Den Markt der unabhängigen Versicherungsmakler finde ich gut, was zugegeben am Geschäftsmodell der dvb liegt, das (auch) auf dem freien Wettbewerb der MVP-Systeme um unabhängige Makler basiert. Pools, Vergleicher und Intermediäre sind zwingend notwendige Katalysatoren für reibungslose Abläufe, sie haben vorhandene Nischen besetzt und optimale Lösungen entwickelt. Aber die aktuellen Entwicklungen stimmen mich nachdenklich. Hier meine Sicht auf die Dinge:
Der MVP-Markt wird von Jahr zu Jahr spannender, mit der Oligopolisierung war das Ausscheiden von Anbietern vorherzusehen. Die Makler benannten uns in der diesjährigen dvb-Studie knapp 50 verschiedene Systeme, die produktiv im Einsatz sind. Mit Blick auf die Kosten von Softwareentwicklung und dem hohen Aufwand, z.B. für die BiPRO-Anbindungen sowie Schulung und Support der Anwender, scheint der schrumpfende Maklermarkt für eine so große Anbieterzahl von MVP-Systemen nicht mehr auskömmlich zu sein. Das Schrumpfen bezieht sich dabei auf Makler als Lizenznehmer aus Sicht der Hersteller.
Die ausländischen Investoren kommen auf den Markt
Mit dem Einstieg externer Auslandsinvestoren in den Markt steigerten sich die IT-Investitionskapazitäten erneut und die Plattformen und Maklerprozesse wurden weiter ausgebaut. Am Ende erfuhr der Makler beim Pool die Annehmlichkeiten einer digitalen Servicequalität, die sich deutlich vom unabhängigen, aber selbstverwalteten MVP-System abhob. Der Versicherer fand in diesem Servicepaket nur noch als austauschbarer Akteur statt.
Auch kleinere Pools und Verbünde konnten in diesem Wettkampf um IT-Systeme nicht mithalten und verloren Makler an die großen Poolanbieter. Die gewannen neue Makler, steigerten neben Umsatz und Ertrag wieder die IT-Investionen – ein sich selbst verstärkender Effekt. Dieser hat sich in den letzten Jahren immer mehr Fahrt aufgenommen. Der britische Investor HG Capital steigt bei Fonds Finanz ein und beteiligt sich an DEMV. Über das Ziel wird niemand im Unklaren gelassen: Laut Presseverlautbarung soll die führende Maklerplattform Deutschlands geschaffen werden.
Die „führende Maklerplattform“, da sollte wirklich jeder Branchenteilnehmer aufmerken, es wird für die ganze Branche offensichtlich: Der Plattformgedanke ist nicht mehr aufzuhalten. Die Pools setzten auf Plattformen, auch die großen MVP-Hersteller wie Acturis (AMS, Vias und InfoAgent) und Smart Insurtech (Smart Insur und OASIS) verfolgen langfristig die Plattformentwicklung.
Auch für die Versicherer haben diese Konzentrationsprozesse spürbare Folgen, denn mit der Bestandsgröße wächst die Verhandlungsmacht der Pools und mit einer höheren IT-Effizienz auch die Forderung nach einem größeren Anteil an der Marge. Sprich: Das Neugeschäft wird immer teurer, der Versicherer wird auf seine reine Risikoträgereigenschaft reduziert und kann seine Serviceleistungen gegenüber dem Makler kaum noch ausspielen. Er wird nicht nur in der Maklerbetreuung austauschbar und in der digitalen Welt reichen zwei BiPRO-Services zur Umdeckung ganzer Bestände.
Digitales Ungleichgewicht
Bezieht man die Vergleicher in die Wertschöpfungskette ein, erhöht sich das digitale Ungleichgewicht. Pools und die großen MVP-Systeme haben alle strategische Partnerschaften mit Vergleichern, die in die automatischen Prozesse eingebunden und einfach über die Plattform nutzbar sind. Das macht es für die Makler komfortabler und für die Intermediäre einfacher, das Neugeschäft zu steuern. Zusätzlich befeuert diese Strategie die Verhandlungsmacht der Pools, verteuert das Geschäft für den Versicherer und kann am Ende zu einer Produktentwicklung führen, die sich eher nach den Bedarfen der Vergleicher und weniger an die der Kunden ausrichtet.
An dieser Stelle lohnt sich ein Blick über die Grenze nach Österreich. Dort haben Versicherer vor Jahren eine zentrale Plattform geschaffen, die von den Maklern als MVP-System genutzt werden können. Auch nutzen Makler dieses Instrument als reine Datenaustauschplattform, um ein eigenes MVP-System ohne großen Aufwand des Maklers auf aktuellem Datenstand zu halten.
Versichererinitiative gefragt
In dem Zusammenhang drängt sich natürlich der Blick auf meinMVP auf: Ebenfalls im Besitz und in der Verantwortung von Versicherern, derzeit jedoch ein reines MVP-System. Vielleicht ist es an der Zeit, zusätzliche und weiterführende Services zu erbringen, um die Unabhängigkeit der Makler zu erhalten. Eine solche Plattform würde den Maklermarkt und die Position der Versicherer stärken. Das Ziel einer großen unabhängigen Maklerplattform sollte für die Versicherer interessant genug sein, konkurrierende Vertriebsinteressen in diesem Fall hintanzustellen.
Oder ist gar der BiPRO-Hub der digitale Befreiungsschlag der Versicherer, eventuell in Kombination mit meinMVP als Frontend für die Makler? Die Auswahl des Umsetzungspartners für den BiPRO-Hub wird hinter vorgehaltener Hand bereits kolportiert. Die Verkündigung erfolgt in den nächsten Tagen. Bei allem bleibt festzuhalten: Der Markt ist wirklich spannend.
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