Anzeige
17.03.2009 - dvb-Presseservice

LSG Hessen: Patienten haben unter bestimmten Umständen Anspruch auf nicht zugelassene Arzneimittel

BPI fordert Berücksichtigung der aktuellen Rechtsprechung im Rahmen der 15. AMG-Novelle

Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat am 15. Januar 2009 entschieden, dass eine gesetzliche Krankenkasse (GKV) in einer notstandsähnlichen Situation auch die Versor­gung mit einem nicht zugelassenen Arzneimittel (hier: Versorgung mit Serostim) gewähren müsse. Mit seiner jetzt veröffentlichten Entscheidung bewegt sich das LSG auf einer Linie mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Das BVerfG hat im so genannten Nikolaus-Beschluss vom 6. Dezember 2005 (1 BvR 347/98) festgestellt, dass die Weigerung der GKV für die Kosten einer neuen medizinischen Behandlungsmethode aufzukommen, gegen das Grundgesetz verstoße, wenn eine lebensbedrohliche Erkrankung vorliege, für die eine anerkannte Behandlung nicht zur Verfügung stehe. Das LSG nimmt in seiner aktuellen Entscheidung hierauf Bezug und führt aus, dass diese Grundsätze bei einer notstandsähnlichen Situation auf Arzneimittel übertragbar seien.

„Das Urteil des Landessozialgerichts ist ausdrücklich zu begrüßen. Es ist für Patienten, die sich in dieser schwierigen Situation befinden, wichtig, dass die GKV die Kosten der notwendigen Therapie übernimmt. Ferner ist das Urteil ein Signal an den Gesetzgeber, die Regelung zum Compassionate Use im Rahmen der 15. AMG-Novelle zu überdenken. Eine „kostenlose“ Abgabe von Arzneimitteln in diesen besonderen Fällen, wie vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) vorgesehen, ist im Hinblick auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht gerechtfertigt. Auch für Patienten, die mit zugelassenen Arzneimitteln nicht ausreichend behandelt werden können, hat die GKV einzustehen“, sagte Barbara Sickmüller, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin des BPI.

Hintergrund der Entscheidung des LSG Hessen ist die Klage eines HIV-infizierten Pa­tienten im fortgeschrittenen Stadium, bei dem eine letztmögliche Kombinati­onstherapie erhebli­che organische Gesundheitsstörungen verursachte. Zur Bekämpfung dieser Gesundheitsstörung wurde ein bundes- und europaweit nicht zugelassenes Me­dikament eingesetzt, dessen Kosten die GKV nicht tragen wollte.

„Insbesondere im Bereich seltener Erkrankungen (Orphan Deseases) dient der Einsatz eines Arzneimittels im Rahmen eines Compassionate Use bereits einer frühzeitigen Therapie von Patienten, die anders nicht therapierbar sind“, so Barbara Sickmüller.

Das Urteil des LSG vom 15. Januar 2009 (Az.: L 1 KR 51/05) ist noch nicht rechtskräftig.



Frau Prof. Dr. Barbara Sickmüller
Tel.: 030/27909-170
E-Mail: bsickmueller@bpi.de

Bundesverband der Pharmazeutischen
Industrie e.V. (BPI)
Friedrichstraße 148
10117 Berlin
www.bpi.de

Der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie e. V. (BPI) vertritt mit seiner über 50jährigen Erfahrung auf dem Gebiet der Arzneimittelforschung, -entwicklung, -zulassung, -herstellung und -vermarktung das breite Spektrum der pharmazeutischen Industrie auf nationaler und internationaler Ebene. Über 260 Unternehmen mit rund 72.000 Mitarbeitern haben sich im BPI zusammengeschlossen. Dazu gehören klassische Pharma-Unternehmen, Unternehmen aus dem Bereich der Biotechnologie, der pflanzlichen Arzneimittel, der Homöopathie / Anthroposophie und Pharma-Dienstleister.