Wefox: Erneuter Vorwurf wegen angeblich falscher Bewertungen

Es begann Ende 2021, als rund 100 Bewertungen einen mäßigen Google-Score ergaben. Sowohl Kunden als auch an Wefox angeschlossene Vermittler sprachen von „schlechtem Service“ oder „keine Erreichbarkeit“.  Schlechte Bewertungen stören das Einkaufserlebnis, das kennen wir von uns selbst. Man informiert sich bei Amazon über Produkte und wird durch negative Kundenbewertungen abgeschreckt. Für Wefox waren weniger verschreckte Kunden als abgeschreckte millionenschwere Investoren ein Problem: Mitte 2021 wurde in einer weiteren Finanzierungsrunde die Rekordsumme von 650 Millionen US-Dollar erreicht. Und Investoren schauen auch auf das Image eines Unternehmens, dazu gehören natürlich auch Bewertungen. Eine Lösung musste her.

Das Management hat offenbar die Expertise der Wefox-eigenen beratungswerk24 AG in Anspruch genommen, wie aus internen Mails hervorgeht. Zwischen 2021 und 2023 wurden die Google-Bewertungen deutlich verbessert und quantitativ ausgebaut, die Anzahl der Bewertungen wurde vierstellig. Die Rezensenten wurden mit Amazon-Gutscheinen und aktiver Unterstützung durch ein Callcenter motiviert. Natürlich verbietet Google in seinen Richtlinien ein solches Vorgehen, was Wefox ohnehin bestreitet: „Die Geschäftsführung von Wefox hatte keine Kenntnis darüber, wie diese Initiative im Detail umgesetzt wurde“.

Anfang 2023 wurde die Maßnahme beendet, der Aufwand ging in die Millionen. Sofort wurden die Bewertungen nicht nur weniger, sondern auch wieder schlechter. Bis Ende des Jahres wurden über 2000 Bewertungen bei Google gelöscht. Wer das wie veranlasst hat, ist Wefox nicht bekannt.

Julian Teicke
CEO Wefox Insurance AG 

Das Manager Magazin hatte Teicke bereits im März 2023 als „Blender“ bezeichnet und Wefox aufgeblähte Bewertungen vorgeworfen - damals allerdings in den Finanz- und Umsatzzahlen. Wachstum gab es nur auf dem Papier, eigene IT-Lösungen ebenfalls. Teicke erzählte damals immer wieder andere Versionen seiner digitalen Disruptionsstrategie. Mal sollte eine Plattform für ein digitales Versicherungs-Ökosystem entstehen, mal eine IT-Infrastruktur für Makler. Am Ende schufen die Wefox-Programmierer keine nennenswerte Software, man nutzte unter anderem die Fonds Finanz Lösungen. Wie das „Vertriebsgenie“ so viele Menschen blenden konnte? „Wenn du mit Julian sprichst gibt er dir in jeder Sekunde das Gefühl, dass du der allerwichtigtste Mensch der Welt für ihn bist“, wird ein Kollege im Manager Magazin zitiert. Dieses Talent hat er wohl von seinem Vater geerbt, der in Berlin einen Strukturvertrieb aufbaute und später an Maschmeyers AWD verkaufte.

Wefox wurde 2015 von Julian Teicke gegründet. Zunächst mit einer Vertragsverwaltung für Endkunden, ab 2018 trat das Unternehmen als Versicherer auf. Das Unternehmen wurde inzwischen mit über einer Milliarde US-Dollar bewertet.