Wie die PKV auf 2,3-Millionen-Euro-Therapien reagiert

In der neuen Folge von "Die Stunde Null" diskutiert Nils Kreimeier mit AXA-Chef Thilo Schumacher über die private Krankenversicherung (PKV). Sie sprechen über die Kritik daran sowie die Herausforderungen des deutschen Gesundheitssystems.

Stiftung Warentest-Studie sorgt für Aufruhr

Anfang des Jahres sorgte eine Studie der Stiftung Warentest in der PKV-Branche für Aufsehen: Lediglich bei einem Drittel der Tarife war das Angebot tatsächlich besser als das der gesetzlichen Krankenversicherung. Schumacher kontert diese Kritik: "Wenn die PKV so schlecht wäre, hätten wir nicht über 30 Millionen gesetzliche Zusatzversicherte." Er betont, dass "fast jeder zweite Deutsche in irgendeiner Form PKV-versichert" sei.

Der AXA-Chef räumt jedoch ein: "Möglicherweise haben wir ein Imageproblem. Da müssen wir dran arbeiten und die Menschen aufklären." Den Vorwurf einer Zwei-Klassen-Gesellschaft weist er entschieden zurück und verweist auf das bewährte duale System: "Wir sind in Deutschland mit unserem dualen System nicht schlecht gefahren."

Explodierende Kosten im Gesundheitswesen

Ein zentrales Thema des Gesprächs sind die steigenden Gesundheitskosten. Schumacher erklärt die Ursachen der medizinischen Inflation, die historisch immer über der normalen Inflation liegt. Als Beispiele nennt er bahnbrechende, aber teure Therapien: "Da kostet eine Krebstherapie halt irgendwas zwischen 300 und 400.000 Euro" für die personalisierte CAR-T-Zellentherapie. Noch drastischer ist es beim teuersten Medikament der Welt, Zolgensma gegen spinale Muskelatrophie bei Kindern: „Die einzelne Spritze kostet 2,3 Millionen Euro.”

Trotz dieser enormen Kosten sieht Schumacher den medizinischen Fortschritt positiv: "Ich brauche also ganz viele gesunde Menschen in der Krankenversicherung, damit ich mir das leisten kann. Und ich glaube es ist gut, dass wir das haben."

Künstliche Intelligenz als Gamechanger

Hoffnung macht dem AXA-Chef der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Gesundheitswesen. Er sieht darin die Chance, Ärzte von Bürokratie zu befreien: "Die künstliche Intelligenz wird da helfen, das zu verbessern." Sein Ziel ist klar: "Dass sie wieder das machen können, was sie am liebsten machen, nämlich den Menschen helfen und nicht die Bürokratie."

Mentale Gesundheit im Fokus

Die Stunde Null – Der Wirtschaftspodcast von Capital und n-tv

Ein besonderes Anliegen Schumachers ist die mentale Gesundheit der Deutschen. Die AXA-Daten zeigen einen alarmierenden Trend: "Die Anzahl der Menschen, die berufsunfähig werden aufgrund von psychischen Erkrankungen, hat halt massiv zugenommen. In den letzten Jahren hat sich das mehr als verdoppelt."

Als Arbeitgeber geht Schumacher mit gutem Beispiel voran: " Als Arbeitgeber ist es mir wichtig, dass mir jemand ehrlich antwortet, wenn ich ihn frage, wie es ihm geht." Er sieht diese offene Kommunikationskultur als essenziell für die Zukunft der Arbeitswelt.

Steigende Krankheitstage als Warnsignal

Die in Deutschland diskutierten steigenden Krankheitstage führt Schumacher auf verschiedene Faktoren zurück: Bessere Datenerfassung durch elektronische Krankenmeldungen, mehr Atemwegserkrankungen nach COVID und die belastende gesellschaftliche Situation. "Wir haben einen Krieg, der nicht weit weg ist. Viele haben auch finanzielle Sorgen. Wir hatten auch eine Inflation, die wir nicht kannten. Und das macht was mit Menschen."

Lösungsansätze für die Zukunft

Für die Bewältigung der Herausforderungen sieht Schumacher vier Hauptansätze: Effizienzsteigerung durch bessere Vernetzung und Digitalisierung, mehr Eigenverantwortung bei der Prävention, eine Diskussion über die Finanzierung des Sozialstaats und nicht zuletzt Wirtschaftswachstum: "Ohne Wachstum wird es nicht gehen. Wir müssen uns Gesundheit leisten können als Gesellschaft."

Verfassen Sie den ersten Kommentar