelt.

Mehr Rechtssicherheit durch Branchenstandards

Die neue Matrix führt von der Risikoabsicherung bis zum Vermögensaufbau alle Aspekte einer bedarfsgerechten Beratung auf. Noch stellt sie eine Arbeitsgrundlage dar, aber in Zukunft soll daraus die Basis für eine systematische Beratung entstehen, die insbesondere unabhängige Vermittler entlasten kann. Für Makler werden die neuen Standards, so die Erwartung, künftig mehr Rechtssicherheit schaffen. Außerdem kann so die riesige Lücke verringert werden, die in der Praxis zwischen Versicherungs- und Finanzberatung klafft. Der Arbeitskreis wird seine Ergebnisse allen Marktteilnehmern kostenlos zur Verfügung stellen.

Applaus von der Politik

Dass neue Standards erforderlich sind, unterstrich auch Dr. Erich Paetz, zuständiger Ministerialrat im Verbraucherschutzministerium und begrüßte die Neuausrichtung ausdrücklich. Es sei eine sehr anspruchsvolle, aber absolut notwendige Aufgabe, die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Beratung systematisch und auf Praxiserfahrung basierend zusammenzutragen. Was der Arbeitskreis Beratungsprozesse im Detail aufgezeigt habe, könne ein Gesetz unmöglich regeln. Paetz ermutigte dazu, den jetzt beschrittenen Weg weiterzugehen. Die Befürchtung, dass neue, detaillierte Branchenstandards zu mehr Haftungsrisiken für Vermittler führten, teilte Paetz nicht. Wenn es zu einem Prozess käme, könnten Richter die komplexen Zusammenhänge häufig nicht vollständig überblicken. Sie seien ebenso wie Makler gut beraten, den Sachverstand des Arbeitskreises zu nutzen und sich an den jetzt entstehenden Branchenstandards zu orientieren.

Ziele und Ausblick

„Ich bin fest davon überzeugt, dass wir als Branche die Qualitätssicherung in der Beratung selbst regeln müssen“, fasst Sandkühler zusammen. „Mit unseren Empfehlungen wollen wir Maklern mehr Rechtssicherheit geben. Dazu schreiben wir auf, was ein guter Berater heute schon tut. Dabei wollen wir Orientierung vermitteln, keine verpflichtenden Vorgaben.“ Sandkühler ist überzeugt, dass der Arbeitskreis auch im Verbraucherinteresse handelt. „Mit der Förderung der Qualitätsberatung beteiligen wir uns aktiv am Verbraucherschutz. Denn der beste Verbraucherschutz ist eine gute Beratung.“

Die Arbeiten werden noch einige Zeit in Anspruch nehmen. „Das sei ein dickes Brett, das hier gebohrt werden müsse“, gibt Sandkühler zu bedenken. Dazu setzt der Arbeitskreis, der unabhängig und teilweise ehrenamtlich arbeitet, auch weiterhin auf die Unterstützung von Sponsoren. Ab Mitte Dezember wird der Arbeitskreis seine neue Webseite unter www.beratungsprozesse.de ins Netz stellen. Hier sollen sowohl die Arbeitsergebnisse des bisherigen Arbeitskreises EU Vermittlerrichtlinie als auch die neuen Aufgaben für den Arbeitskreis Beratungsprozesse publiziert werden.