Nachdem der Goldpreis Mitte September die anvisierte Marke von 1.000 USD/Unze überschritten hat, kämpft er nun mit dieser psychologisch wichtigen Grenze. Für Werner J. Ullmann, Rohstoffexperte von ERA Resources, aber kein Grund zur Sorge. „Die leichte Erholung an den Edelmetallmärkten ist kurzfristiger Natur. Bis zum Jahresende sehen wir neue Höchststände von 1.100 bis 1.200 USD/Unze“, ist sich der Experte sicher.
Dieser Preisanstieg wird vor allem von der extrem stabilen Nachfrage nach physischem Gold getragen: ETFs sind stark gefragt, das Investmentinteresse ist hoch. Auch die Schmucknachfrage infolge der von September bis November laufenden Hochzeitssaison in Indien bleibt hoch. Ullmann rechnet auch weiterhin fest mit China. Die Regierung hat Privatanleger kürzlich erstmals ermuntert, Gold und Silber zu kaufen, und hat Interesse an den vom IWF geplanten Goldverkäufen bekundet. Die Begebung der ersten chinesischen Anleihe in Renminbi wertet Ullmann sogar als direkten Angriff auf den US-Dollar. „Die Vormachtstellung des US-Dollar wird dadurch untergraben. Aber für den Goldpreis ist es gut.“
Nach wie vor ist Silber zu Gold zwischen 10 und 20 Prozent unterbewertet. „Das macht schon ein bloßer Vergleich der Höchststände deutlich“, so Ullmann. Gold liegt mit 994 USD/Unze recht nah an seinem Höchststand von 1.032 USD/Unze vom März letzten Jahres. Silber hat von momentan 16 USD/Unze bis zu 50 USD/Unze Anfang der 80er-Jahre wesentlich mehr aufzuholen.
In den vergangenen Wochen sind auch Basismetalle sehr gut gelaufen. Im Oktober erwartet der Rohstoff-Experte stärkere Preisschwankungen. „Eine leichte Konsolidierung wäre gesund, bevor es dann wieder bergauf geht – insbesondere für langfristige Investments in diesem Bereich“, sagt Ullmann.
Bei Soft Commodities befinden sich die Preise derzeit ebenfalls auf einem hohen Niveau. „Davon profitieren zwar die Unternehmen, aber für Direktanleger ist dies eine hoch spekulative Situation“, warnt der ERA-Experte. Ullmann rät zurzeit aufgrund unsicherer Wetterprognosen vor allem von physischen Investments in Agrarrohstoffe ab. Kurzfristig die größten Chancen sieht er in den Düngemittelherstellern. „Die Werte sind in der Krise zu stark verkauft worden“, so Ullmann. Nun spiegeln die Preise bereits einen Anstieg der Nachfrage wider. Auch der Geothermie-Sektor wird von Investoren weitestgehend noch verkannt. Der angekündigte Zusammenschluss von vier Geothermie-Unternehmen in Nordamerika zeigt allerdings, welche Bedeutung diesem Bereich in der Branche zugemessen wird. Bei Wald-Investments hängt kurzfristig viel von der Entwicklung der US-Bauwirtschaft ab – langfristig sieht Ullmann in der Holzwirtschaft aber einen guten Schutz vor drohender Inflation.
Bei den Energie-Werten zeigt sich Uran im Kommen. Die Umsätze und damit die Aktien steigen bereits und könnten nach Einschätzung von Ullmann kurzfristig interessant sein. In Asien sind 500 neue Kraftwerke geplant, ca. 150 befinden sich bereits im Bau und benötigen künftig Uran für den Betrieb. Die Preise, die zwischen Produzenten und Betreibern direkt ausgehandelt und gezahlt werden, spiegeln diesen Aufwärtstrend wider (70 bis 75 USD pro Pfund). Auffällig ist, dass der Preis auf dem Spotmarkt um bis zu 30 Prozentpunkte niedriger liegt (42 USD pro Pfund). Ullmann vermutet, dass hier Spekulanten noch Positionen abbauen müssen, bevor sich die Preise angleichen.
Demgegenüber befinden sich Öl und Erdgas nach wie vor auf niedrigem Niveau. Die Lager sind zurzeit voll und drücken die Preise. Erst die kommenden Wintermonate und die Entwicklung der Weltwirtschaft werden zeigen, wann hier die Bodenbildung erreicht ist.