Im Podcast „Die Woche“ von Pfefferminzia spricht Volkswirt Sven Ebert vom Flossbach von Storch Research Institute über die Zukunft des deutschen Rentensystems. Er sieht eine historische Chance für den Kanzlerkandidaten Merz und fordert eine grundlegende Reform nach schwedischem Vorbild.
Die Jugend pocht auf Vertragstreue
Die junge Union rebelliert gegen das geplante Rentenpaket der Regierung. Volkswirt Sven Ebert überrascht mit seiner Einschätzung der protestierenden Jugend: "Die sind einfach nur vertragstreu. Die junge Union pocht auf das, was im Koalitionsvertrag drinsteht, nicht mehr und nicht weniger."
SPD-Politikerin Bärbel Bas will das Rentenniveau über 2031 hinaus festschreiben, doch davon steht nichts im Koalitionsvertrag. Ebert stellt sich klar auf die Seite der jungen Abgeordneten: "Die fordern einfach nur das, was man vereinbart hat."
Schweden als Vorbild für Deutschland
Ebert plädiert für ein radikal anderes System nach schwedischem Muster: "Die gesetzliche Rente ist eine Grundsicherung. Die sorgt dafür, dass niemand im Alter Flaschen sammeln muss." Diese Grundsicherung sollte steuerfinanziert sein, für alle gleich hoch und knapp über dem Mindestlebensstandard liegen.
Die Vorteile seien eindeutig: In Schweden sind die Armutszahlen im Alter halb so hoch wie in Deutschland, sowohl relativ als auch absolut. Für die Sicherung des Lebensstandards brauche es dann kapitalgedeckte Vorsorge mit substanziellen Aktienquoten.
Die wahren Kosten der Rente
Die Zahlen, die Ebert präsentiert, sind alarmierend: "Im Moment geben wir ungefähr jeden zehnten Euro des BIPs für die Rente aus. Pro sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind das 11.000 Euro. 2035 werden das ungefähr 18.000 Euro sein."
Der Volkswirt kritisiert die fehlende Transparenz: "Niemand sieht so richtig, wie viel Geld das eigentlich ist." Bereits heute fließen über 100 Milliarden Euro Steuerzuschuss in die Rentenkasse.
Friedrich Merz' historische Chance
Ebert richtet einen direkten Appell an den CDU-Kanzlerkandidaten: "Friedrich Merz ist ja 70 geworden. Der könnte als Ikone in Ruhestand gehen, die die deutsche Rente reformiert hat. Was hat er denn sonst noch zu gewinnen?"
Der Volkswirt sieht eine einmalige Gelegenheit: "So werden Legenden gestrickt." Selbst Rentner erkennen laut Ebert das Problem. Er berichtet von drei Rentnern beim Bäcker, von denen einer sagte: "Wenn ich angucke, was meine Tochter mittlerweile an Sozialbeiträgen und Steuern zahlen muss, und was ich an Rente bekomme, das kann so nicht weitergehen."
Frühstartrente wird zur Fehlstartrente
Das CDU-Lieblingsprojekt Frühstartrente schrumpft dramatisch zusammen. Statt alle Kinder von 6 bis 18 Jahren sollen vorerst nur Sechsjährige die staatlichen 10 Euro monatlich erhalten. Ebert kommentiert ernüchtert: "Natürlich sind 10 Euro im Monat nicht viel."
Das Finanzministerium plant lediglich 50 Millionen Euro für die Frühstartrente ein, gerade genug für einen Jahrgang. Zum Vergleich: In die gesetzliche Rente fließen jährlich über 100 Milliarden Euro.
Vertrauen in die Rente schwindet
Die Deutschen verlieren massiv das Vertrauen in ihr Rentensystem. Laut dem neuen Altersvorsorge Report 2025 von Deutscher Bank und DWS halten 83 Prozent der Bürger die gesetzliche Rente nicht mehr für zukunftssicher. 2019 waren es noch 54 Prozent.
Gleichzeitig zeigt sich ein Widerspruch: Obwohl die Menschen wissen, dass sie vorsorgen sollten, machen 31 Prozent gar nichts für ihre Altersvorsorge. Weitere 23 Prozent legen monatlich maximal 50 Euro zurück.
Ebert selbst rechnet für sich mit Rente ab 70: "Ich bin auch in der glücklichen Lage, dass mir das keine Sorgen macht." Für viele andere Deutsche sieht die Perspektive deutlich düsterer aus.



Verfassen Sie den ersten Kommentar