Marsh Versicherungsmarktreport 2024

Der Marsh Versicherungsmarktreport Deutschland 2024 bietet Entscheidern und Risikomanagern fundierte Einschätzungen zu den verschiedenen Sparten, Branchen und Spezialrisiken. Fokusartikel geben Einblick in die Entwicklungen am Rückversicherungsmarkt, stellt alternative Risikotransferlösung im Umgang mit Naturgefahren und Extremwetterereignissen vor und liefert Impulse für das unternehmerische Risikomanagement.

Der jährliche Report entsteht aus der Zusammenarbeit von Experten aus den jeweiligen Sparten, Geschäftsbereichen sowie den Branchenteams von Marsh und den Schwestergesellschaften Mercer und Guy Carpenter.

Das Versicherungsjahr 2023 verlief für den überwiegenden Teil der Industrieversicherer wie im Vorjahr profitabel. Während 2022 noch gestörte Lieferketten, die hohe Inflation und das niedrige Zinsniveau Unsicherheitsfaktoren waren, die die Erneuerungsrunde maßgeblich beeinflussten, beruhigte sich die Situation 2023.
Jens Florian-Jansen, CEO und Chief Market Officer Marsh Deutschland

In der industriellen Sachversicherung ist nach Jahren harter Sanierungsverhandlungen etwas Ruhe eingekehrt. Lediglich Unternehmen mit erheblichen Optimierungspotenzialen im Brandschutz, schadenbelastete Risiken und Risiken, die Naturkatastrophen ausgesetzt sind (hier vor allem gegen Überschwemmung und Sturm-/Hagelereignisse), müssen weiterhin mit zum Teil erheblichen Forderungen der Versicherer hinsichtlich der Selbstbehalte und Prämiensätze rechnen.

„Die Lieferströme sind nur noch gelegentlich gestört, die Inflation ist erheblich zurückgegangen und es gibt wieder Geld fürs Geld.“

Jens Florian-Jansen
Marsh Deutschland

In der Haftpflichtversicherung ist der Wettbewerb bereits ab 2023 zurückgekehrt. Grundsätzlich können zusätzliche Prämienforderungen der Versicherer durch den herrschenden Wettbewerb verhindert werden. Bei internationalen Haftpflichtversicherungsprogrammen mit hohem US-Exposure sind die Versicherer allerdings weniger offensiv. Sofern sie sich engagieren, verlangen sie höhere Prämien in Abhängigkeit von den Schadenerwartungen. Im Jahr 2023 sind weitere Versicherer in den Markt eingetreten und auch für 2024 ist mit weiteren zusätzlichen Kapazitäten zu rechnen. Ein großes Thema in der Haftpflichtversicherung ist der Umgang mit Stoffen oder Stoffgruppen, die die Versicherer gerne vom Versicherungsschutz ausschließen würden, aktuell sind PFAS (per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen) in der Diskussion. Hier müssen sich alle Marktteilnehmer auf langwierige Verhandlungen einstellen, um einen adäquaten Versicherungsschutz zu erhalten.

Die Technischen Versicherungen sind von zwei Seiten zu betrachten. In der klassischen Maschinenversicherung und ihren Nebensparten gibt es keine Auffälligkeiten. Hier wird nachjustiert, wenn es die Schadensituation erfordert, ansonsten funktioniert der Markt. Anders sieht es in der Bauleistungs- und Montageversicherung aus. Der Umbau der deutschen Energiewirtschaft bietet ein enormes Geschäftspotenzial. Großprojekte, die diesen Transformationsprozess unterstützen, sind auch bei Versicherern begehrt. Hier gibt es sowohl genügend fähige Versicherer als auch ausreichend Kapazität durch Beteiligungsmärkte. Große Bau- und Montageprojekte, die nicht mit der Energiewende in Verbindung gebracht werden können, erfahren ein deutlich zurückhaltenderes Zeichnungsverhalten der Versicherer. Dies erschwert sowohl die Suche nach einem federführenden Versicherer als auch die Beschaffung ausreichender Kapazitäten.

In der Transportversicherung herrscht Wettbewerb. Die seit Jahren guten Ergebnisse der Versicherer haben den Markt stabilisiert und lassen für das typische Transportversicherungsgeschäft („Kisten und Kasten“) perspektivisch eine Wende zu einem weicheren Markt erwarten. Lediglich großschadenanfällige Risiken werden von den Versicherern einer genaueren Prüfung unterzogen und ggf. nur restriktiv gezeichnet.

Die Kraftfahrtversicherer werden noch einige Zeit mit den Folgen der Pandemie zu tun haben. Die pandemiebedingt guten Schadenquoten enden 2023 abrupt. Die hohe Inflation, insbesondere bei den Ersatzteilpreisen, und die Schadenhäufigkeit erreichten wieder das Niveau vor der Pandemie. Dies führte 2023 zu hohen Verlusten bei den Versicherern. Fast ausnahmslos sahen sich die Kunden daher für das Jahr 2024 mit Prämiennachforderungen konfrontiert. Da in der Kraftfahrtversicherung aufgrund des hohen Wettbewerbsdrucks ein Jahr nicht ausreicht, um wieder ein auskömmliches Niveau zu erreichen, ist bis auf weiteres keine Entspannung in Sicht.

In der D&O-Versicherung haben sich die Prämien zum Jahreswechsel 2024 weiter stabilisiert. Die Mehrzahl der Versicherer hat sich wieder auf das Neugeschäft in der D&O-Sparte konzentriert und ihre Kapazitäten teilweise sogar leicht erhöht. Unternehmen, die in der Vergangenheit trotz stabiler Finanzdaten und ohne sonstige negative Auffälligkeiten hohe Prämienerhöhungen hinnehmen mussten, konnten mit deutlichen Reduzierungen rechnen. Ansonsten verliefen die Vertragserneuerungen entspannt mit stabilen und teilweise sinkenden Raten. Vertikal platzierte Kapazitäten konnten häufig durch günstigere ersetzt werden, was ebenfalls zu Einsparungen für die Kunden führte. Aufgrund der schlechten Aussichten für die deutsche Wirtschaft, der nach wie vor hohen Inflation und Zinsen sowie der von den Kreditversicherern prognostizierten steigenden Insolvenzzahlen - auch wenn es sich hierbei um Nachholeffekte nach der Corona-Krise handelt - ist die weitere Entwicklung des Marktes schwer zu prognostizieren. Eine erneute Trendumkehr ist derzeit jedoch nicht in Sicht.

Auch in der Cyber-Versicherung hat der Wettbewerb wieder zugenommen. Weitere Risikoträger sind in den Markt eingetreten und insbesondere bei Layer-Verträgen ist dieser Effekt bereits spürbar. Die Anforderungen an die Informationssicherheit werden sich weiter an das dynamische Risikobild anpassen müssen und die Versicherer erwarten auch in Zukunft von den Kunden eine stetige Weiterentwicklung der Informationssicherheit. Werden diese Voraussetzungen erfüllt, können die Kunden im Jahr 2024 mit verbesserten Konditionen rechnen.