Muskel-Skelett-Leiden sind nach psychischen Erkrankungen die zweithäufigste Ursache für vorzeitiges Ausscheiden aus dem Arbeitsleben. Darauf weist die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung (DGUV) anlässlich des Tags der Rückengesundheit am 15. März 2008 hin. Vor dem Hintergrund einer alternden Bevölkerung und des zunehmenden Fachkräftemangels können Wirtschaft und Gesellschaft sich die Frühverrentung von Arbeitnehmern nicht leisten. Einen Ausweg bietet das betriebliche Eingliederungsmanagement. Das Ziel: Erkrankten Arbeitnehmern die Rückkehr ins Berufsleben zu ermöglichen.
"Erkrankungen
des Muskel-Skelett-Systems" - also vor allem Rückenleiden - waren laut Statistik
des Verbands Deutscher Rentenversicherungsträger im Jahr 2006 nach psychischen
Erkrankungen die zweithäufigste Ursache für Frühverrentung. Ungefähr 27.000
Menschen mussten in jenem Jahr rückenbedingt vorzeitig aus dem Berufsleben
ausscheiden und beziehen seither eine Rente. "Diese Zahl ist nach wie vor
Besorgnis erregend", sagt Dr. Edith Perlebach, Demografie-Expertin der DGUV.
"Denn schon heute steht qualifizierter Nachwuchs immer seltener zur Verfügung,
um die Lücken zu füllen." In den letzten Jahrzehnten ist zudem ein deutlicher
Trend zum stetig sinkenden Frühverrentungsalter zu erkennen. Eine brisante
Entwicklung angesichts einer "alternden Bevölkerung" - schließlich sind die
menschlichen und finanziellen Belastungen für Betroffene, Unternehmen und
Gesellschaft enorm.
Disability Management als Chance
Um teure
Frühverrentungen zu vermeiden, ist ein betriebliches Eingliederungmanagement
nicht nur sinnvoll, sondern auch gesetzlich vorgeschrieben. Seit 2004 sind gemäß
Sozialgesetzbuch IX alle Unternehmen - unabhängig von ihrer Größe - dazu
verpflichtet, für ein betriebliches Eingliederungsmanagement zu sorgen, sobald
ein Beschäftigter insgesamt mindestens sechs Wochen im Jahr arbeitsunfähig ist.
Es ist allerdings nicht festgelegt, wie dieses konkret auszusehen hat. Die DGUV
hat daher die Initiative ergriffen und das international anerkannte und
standardisierte "Disability Management" in Deutschland eingeführt. Die
Weiterbildung zum Disability Manager vermittelt die notwendigen Kompetenzen, um
Unternehmen bei der Umsetzung eines Eingliederungsmanagements zu unterstützen.
Gemeinsam Lösungen finden
Wie das in der Praxis aussieht, zeigt das
Beispiel von Frau M.: Frau M. ist als Krankenpflegerin tätig und gehört mit
ihren 25 Dienstjahren zu den erfahrenen, aber auch besonders belasteten
Beschäftigen der Uniklinik Köln. Mehrere Bandscheibenvorfälle und die hohe
psychische Belastung durch den Klinikalltag haben Frau M. dazu bewogen, die
Disability Managerin der Uniklinik Irmgard Henseler-Plum aufzusuchen. Der
Hausarzt und Ärzte ihrer Reha-Klinik haben Frau M. bereits darauf vorbereitet,
dass eine Rückkehr in ihren alten Beruf nicht mehr möglich sei. Doch Frau M.
fand gemeinsam mit ihrem Arbeitgeber und der Disability Managerin eine Lösung:
Die Krankenpflegerin arbeitet nun in einem anderen Bereich der Klinik, in dem
sie aber ihr vorhandenes Know-How einsetzen kann. Die Umsetzung in den neuen
Arbeitsbereich brauchte eine entsprechende Weiterbildung und Einarbeitungszeit.
Der Arbeitgeber wurde dabei finanziell mit einem Eingliederungszuschuss
unterstützt. "Ich bin erst zufrieden, wenn alle Parteien vom betrieblichen
Eingliederungsmanagement profitieren, und vor allem langfristig die Gesundheit
der Mitarbeiter sichergestellt ist", so Henseler-Plum.
Mit ganzheitlichem
Blick
"Disability Management ist eine Schnittstellenaufgabe, die
gleichzeitig die Bedürfnisse der Arbeitgeber und der erkrankten Arbeitnehmer im
Auge haben muss", erklärt Henseler-Plum ihre Aufgabe. Dabei endet das Engagement
eines Disability Managers nicht bei den beruflichen Belastungen. Oft entstehen
Krankheiten erst im Zusammenspiel mit privaten Sorgen und Problemen. Auch hier
versuchen Disability Manager Hilfestellung zu geben. Mit vernetztem Denken und
Handeln zeigen sie Beschäftigten ihre Möglichkeiten auf. Disability Manager
vermitteln zwischen den Wünschen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer, suchen
gemeinsam mit betrieblichen Experten für Arbeitsschutz wie der Fachkraft für
Arbeitssicherheit, dem Betriebsarzt und Betriebsrat nach Lösungen und
koordinieren diese mit den entsprechenden Behörden. Eine Frühverrentung kann so
häufig vermieden werden - und davon profitieren letztendlich alle.