Assekuradeur-Strategie entlastet Produktentwicklung

„Assekuradeure sind für mich so ein bisschen die versteckten Perlen am Markt.“

Christian Sachsenweger
INTER

Ist die Zusammenarbeit mit Assekuradeuren der Ausweg aus den strukturellen Problemen bei der Produktentwicklung? Christian Sachsenweger, Bereichsleiter Komposit Betrieb bei der INTER, spricht im you.talks-Podcast darüber, warum sich Time-to-Market-Zyklen verlängern und wo die Grenzen des Outsourcings bestimmter Wertschöpfungsstufen liegen.

Ländere Produktentwicklung trotz moderner IT-Systeme

"Meiner Meinung nach verlängern die Entwicklungszyklen", stellt Sachsenweger zur Time-to-Market neuer Produkte fest. Als Hauptgrund nennt er die gestiegene Anzahl von Pflichtprojekten: Beitragsanpassungen, gesetzliche Vorgaben und IDD-Konformitätsanforderungen binden erhebliche Ressourcen. Zentrale Bereiche wie IT und Marketing werden gleichzeitig von verschiedenen Produktlinien beansprucht.

Die laufenden IT-Transformationsprojekte verstärken den Ressourcenengpass zusätzlich. "Wir reden da ja über Projekte, die gehen wirklich über Jahre und verbrauchen einiges an Kapazitäten", beschreibt Sachsenweger die Situation in seinem Haus.

Wenn Theorie und Praxis nicht zusammen gehen

Ein Problem sieht der Versicherungsexperte in der Diskrepanz zwischen der Planung und tatsächlichen Ergebnissen. "Wenn man die Business Cases mal anguckt und dann mit den realisierten Produkten vergleicht, dann hat das ja häufig gar nichts miteinander zu tun."

Sachsenweger plädiert dafür, einen Teil des Budgets für experimentelle Projekte zu reservieren: "So ein Teil seines Budgets reserviert man für Themen, wo man sagt, jetzt pfeift mal auf den Business Case, wir glauben daran, und wir versuchen es einfach mal." Als Erfolgsbeispiel nennt er den ersten bKV-Budgettarif der Halleschen, der trotz unsicherer Kalkulationsbasis zum Markterfolg wurde.

Assekuradeure als strategische Option der Produktentwickler

"Assekuradeure sind für mich so ein bisschen die versteckten Perlen am Markt", erklärt Sachsenweger seine positive Einschätzung. Für kleinere Versicherer bieten sie die Möglichkeit, trotz begrenzter Eigenkapazitäten neue Produktfelder zu erschließen oder bestehende Sparten zu erweitern.

In Mannheim praktiziert man sowohl die proaktive Suche nach geeigneten Partnern als auch die Prüfung eingehender Anfragen. Entscheidend sei eine partnerschaftliche Herangehensweise: "Man muss sich wirklich auf Augenhöhe zusammensetzen, gemeinsam besprechen und auch die Prozesse beim Assekuradeur verstehen."

Risikokontrolle bleibt beim Versicherer

Trotz der Vorteile definiert Sachsenweger klare Grenzen für das Outsourcing: "Es gibt ein Thema, das darf ein Versicherer nie aus den Händen geben. Wir sind der Versicherer, wir sind der Risikoträger." Konkret bedeutet dies: "Was man nie aus den Händen geben darf und kann, sind Zeichnungsrichtlinien und Kalkulation."

Bei der Schadenbearbeitung verfolgt die Versicherungsgruppe einen stufenweisen Ansatz. Zunächst verbleibt diese beim Versicherer, um Erfahrungen zu sammeln und Kontrollmechanismen zu etablieren. Erst bei bewährten Kooperationen wird eine Übertragung erwogen.

Das gescheiterte Element-Modell dient als Negativbeispiel. Der Versicherer hatte sich als reiner Risikoträger positioniert und dabei nach Sachsenweger Ansicht zu viel Kontrolle abgegeben.

Kooperationsmodelle mit Assekuradeuren

Die INTER hat ein standardisiertes Verfahren für Assekuradeur-Kooperationen entwickelt. Dies umfasst monatlichen Datenaustausch, Systemzugriffe für Schadenprüfungen und die Verwendung von Verlustvorträgen statt direkter Verlustbeteiligung. "Das ist für uns so elementar wichtig, ein Vertrauen aufzubauen. Dass man wirklich ein gutes Gefühl hat miteinander."

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