Beratungsdokumentation - Versicherungsvermittlung
Beratungs- und Dokumentationspflicht
Nach dem Gesetz sind im Falle einer zustande gekommenen Vermittlung die Wünsche und Bedürfnisse des
Kunden, die wesentlichen Inhalte der Beratung und der sich daraus ergebende Rat sowie die Entscheidung des
Kunden zu dokumentieren - siehe § 61 Abs. 1 WG iVm. Art. 12, Abs. 3 in Verbindung mit Art. 13 der Vemittlerrichtlinie (2002/92/EG).
Struktur der Beratungsdokumentation
Anlass der Beratung
Zunächst ist der Anlass der Beratung festzuhalten, also die Frage, warum der Beratungskontakt zustande gekommen ist.
Die Wünsche und Bedürfnisse des Kunden
Der Versicherungsvermittler hat den Kunden nach seinen Wünschen zu befragen. Die Wünsche sind festzuhalten.
Den (tatsächlichen) Kundenbedarf erfassen
Der Vermittler hat den Kunden nach seinen Bedürfnissen zu befragen. Gefordert ist damit die Ermittlung des objektiven Bedarfs. Der Bedarf an Versicherungsschutz ergibt sich aus der Risikosituation des Kunden. Der Umfang der Fragepflicht richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, u. a. den Vorkenntnissen des Kunden und der Komplexität der betreffenden Versicherungsmaterie.
Beispielsweise wünscht der Kunde eine Hausratversicherung, damit er, wie er sagt, abgesichert ist, wenn seine Waschmaschine ausläuft und die Mieträume unter seinen Räumen beschädigt werden. Tatsächlich benötigt er für diesen Fall eine Privathaftpflichtversicherung.
Bei (Versicherungs-) Anlageprodukten muss der Kunde seit dem 02.08.2022 zusätzlich nach seinen Wünschen für die Nachhaltigkeit seiner Anlage befragt werden („Nachhaltigkeitspräferenzen“).
Beratungsverlauf
Auf Grundlage des Zusammenwirkens von Beratungsanlass, Kundenwünschen und Kundenbedarf erfolgt die Beratung.
Die wesentlichen Eckpunkte des Beratungsverlaufs sind zu dokumentieren (z. B. die Ermittlung des in der Hausratversicherung benötigten Deckungsumfangs). Ferner ist ggf. zu dokumentieren, warum Lösungen nicht in Betracht kommen (z. B. wenn bei der Arbeitskraftabsicherung auf Grund von Vorerkrankungen keine Berufsunfähigkeitsversicherung abgeschlossen werden kann oder der Kunde eine angesprochene Absicherungsmöglichkeit ablehnt).
Wird der Kunde nur bezüglich eines Ausschnittrisikos beraten, ist dies mit ihm zu vereinbaren und eindeutig zu dokumentieren.
Eine Beratung muss nicht zwingend in einem einheitlichen Beratungsgespräch durchgeführt werden, sondern kann auch in mehreren Abschnitten erfolgen. Die Beratungsschritte werden dann zunächst isoliert festgehalten (Aufzeichnungen, Empfehlungen, Erläuterungen o.ä.). In der abschließenden Beratungsdokumentation wird alles zusammengefasst und dem Kunden übermittelt, ggf. unter Bezugnahme auf Bestandteile, die dem Kunden schon ausgehändigt wurden.
Rat und Begründung
Der Versicherungsvermittler empfiehlt einen bestimmten Vertrag und benennt die Gründe dafür. Dieses ist zu dokumentieren.
Zum Umfang der Begründung des abgegebenen Rats gibt es keine gesetzlichen Vorgaben. Nach dem Sinn der Beratungs- und Dokumentationspflichten soll der Kunde eine Information erhalten, mit der er später nachvollziehen kann, warum er welche Kaufentscheidung getroffen hat.
Dabei gelten für Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler unterschiedliche Begründungsanforderungen. Ein Ausschließlichkeitsvermittler muss nur über das Produkt seines Unternehmens informieren und nicht begründen, warum er einen Versicherungsvertrag seines eigenen Unternehmens empfiehlt.
Beim Versicherungsmakler ist dagegen die Votierung für ein bestimmtes Versicherungsunternehmen ein entscheidender Punkt. Er muss daher seine Empfehlung vor allem unter Berücksichtigung von Preis und Leistung einschließlich aller für den Kunden relevanten Kriterien begründen.
(Abweichende) Kundenentscheidung
Die Kundenentscheidung ist zu dokumentieren. Dazu gehört insbesondere die Entscheidung, Empfehlungen des Versicherungsvermittlers nicht zu folgen und warum dies der Fall ist.
Falls der Kunde einen bestimmten Versicherer ausdrücklich wünscht, sollte dies ebenfalls dokumentiert werden (Der Kunde wünscht ausdrücklich diesen Versicherer/Tarif).
Anlagen
Alle Anlagen sind in der Beratungsdokumentation zu nennen. Es ist zu empfehlen, alle Unterlagen zur Risikoanalyse der Beratungsdokumentation beizufügen.
Aushändigung und Unterschrift
Jeder Vermittler muss die Beratungsdokumentation dem Kunden vor Abschluss des jeweiligen Vertrages übermitteln. Es empfiehlt sich, die Dokumentation vom Kunden unterschreiben zu lassen. Auch empfiehlt es sich, einen Nachweis zur Übermittlung der Beratungsdokumentation zu erhalten. Das OLG Karlsruhe hat in seinem Urteil vom 7.12.2021 (9 U 97/19) dazu folgendes klargestellt:
“Eine (mögliche) Absendung der Beratungsdokumentation reicht zum Nachweis des Zuganges nicht aus. Es ist nicht nachgewiesen, dass der Kläger die vorgelegte Beratungsdokumentation erhalten hat. Da eine rechtzeitige Übermittlung der vorgelegten Beratungsdokumentation nicht nachgewiesen ist, ist für die Entscheidung des Senats vom Fehlen einer ordnungsgemäßen Beratungsdokumentation auszugehen.”
Quellenhinweis
Arbeitskreis Beratungsprozesse. Dort finden Sie weitere Hinweise zum Thema und ein Muster für eine Beratungsdokumentation.