Nach Angaben des PKV-Verbands müssen etwa 60 Prozent der Privatversicherten mit Beitragssteigerungen rechnen, die im Durchschnitt bei rund 13 Prozent liegen. Bereits 2025 waren die Beiträge bei rund zwei Dritteln aller Tarife im zweistelligen Prozentbereich gestiegen, und Experten prognostizieren für 2026 eine weitere Erhöhung um durchschnittlich neun bis elf Prozent.
Die Hauptursache dieser Entwicklung liegt in der kontinuierlichen Verteuerung medizinischer Leistungen. „Die wesentlichen Ursachen liegen in der Verteuerung medizinischer Leistungen und den allgemein gestiegenen Gesundheitskosten", erklärt Sebastian Ewy vom DFSI. Die Ausgaben erhöhten sich 2024 um 10,5 Prozent auf 39,4 Milliarden Euro, wobei besonders die Kosten für Krankenhausbehandlungen, ambulante Versorgung und Medikamente stark anstiegen.
Digitalisierung verändert Qualitätsmaßstäbe
In diesem schwierigen Marktumfeld hat das Deutsche Finanz-Service Institut eine umfassende Qualitätsanalyse der 31 bedeutendsten PKV-Anbieter durchgeführt. Dabei zeigt sich ein Paradigmenwechsel: „Heute machen Nutzererlebnis, Servicegeschwindigkeit und digitale Gesundheitsangebote den Unterschied", betont Sebastian Ewy. So bearbeiten einige Anbieter per App eingereichte Rechnungen bereits innerhalb von 24 Stunden. Das Zusammenspiel aus Service, Leistungstransparenz und digitaler Zugänglichkeit spielt heute eine größere Rolle, während einzelne Bedingungsdetails weniger ausschlaggebend sind als früher.
Substanzkraft als Stabilitätsanker
Ein zentrales Bewertungskriterium der Untersuchung bildete die finanzielle Substanzkraft der Versicherer, die mit 40 Prozent in die Gesamtnote einfloss. Die Bewertung umfasste die Substanzkraftquote, Solvency-II-Quote, das versicherungstechnische Ergebnis, die Nettoverzinsung, den Marktanteil sowie die Entwicklung der Vollversicherten.
Die PKV-Branche zeigt sich insgesamt bemerkenswert robust. Die Solvency-Quote liegt bei fast allen Gesellschaften über den regulatorischen Mindestanforderungen. „Die gestiegenen Zinsen wirken positiv auf die Kapitalanlage und stärken die Substanz, während die Ausgaben für medizinische Leistungen gleichzeitig deutlich anziehen", analysiert Ewy. Die Alterungsrückstellungen wuchsen um knapp vier Prozent auf 353 Milliarden Euro an.
In der Bewertung der Substanzkraft schneiden Signal Iduna, R+V, Württembergische und Allianz mit „sehr gut" ab. Sie überzeugten durch hohe Eigenmittelquoten, eine stabile Ertragslage und ein gutes Wachstum mit Neukunden. „Dies wird mittelfristig dazu beitragen, die Kalkulation zu stabilisieren und zukünftige Beitragsanstiege zu dämpfen", prognostiziert Ewy.
Allianz verteidigt Spitzenposition
Im Gesamtranking konnte die Allianz Private Krankenversicherung ihre Spitzenposition aus den Vorjahren erfolgreich verteidigen. Mit 90,66 Punkten und der Bestnote „Exzellent" (1,0) setzte sich der Münchner Versicherer deutlich von der Konkurrenz ab. Besonders hervorzuheben sind die Spitzenbewertungen in den Kategorien Produktqualität („Exzellent") und Service („Exzellent"), wo die Allianz jeweils zusammen mit der DKV die Bestbewertung erhielt.
Die Verfolgergruppe führen R+V (88,51 Punkte), Württembergische (88,13 Punkte) und Barmenia (86,76 Punkte) an, die alle mit der Note „Sehr Gut" (1,2) bewertet wurden. Insgesamt erhielten acht Anbieter die Note „sehr gut" und 22 die Note „gut". Kein einziger der untersuchten Versicherer schnitt mit „befriedigend" oder schlechter in der Gesamtbewertung ab.
Produkte: Trend zur Personalisierung und Digitalisierung
Bei der Produktqualität, die ebenfalls mit 40 Prozent in die Gesamtwertung einfloss, überzeugen Allianz, ARAG, AXA, Barmenia, Debeka und DKV mit sehr guten Ergebnissen. In der Vollversicherung punkten Allianz, ARAG, AXA und HanseMerkur, in der Zusatzversicherung erreichen Allianz, Barmenia, Continentale und DKV die Bestnote. Bei Pflegezusatzlösungen verzeichnen Allianz, HUK-COBURG und INTER überdurchschnittliche Bewertungen.
„Der Trend geht hin zu digitalen Gesundheitsservices und einer stärker kundenorientierten Tarifgestaltung", erklärt Ewy. Telemedizin, elektronische Rechnungsübermittlung, E-Rezept, Online-Sprechstunden oder auch digitale Gesundheitsakten gehören mittlerweile zum Standard vieler Privattarife.
„Wir sehen eine zunehmende Individualisierung und Digitalisierung in allen Lebensbereichen", bestätigt Jan Esser, Vorstandsvorsitzender der Allianz Privaten Krankenversicherung. Das Unternehmen bietet flexible Tarife, die sich veränderten Lebensumständen anpassen lassen. Die Allianz war die erste private Krankenversicherung, die eine elektronische Patientenakte eingeführt hat, gefolgt vom E-Rezept und einem Online-Check-in beim Arzt.
Auch die R+V Krankenversicherung sieht eine ähnliche Entwicklung: „Wir beobachten in der privaten Krankenversicherung weiterhin die Trends zur Digitalisierung und Personalisierung", sagt Frank Girolstein, Abteilungsdirektor Kompetenz-Center der R+V Krankenversicherung.
Sebastian Kimmig, Leiter Strategie und Produktmanagement bei der Württembergischen Krankenversicherung, beobachtet ein wachsendes Interesse an der privaten Vollversicherung: „Der Trend geht zu leistungsstarken Tarifen, viele Kunden wollen eine hochwertige medizinische Versorgung sicherstellen."
Service: Digitalisierung trifft persönliche Beratung
Die Servicequalität, die mit 20 Prozent in die Gesamtbewertung einfloss, wurde anhand von 300 Einzelmerkmalen analysiert. Untersucht wurden Leistungen in Bereichen wie medizinische Versorgung, Vertragsmanagement, Prävention sowie Familien- und Auslandsservices. „Entscheidend ist nicht nur, was angeboten wird, sondern wie nutzerfreundlich die Leistungen tatsächlich sind, etwa ob digitale Prozesse reibungslos laufen oder Terminservices funktionieren", erklärt Ewy. Auch der Umgang mit Kundenbeschwerden floss in die Bewertung ein.
In der aktuellen Auswertung stechen vor allem Allianz, DKV und AXA bei der Servicequalität hervor. Sie punkten mit integrierten digitalen Abläufen, kurzen Bearbeitungszeiten, transparenter Kommunikation und hoher Kundenzufriedenheit. Auch Debeka und HanseMerkur erzielen gute Bewertungen, insbesondere durch persönliche Erreichbarkeit und verlässliche Kundenunterstützung.
„Beim Service sehen wir eine hybride Herangehensweise", berichtet Sebastian Kimmig von der Württembergischen. Selbstbedienungsfunktionen wie das Einreichen von Rechnungen über das Kundenportal seien sehr beliebt. Bei komplexeren Anliegen schätzten Versicherte jedoch nach wie vor den direkten Kontakt und die Möglichkeit, kompetente Ansprechpartner zu erreichen.
„Wir sind überzeugt, dass die Digitalisierung im Gesundheitswesen zu einer besseren medizinischen Versorgung beiträgt und treiben diese Entwicklung aktiv voran", betont Jan Esser von der Allianz.
Das gesamte Rating finden Sie hier.



Verfassen Sie den ersten Kommentar