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UBS-Themendienst zum Ausgang der Bundestagswahl - Sieben Fragen an Martin Lück, Deutschlandvolkswirt der UBS Investment Bank

Der klare Sieg von CDU/CSU und FDP bei der Bundestagswahl wird in der Wirtschaft positiv aufgenommen. Doch welchen Einfluss hat das Wahlergebnis auf die Entwicklung der deutschen Wirtschaft - auch vor dem Hintergrund der Auswirkungen der globalen Wirtschaftskrise?

Im aktuellen Themendienst geht Martin Lück, Deutschlandvolkswirt der UBS Investment Bank in Frankfurt, dieser Frage nach und erläutert, welche Folgen der Regierungswechsel in Berlin für die deutsche Wirtschaft haben kann. Sämtliche Texte und Bilder dieses Themendienstes können Sie gerne verwenden. Für weitergehende Interviews steht Ihnen Martin Lück auf Anfrage gerne zur Verfügung.

Herr Lück, bereits jetzt besteht eine Haushaltslücke von 100 Mrd. Euro. Sind der neuen Regierung angesichts der extrem hohen finanziellen Belastungen in Folge der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht die Hände gebunden?

Lück: Doch. Die neue Regierung wird ein wenig Steuersenkungskosmetik betreiben, um nicht der Wahllüge bezichtigt zu werden, aber substanzielle Senkungen sind nicht drin. Der Schuldenberg ist auf lange Sicht ohnehin nur durch Ausgabenstraffung und möglicherweise punktuelle Steuererhöhungen abzutragen. An gezielte Inflationierung zu diesem Zweck glaube ich nicht, dazu wird zuviel Staatsschuld kurzfristig finanziert.

Wie lange sollte die Regierung mit einem Sparkurs und harten Einschnitten warten, um die Krise nicht noch weiter zu verschärfen?

Lück: Mindestens bis 2011. Das ganze kommende Jahr wird noch von einer eher wackeligen Konjunktur geprägt sein. Die Gefahr von Rückschlägen bleibt zu groß für eine ernsthafte fiskalische Konsolidierung.

Die Reform des Bankensystems sollte die neue Regierung Ihrer Meinung nach als erste Reform in Angriff nehmen. Warum?

Lück: In dem Sektor drohen sowohl Altlasten als auch neue Probleme, wenn Banken auch im Aufschwung weiter Risikoanlagen abbauen. Zugegeben ist auch das Gesundheitssystem renovierungsbedürftig, duldet im Vergleich zum Bankensystem aber noch Aufschub. Steuersystem und Arbeitsmarkt dagegen sind viel weniger wachstumshemmend, als sie gerne hingestellt werden.

Welche Auswirkungen hat der Wahlausgang für die Position der deutschen Unternehmen?

Lück: Die Position der Unternehmen wird durch die Regierungsbeteiligung der FDP, die seit jeher die aktivste Lobbypartei ist, insgesamt gestärkt. Allerdings hat Angela Merkel etwa eine Lockerung des Kündigungsschutzes  ausgeschlossen, insofern wird da wenig passieren.

Welche Impulse erwarten Sie für den Aktienmarkt? Welche wirtschaftlichen Sektoren profitieren in besonderem Maße vom Wahlausgang, welche geraten stärker unter Druck?

Lück: Ich glaube nicht an politische Börsen. Allenfalls selbst erfüllende Prophezeiungen können eine Rolle spielen. Dann steigen die Kurse, weil alle glauben, dass sie steigen werden. Fundamental bleibt der Einfluss aber gering. Auch die Erleichterung bezüglich offensichtlicher Wahlgewinner wie der Energieversorger dürfte sich schnell legen.

Steigt durch den Wahlausgang die Attraktivität Deutschlands als Investitionsziel?

Lück: Das kommt darauf an, wie man es verkauft. Wenn es der neuen Regierung gelingt, sich als reformfreudig zu präsentieren, kann das durchaus Investitionen anlocken. Das ist aber eher eine Frage des Marketings als der tatsächlichen Reformen.

Unabhängig vom konkreten Wahlausgang: Was muss Deutschland aus Ihrer Sicht tun, um die Wirtschaft international wettbewerbsfähig zu halten und langfristig die Staatsfinanzen zu sanieren?

Lück: Die Innovationskräfte müssten durch bessere Bildung und Forschung gestärkt werden. Außerdem müsste die langfristige Sanierung der Staatsfinanzen durch mehr Wachstum erfolgen, zum Beispiel im Bereich Umwelttechnologie, aber auch durch eine attraktivere Familien- und Integrationspolitik sowie eine Entlastung der mittleren Einkommen. Ausgabensenkungen, etwa durch Bürokratieabbau inklusive Straffung der öffentlichen Verwaltung, müssten aus meiner Sicht ebenfalls Bestandteile wirkungsvoller Reformen sein.

Über den Interviewpartner: Martin Lück ist Deutschlandvolkswirt der UBS Investment Bank in Frankfurt.