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22.11.2007 - dvb-Presseservice

Insolvenz: Private Equity als Retter in der Not?

Die richtigen Mitarbeiter, der Zeitpunkt der Antragstellung und die Zahlung des Insolvenzgeldes – das sind nach Ansicht von Deutschlands Insolvenzverwaltern die entscheidenden Faktoren zur Rettung insolventer Unternehmen. Hoffnung setzen diese außerdem auf Private Equity-Investoren: Sie sollen die Lücke schließen, die allzu risikoscheue Banken im Mittelstand hinterlassen haben.

Hamburg, November 2007: Deutschlands Insolvenzverwalter wünschen sich eine stärkere Beteiligung von Private Equity-Investoren bei der Sanierung von insolventen Unternehmen. Das ist ein Ergebnis der aktuellen Untersuchung der Euler Hermes Kreditversicherungs-AG und des Zentrums für Insolvenz und Sanierung an der Universität Mannheim (ZIS). In der repräsentativen Studie wurden bundesweit insgesamt 106 führende deutsche Insolvenzverwalter, die aktuell 20.500 Unternehmensinsolvenzen bearbeiten, danach befragt, unter welchen Voraussetzungen Unternehmen in der Insolvenz gerettet werden könnten und welche Bedeutung dabei Private Equity Investoren zukommt. Ergänzt wurde diese Befragung durch eine Zusatzstichprobe von 69 Private Equity-Managern, Beratern und Sanierern.

Mittelständische Unternehmen haben eine Überlebenschance von 50 Prozent

Von den rund 30.400 Unternehmensinsolvenzen im Jahr 2006 entfiel die Mehrzahl auf kleine und mittlere Unternehmen mit einem Umsatz kleiner 5 Millionen Euro. Deren Chancen auf Sanierung schätzen die Insolvenzverwalter schlecht ein: 65 Prozent der befragten Insolvenzverwalter glauben, dass Unternehmen mit weniger als 0,5 Millionen Euro Umsatz nur die Liquidierung bleibt. Kleine und mittlere Unternehmen mit einem Umsatz zwischen 0,5 und 5 Millionen Euro haben eine Chance von 50 Prozent zu überleben.

Gerade bei einer Insolvenz spielt die Finanzierung eine wesentliche Rolle. 78 Prozent der befragten Insolvenzverwalter nennen die „Risikoscheu der Banken, die Kredite lieber an Investoren als an kriselnde Unternehmen vergeben“, als das Haupthindernis für eine Sanierung. Mehrheitlich glauben die Insolvenzverwalter auch nicht, dass die Suche nach Geldgebern in den vergangenen fünf Jahren für insolvente Firmen leichter geworden ist.

„Wir müssen leider damit rechnen, dass die gegenwärtige Krise an den Finanzmärkten zu einer weiteren Verschärfung dieser Situation führen wird. Für Unternehmen wird es darum noch wichtiger werden, unter anderem durch ein entsprechendes Forderungsmanagement einen Engpass erst gar nicht entstehen zu lassen“, so Dr. Gerd-Uwe Baden, Vorstandsvorsitzender der Euler Hermes Kreditversicherungs-AG.

Private Equity-Investoren weniger an bereits insolventen Unternehmen interessiert

Die Mehrheit der Verwalter befürwortet zwar ein größeres Engagement von Finanzinvestoren, tatsächlich aber erwarten nur 39 Prozent, dass dies auch passiert. Die wichtigsten Kriterien für Finanzinvestoren, sich bei insolventen Firmen zu engagieren, sind nach Ansicht der Insolvenzverwalter: Die Mehrheit am Unternehmen erwerben und dieses durchgreifend restrukturieren zu können.

Die Befragten der zweiten Gruppe, Private Equity-Manager, Berater und Sanierer, sehen jedoch weitaus größere Chancen für Finanzinvestoren in kriselnden Unternehmen, die noch keinen Insolvenzantrag gestellt haben. Während 39 Prozent auf die Frage nach der Bedeutung von Private Equity bei insolventen Firmen antworten, dieses sei wichtig, sehen 73 Prozent das bei Unternehmen in der Krise so. Grundsätzlich argumentieren Private Equity-Manager: „Wir vermeiden lieber die Insolvenz, wir sind lieber Herr des Verfahrens.“ Interessiert sind Private Equity-Gesellschaften nach Ansicht dieser Gruppe vor allem an Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 10 Millionen Euro, möglichst sogar mehr als 50 Millionen Euro.

Was verhindert, was fördert die Sanierung?

Bei der Finanzierung gerade in der ersten Phase einer Insolvenz spielt das Insolvenzgeld nach Ansicht von 98 Prozent der Insolvenzverwalter eine entscheidende Rolle. Nur mit dieser Förderung durch das Arbeitsamt ist es möglich, insbesondere die laufenden Personalkosten zu bezahlen und den Betrieb fortzuführen. „Entschieden ist daher jeglichen Versuchen entgegenzutreten, das in Deutschland für die Sanierungschancen so wichtige Insolvenzgeld abzuschaffen oder zu kürzen“, so Prof. Dr. Georg Bitter, Vorsitzender des ZIS.

Eine entscheidende Hürde bei der übertragenden Sanierung, also dem Verkauf an einen neuen Eigentümer, sehen 84 Prozent der Insolvenzverwalter im Paragrafen 613 a BGB, der die Übernahme der gesamten Belegschaft durch den neuen Eigentümer fordert. In der Praxis gibt es zwar vielfältige Möglichkeiten, dies zu umgehen, sie stehen in der Regel aber nur größeren insolventen Firmen zur Verfügung. „Um Arbeitsplätze zu erhalten, ist darum eine Flexibilisierung des Paragrafen 613 a BGB für Insolvenzfälle notwendig. Denn was nützt ein dem Arbeitnehmerschutz dienendes Gesetz, wenn es faktisch die Sanierung und damit den Erhalt von Arbeitsplätzen in der Insolvenz behindert?“, so Prof. Bitter weiter.

Grundsätzlich sind laut Umfrage drei Bedingungen entscheidend für eine Weiterführung, die jeweils mit mehr als 90 Prozent genannt wurden: Wichtige Mitarbeiter müssen noch da sein, es müssen noch Aufträge vorhanden sein, und das Unternehmen muss noch am Markt aktiv sein.

Kompetenz der Insolvenzverwalter wichtig

Entscheidendes Erfolgskriterium für die Sanierung insolventer Unternehmen ist laut Umfrage die Kompetenz der Verwalter. Erhebliche Kritik wird sowohl am Auswahlverfahren der Insolvenzgerichte als auch an der mangelnden Ausbildung vieler Insolvenzverwalter geübt. 50 Prozent der befragten Insolvenzverwalter kritisieren die falsche Auswahl durch die Gerichte, 51 Prozent bemängeln die Unerfahrenheit mancher Kollegen. „Bei der Auswahl der Insolvenzverwalter ist nicht nur auf juristische Kenntnisse, sondern auch auf betriebswirtschaftliche Kompetenz zu achten. Die Vorstellung, jeder Jurist mit einer Fachanwaltsausbildung im Insolvenzrecht sei als Unternehmensinsolvenzverwalter geeignet, geht an den Realitäten vorbei“, so Insolvenzverwalter und ZIS-Vorstandsmitglied Markus Ernestus. „Wer Sanierungschancen nutzen und damit Arbeitsplätze erhalten will, muss den Insolvenzabteilungen der Gerichte eine größere Bedeutung beimessen, insbesondere auch durch eine bessere personelle und finanzielle Ausstattung.“

Weitere Informationen zur Studie unter www.eulerhermes.de unter der Rubrik Presse. Weitere Informationen zum ZIS unter www.zis.uni-mannheim.de 



Frau Sabine Enseleit
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Euler Hermes, Tochtergesellschaft der AGF und Mitglied der Allianz, ist an Euronext Paris notiert. Die Gruppe und ihre wichtigsten Tochtergesellschaften im Bereich Kreditversicherung erhielten von Standard & Poor’s das Rating AA-.
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