Wirtschaft im freien Fall

Im bto Podcast mit Daniel Stelter bespricht Professor Stefan Kooths vom Kiel Institut für Weltwirtschaft in die Ursachen der deutschen Wirtschaftskrise. Seine bereits 2020 formulierte Warnung "Deutschland hat keine Teflon-Wirtschaft" erweist sich heute als prophetisch. Kooths weist auf politische Fehlentscheidungen  hin, die den systematischen Niedergang der deutschen Industrie befeuern und zeigt auf, dass der Staat nicht die Lösung, sondern das Problem ist.

Die Wirtschaft im Sinkflug

Seit sechs Jahren stagniert die Wirtschaft, 2023 und 2024 schrumpfte sie sogar. Die Industrieproduktion bricht ein, und deutsche Exporteure verlieren massiv Marktanteile. "So niedrig lag das Niveau der Industrieproduktion zuletzt in der Corona-Pandemie im Jahr 2020", zitiert Stelter die Commerzbank.

Die Bundesbank konstatiert einen dramatischen Verlust an Wettbewerbsfähigkeit: "Die deutschen Exportmarktanteile sind seit 2017 rückläufig und gerieten im Vergleich zu anderen fortgeschrittenen Volkswirtschaften seit 2021 zunehmend ins Hintertreffen." Mehr als drei Viertel der Exportmarktanteilsverluste zwischen 2021 und 2023 gingen auf verschlechterte Wettbewerbspositionen zurück.

Der Staat als Krisenverstärker

Professor Kooths macht deutlich: "Deutschland hat keine Teflon-Wirtschaft", an der alles abprallt. Die Politik wiegt sich in falscher Sicherheit, basierend auf vergangenen Erfolgen. "Wir haben uns weitestgehend ausgeruht auf dem Erfolg auch der damaligen Arbeitsmarktreformen, auch der Lohnmoderation. Das war erfolgreich, das hat Beschäftigung geschaffen. Nur droht jetzt eben eine Entwicklung, andere haben ja auch nicht geschlafen in der Zeit."

Die Automobilindustrie wird zum Paradebeispiel politischen Versagens. Kooths kritisiert scharf: "Das, was derzeit die Problematik im Fahrzeugbau so massiv verschärft, ist, dass wir hier Flottengrenzwerte definiert haben auf EU-Ebene, die jetzt in relativ kurzer Zeit eingehalten werden sollen und nur eingehalten werden können, wenn die Antriebskonzepte auf eine Form von Elektromobilität umgestellt werden."

Die Interventionsspirale dreht sich weiter

Was folgt, beschreibt Kooths als "lehrbuchhaft ein Beispiel für eine Interventionsspirale". Eine falsche Politikentscheidung führt zur nächsten: "Ganz am Anfang steht eine falsche Politikentscheidung und die können wir im Fahrzeugbau daran festmachen, dass nicht etwa fossile Brennstoffe unter das europäische Emissionshandelssystem genommen worden sind, sondern indem man sektorspezifische Emissionsziele formuliert hat."

Die Konsequenz: Der Staat subventioniert die Batterieproduktion mit über einer Milliarde Euro und diskutiert sogar die Teilverstaatlichung von Zulieferern. "Da sieht man in aller Deutlichkeit, wie so eine Interventionsspirale abläuft. Ganz am Anfang ein Fehler und um diesen Fehler wieder sozusagen in seinen Folgen abzuschwächen, werden dann lauter neue Maßnahmen ergriffen, die aber natürlich wieder weitere schädliche Nebenwirkungen haben."

Modern Monetary Theory: Alter Wein in neuen Schläuchen

Besonders kritisch sieht Kooths die Modern Monetary Theory: "Das ist fast schon eine Schizophrenie, die sich dort breitgemacht hat, zu sagen, eigentlich sind zwar Güter knapp, aber der Staat kann diese Knappheit in seinem eigenen Budget überwinden. Das ist natürlich Unfug."

Die EZB betreibe bereits "lupenreine monetäre Staatsfinanzierung", wie Kooths feststellt. Seine Alternative: "Die Alternative ist ein Schuldenschnitt. Das heißt, dass man sich der Überschuldungsposition tatsächlich bewusst wird und sie dann wieder auf tragfähige Füße stellt."

Bildung als Schlüssel

Zum Abschluss mahnt Kooths bessere Wirtschaftsbildung an. "Da ist viel Luft nach oben, um es mal sehr diplomatisch auszudrücken." Er warnt vor den Folgen falscher Lehrinhalte: "Wenn das am Ende das Ergebnis der Schulausbildung ist, dann haben die Schüler nicht nur nichts gelernt, dann haben sie sogar das Falsche gelernt."

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