Ab heute gelten neue Qualitätskriterien für Vermittler von Versicherungen. Nach
den Regeln der neuen EU-Vermittlerrichtlinie ist jeder, der Versicherungen im
Außendienst verkauft, verpflichtet, seine Qualifizierung nachzuweisen und sich
registrieren zu lassen. Zudem gelten strengere Beratungsstandards und die
Haftung für den Fall der Falschberatung wurde verschärft. Da der Aufwand für
Kundenberatung und Verwaltung zunimmt, werden die neuen Vorgaben nach Angaben
von Branchenexperten bei 40 Prozent der Vertreter zu finanziellen Einbußen
führen. Die Zahl der nebenberuflichen Vertreter dürfte deutlich zurückgehen.
Makler werden dagegen als Vertriebskanal immer wichtiger. 75 Prozent aller
Versicherungsunternehmen nutzen bereits die Unterstützung der unabhängigen
Vermittler – Tendenz steigend. Das sind die Ergebnisse des aktuellen
Branchenkompass Versicherungen von Steria Mummert Consulting in Zusammenarbeit
mit dem F.A.Z.-Institut.
Die Versicherungsbranche erwartet, dass mit der
neuen Vermittlerrichtlinie das Vertrauen der Kunden in die Makler gestärkt wird.
Der Kunde kann künftig vom Makler nicht nur eine weitgehend unabhängige
Versicherungsempfehlung erwarten, sondern auch einen gesicherten Standard in der
Beratungsqualität. Die Makler profitieren gegenüber anderen Vertriebswegen
stärker von den neuen Regelungen als andere Vertriebswege. Der Grund: Viele
Makler erfüllen bereits seit geraumer Zeit die meisten der nun obligatorischen
Voraussetzungen auf freiwilliger Basis. Als Folge des steigenden Aufwands
schließen sich immer mehr Makler zu Pools zusammen, um ihre Leistungs- und
Wettbewerbsfähigkeit weiter zu verbessern.
Die Versicherer wollen die
neuen Qualitätskriterien als Hebel für neues Geschäft nutzen. 20 Prozent der
Investitionsbudgets sind für den Vertrieb vorgesehen. Ein großer Teil der
Investitionen fließt in Schulungsmaßnahmen für den eigenen Außendienst. 84
Prozent aller Gesellschaften sehen hierfür zusätzliche Ausgaben vor. Zudem
wollen die Versicherer – angesichts des Trends zur persönlichen Kundenberatung –
die Vertriebsqualität stärken. Die Beratungsansprüche der Kunden sind in den
vergangenen Jahren deutlich gewachsen, da sich immer mehr durch Nutzung des
Internets vorab selbst informieren. Insbesondere bei der betrieblichen und
privaten Altersvorsorge ist der Beratungsbedarf hoch. „Die Versicherungen setzen
deshalb verstärkt Informationstechnologie ein, um dem Vertrieb mehr Details über
das Profil des Kunden und mehr Zeit für die Beratung zu verschaffen. Spätestens
2008 werden beispielsweise zwei Drittel aller Versicherer über eine Anwendung
zur so genannten Sales Force Automation verfügen. Hiermit kann der Außendienst
durch umfassenden Zugriff auf den Datenbestand aktuell und den Anforderungen des
Kunden entsprechend beraten“, so Dr. Christian Schareck von Steria Mummert
Consulting. Mit der Sales Force Automation ist der Versicherungsvermittler an
das Vertriebswege-, Kunden- und Servicemanagement des Versicherers
angeschlossen.
Trotz der langen Vorbereitungszeit von fünf Jahren: Längst
nicht alle Vermittler sind ausreichend mit den Rechten und Pflichten vertraut,
die sich aus der Vermittlerrichtlinie ergeben. Bei der Vorbereitung auf die
gesetzlichen Änderungen vermissen viele Makler die Unterstützung der
Versicherungspartner. Nur vier Prozent der unabhängigen Vermittler geben an,
dass bei der Überprüfung der gesetzlichen Voraussetzungen das
Versicherungsunternehmen behilflich sei. Die Mehrheit wendet sich an andere
Makler, Softwareanbieter oder den eigenen Anwalt. Nachholbedarf haben viele
Makler unter anderem beim Schlichtungsverfahren, der Dokumentationspflicht oder
der Kundengeldversicherung. Um im Qualitätswettbewerb nicht den Anschluss zu
verpassen, sollten die Versicherer die Defizite ihrer Vertriebspartner schnell
wettmachen. Mit der anstehenden VVG-Novelle und Solvency II kündigen sich
bereits die nächsten gesetzlichen Herausforderungen an.
Der
„Branchenkompass 2006 Versicherungen“ ist eine Studie der Unternehmensgruppe
Steria Mummert Consulting in Zusammenarbeit mit dem F.A.Z.-Institut. Er zeigt,
wie sich die Topmanager in der Assekuranz auf die Zukunftsmärkte und auf den
Wettbewerb einstellen. Wo sehen sie die wichtigsten Markttrends? Welche
Strategie verfolgen sie? Welche Investitionen planen sie? Basis ist eine
Forsa-Umfrage unter 100 Führungskräften aus 100 der größten
Versicherungsgesellschaften Deutschlands.
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