Wenn der Maklerverkauf zum Fiasko wird

Im AssCompact Podcast "Stolpersteine beim Bestandsverkauf" sprechen zwei ausgewiesenen Experten über die Tücken der Bestandsübertragung: Dr. Frank Baumann, Fachanwalt für Versicherungsrecht bei Wolter Hoppenberg, und Dr. Hans-Georg Jenssen, ehemaliger geschäftsführender Vorstand beim BDVM. Die beiden Juristen berichten aus ihren Erfahrungen: Warum scheinbar gut geplante Maklerverkäufe oft spektakulär scheitern und wie Inhaber ihre wertvollsten Mitarbeiter und Kunden retten können.

Wenn sich der Prokurist selbstständig macht

"Der fähige Prokurist, der von den 50 größten Kunden 20 bis 25 betreut hat, sagt: Ich bin mit dieser Entwicklung nicht einverstanden. Er kündigt und macht sich selbstständig", warnt Jenssen vor einem Szenario, das viele Maklerinhaber kalt erwischt. Besonders brisant wird es, wenn Standorte geschlossen oder verlagert werden sollen. "Das führt dann dazu, dass diese Mitarbeiter gegenüber den Kunden ihren Frust deutlich machen und der Kunde schon verunsichert wird."

Die Gefahr potenziert sich bei ungünstigen Timing-Entscheidungen. "Die Gefahr für den Bestand ist natürlich größer, wenn die Übergabe nicht zum 1.1. stattfindet, weil sich da fast alle Verträge vorher verlängert haben, sondern zum 1.7.", erklärt der BDVM-Experte. In solchen Fällen sind Verträge "eher disponibel" und können leichter gekündigt werden.

Wenn das lokale Netzwerk bröckelt

Jenssen schildert ein besonders eindrückliches Beispiel aus der Praxis: "Viele Makler sind dann ganz überrascht, wenn sie mit ihrer Frau spazieren gehen und dann kommt die ehemalige Sekretärin und sagt: Chef, was du uns da angetan hast, das war ja grausam."

Die Reputation leidet massiv, wenn Beziehungen aus dem Tennis-, Hockey-Club oder Gemeinderat wegbrechen. "Das kann dazu führen, dass die Reputation und auch damit der Wert des Unternehmens beeinflusst wird", so Jenssen über die weitreichenden Folgen ungeschickter Personalführung bei Betriebsübergaben.

Die Zwei-Jahres-Regel: Warum kurze Übergaben scheitern

Beide Experten plädieren eindeutig für eine längere Begleitung durch den Veräußerer. "Der Zeitraum sollte nicht nur ein, zwei Monate betragen, sondern ein bis zwei Jahre", betont Jenssen. Besonders bei Firmenkunden ist diese kontinuierliche Betreuung entscheidend.

Baumann schildert die Dynamik: "Häufig ist es ja gerade bei älteren Inhabern so, die sprechen mit ihren Firmenkunden, die ähnlich alt sind, und dann kommt man und sagt: Das ist mein Nachfolger, Jungspund, 38 Jahre alt." Die Reaktion der Kunden kann verheerend sein, wenn plötzlich der Sohn des Firmeninhabers verkündet: "Maklerleistung schreibt man aus, gerne können Sie sich daran beteiligen."

Wenn Wettbewerber zum Angriff übergehen

Ein oft übersehener Aspekt ist die Reaktion der Konkurrenz. "Man muss auch die Mitwettbewerber vor Augen haben, die sowas natürlich dann auch ausnutzen können", warnt Jenssen. Diese gehen gezielt auf verunsicherte Kunden zu mit Botschaften wie: "Du hast dich damals für A entschieden, aber A hat jetzt so einen neuen, der kommt von so einem Großmakler - wie sieht es aus, hast du nicht Lust, zu uns zu kommen?"

Preisanpassungsklauseln als Damoklesschwert

Baumann weist auf die finanziellen Risiken hin, die durch Preisanpassungsklauseln entstehen: "Häufig wird gesagt, man übernimmt 100 Prozent und wenn nach einem Jahr ein Schwund von über 10 Prozent ist, dann erfolgt eine Anpassung." Solche Klauseln können den erhofften Verkaufserlös erheblich schmälern, wenn die Übertragung nicht reibungslos verläuft.

Offensiv kommunizieren statt Geheimniskrämerei

Trotz aller Risiken raten beide Experten zu einer offensiven Strategie. "Meine Empfehlung würde dahin gehen, Mitarbeiter möglichst frühzeitig einzubinden, um eine gewisse Sicherheit zu geben", so Jenssen. Baumann ergänzt: "Ich bin auch da immer ein Freund des offenen Wortes. Wenn man aktiv auf die Belegschaft zugeht, dann ist die Chance, dass man an einem Strang zieht, am Ende des Tages sehr groß."

Entscheidend ist dabei die Botschaft an Mitarbeiter und Kunden: "Ich lasse euch nicht alleine, ich achte darauf, dass es alles in vernünftige Hände übergeleitet wird. Es wird alles noch viel besser als unter mir."

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