In der neuen Folge des Versicherungsmonitor-Podcasts diskutieren die Redakteurinnen Nöthling und Krieger über die dramatischen Veränderungen im deutschen Maklermarkt. Dabei beleuchten sie, wie Konsolidierer die Branche umkrempeln, warum Investoren lieber Makler als Versicherer kaufen und welche Rolle künstliche Intelligenz beim Kampf gegen den Fachkräftemangel spielt.
Konsolidierer dominieren die Spitze
Das exklusive Makler-Ranking des Versicherungsmonitors zeigt einen klaren Trend: Vier der zehn größten Industrieversicherungsmakler Deutschlands sind mittlerweile Konsolidierer: Die GGW Group, Global, MRH Trowe und HBC. Zählt man Ecclesia und Howden dazu, die ebenfalls kräftig zugekauft haben, sind es sogar sechs von zehn.
Die Investoren setzen dabei verstärkt auf Makler statt auf Versicherer. "Sie glauben, dass man mit den Vermittlern mehr Geld verdienen kann", erklärt Krieger. Ein eindrucksvolles Beispiel liefert der aktuelle Verkauf: Die Global Gruppe soll trotz deutlich geringerer Größe für mindestens zwei Milliarden Euro den Besitzer wechseln, während die Nürnberger Versicherung nur 1,4 Milliarden Euro einbrachte.
Fragwürdige Bewertungen und unsichere Zukunft
Die hohen Preise werfen Fragen auf. Krieger zeigt sich skeptisch: "Ich kann mir durchaus vorstellen, dass sich im Nachhinein, vielleicht in ein paar Jahren, zeigt, dass die eine oder andere Maklergruppe zu hoch gegriffen hat." Die sinkenden Preise in der Industrieversicherung und die Herausforderungen bei der Integration der Zukäufe könnten zum Problem werden.
Auch die Exit-Strategien der Private-Equity-Investoren sind unklar. Mit einem typischen Investitionshorizont von fünf Jahren stellt sich die Frage, wer künftig noch die finanziellen Mittel hat, Milliardensummen für Maklergruppen aufzubringen. Börsengänge funktionieren derzeit nicht gut, und ob weitere Private-Equity-Investoren bei solchen Summen einsteigen, bleibt fraglich.
Der Kunde zahlt die Zeche
Die wachsende Marktmacht der Großmakler sehen nicht alle positiv. Bernd Helmsauer, Chef der gleichnamigen Maklergruppe, vertrat auf der Vermittlermesse DKM die These: "Am Ende zahlt die Zeche der Kunde." Während Industriekunden und Mittelstand sich noch wehren könnten, wären Privatkunden die Verlierer dieser Entwicklung.
Assekuradeure auf dem Vormarsch
Ein bemerkenswerter Trend zeigt sich bei den Assekuradeuren, die auch als Managing General Agents (MGAs) bezeichnet werden. Das von europäischen Assekuradeuren gemanagte Prämienvolumen stieg zwischen 2019 und 2024 jährlich um 23 Prozent auf mittlerweile 18 Milliarden Euro. Diese Assekuradeure entwickeln eigene Produkte und erhalten von Versicherern Zeichnungsvollmachten.
Die Ratingagentur S&P warnt allerdings vor einer zu starken Abhängigkeit. Ohne ausreichende Kontrolle und bei unterschiedlichen strategischen Ausrichtungen zwischen Rückversicherer und Assekuradeuren könnten sich Versicherer nämlich erhöhte Risiken einhandeln, die ihre Erträge, ihre Reputation und ihre Bonität gefährden.
KI als Hoffnungsträger gegen Fachkräftemangel
Beim Großmakler-Dinner der Süddeutschen Zeitung in München dominierte überraschend das Thema Künstliche Intelligenz. Mit den in Rente gehenden Babyboomern und der geringen Attraktivität der Branche für junge Talente steht die Versicherungswirtschaft unter enormem Druck. Andrea Brock, Deutschlandchefin von MSIG Europe, kritisierte, dass die Branche dieses Problem "mental vor sich wegschiebt".
Die Investitionen in KI sind gewaltig: Hartmuth Kremer-Jensen von Aon berichtete von einer Milliarde Dollar, die der Konzern in Technologie investiert. Nepomuk Loesti von Gallagher Europe warnt: "Der typische Spezialmakler, der unglaublich viel Know-how hat, Erfahrung, Kontakte, aber in der IT halt total schlecht ist, der wird verlieren."
Uneinigkeit über die Zukunft
Interessanterweise gibt es auch Gegenstimmen zur Konsolidierungsthese. Dr. Sven Erichsen, der 2022 sein Maklerunternehmen verkaufte, überrascht mit der Aussage: "Wenn die KI damals schon so weit gewesen wäre, dann hätte er vielleicht gar nicht verkauft." Die Branche ist sich einig über die Probleme, aber bei den Konsequenzen und Lösungen scheiden sich die Geister.



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