Zeitwertkonten - handelsrechtliche Rahmenbedingungen


Das Handelsrecht kennt keine konkreten Vorschriften für die Behandlung der Verpflichtungen aus Zeitwertkonten. Es fordert aber generell für Verpflichtungen des Arbeitgebers, die von der Fälligkeit und auch der Höhe nach ungewiss sind, einen Ausweis der Rückstellungen in der Bilanz (§§ 246, 249 HGB). Eine solche Ungewissheit besteht bei den Zeitwertkontenvereinbarungen, denn in der Regel sind weder der Zeitpunkt der Auszahlung des Lohns/Gehaltes in der Freistellungsphase noch die Höhe bekannt, da er von Lohnerhöhungen oder Kapitalerträgen abhängen kann. Auch die möglichen Nebenleistungen, wie die Sozialversicherungsbeiträge müssen dabei berücksichtigt werden. Einzig steht fest, dass spätestens bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Schuld beglichen werden muss.

Für die handelsrechtliche Bilanzierung liefern somit nur die Verlautbarungen des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW) und die Auffassungen des Bundesministeriums für Finanzen Anhaltspunkte.

Die Auffassung des IDW wird in der Praxis beachtet. Nach deren Verlautbarung ist für die Rückstellungsbildung der Verpflichtung der Barwert anzusetzen. Wobei keine konkreten Aussagen z. B. zum Abzinsungssatz oder der Annahmen zu den Lohn-/Gehaltssteigerungen getroffen werden.

Die handelsrechtlich erforderliche Rückstellung (der Erfüllungsrückstand) wird Stück für Stück über die Jahre aufgebaut. Im Wirtschaftsjahr zum einen um die Wertveränderung der gebildeten Wertguthaben und die in der Barwertberechnung erhaltenen Zinsanteile. Zum anderen um die Barwerte von weiteren Entgeltgutschriften. Am Beginn der Freistellungsphase hat dann die Rückstellung eine Höhe erreicht, die ausreichen sollte, sämtliche Aufwendungen für den Arbeitnehmer zu erbringen. Ab dem Zeitpunkt der Entnahme reduziert sich der Rückstellungswert wieder. Einige Wirtschaftsprüfer vertreten dagegen die Meinung, dass kein Grund für eine Abzinsung vorläge, da es sich um Verbindlichkeitsrückstellungen handele.

Nach dem Maßgeblichkeitsprinzip darf steuerlich keine höhere Rückstellung in der Bilanz ausgewiesen werden, als handelsrechtlich bilanziert wird.

Damit sollen die bereits zuvor erläuterten Punkte, die für die Rückstellungsbildung in der Steuerbilanz gelten, auch bei der Handelsbilanz berücksichtigt werden. Z. B. fordert das BMF für den Erfüllungsrückstand eine Rückstellungsbildung auf das nicht ausgezahlte Gehalt und die darauf entfallenden Sozialversicherungsbeiträge. Darüber hinaus die gesonderte Rückstellungsbildung für die durch eine zugesagte Verzinsung entstehende Erhöhung des Wertguthabens. Die Rückstellungen sind nicht abzuzinsen, wenn eine solche Zusage auf Verzinsung auch tatsächlich gewährt wird. Wie bereits im Kapitel 4.2.3 Steuerrechtliche Rahmenbedingungen beim Arbeitgeber erläutert, werden in der Regel bei Zeitwertkontenvereinbarungen solche Verzinsungen gewährt und eine Abzinsung aus steuerlicher Sicht bei der Rückstellung wird nicht vorgenommen.

Exkurs: Maßgeblichkeitsprinzip

Nach diesem Prinzip ist für die steuerliche Gewinnermittlung für Gewerbetreibende die nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung erstellte Handelsbilanz maßgeblich (§ 5 EStG). Das heißt, die Ansätze der Handelsbilanz für die Steuerbilanz sind bindend, soweit nicht steuerliche Vorschriften zu beachten sind. Soweit Vorschriften der Handelsbilanz den steuerlichen Spezialvorschriften widersprechen, sind diese entsprechend zu korrigieren. Die Nutzung steuerlicher Vorteile setzt einen entsprechenden Ansatz in der Handelsbilanz voraus (umgekehrte Maßgeblichkeit).

Verbinden der Wertguthaben mit der bAV

Durch das Wahlrecht zwischen Freistellung und betrieblicher Altersversorgung in der Zeitwertkontenvereinbarung ändert sich für die handelsrechtliche Bilanzierung nichts, solange das Wahlrecht nicht ausgeübt wird. Das ergibt sich aus dem Vorsichtsprinzip des § 252 HGB. Deshalb kann auch dem Vergleich der Rückstellungen wie bei der steuerlichen Betrachtung beschrieben, aus handelsrechtlicher Sicht nicht unbedingt gefolgt werden. Da das Wahlrecht der Zeitwertkontenvereinbarung sehr unterschiedlich gestaltet sein kann, muss für eine zutreffende Darstellung in der Handelsbilanz eine eingehende Analyse der Zeitwertkontenvereinbarung erfolgen. Werden die Wertguthaben an die Entwicklung von Kapitalanlagen, wie z. B. einer Wertpapieranlage angepasst, müssen nach deutschem Handelsrecht das Vermögen aus der Kapitalanlage und der Erfüllungsrückstand getrennt erfasst und bewertet werden. Dabei werden die Verpflichtungen des Erfüllungsrückstandes nach den Regelungen der Zeitwertkontenvereinbarung bewertet, z. B. ist das der Marktwert der Kapitalanlage und das Vermögen mit den Anschaffungskosten nach dem Niederstwertprinzip.

Als Konsequenz aus den unterschiedlichen Bewertungsansätzen ergeben sich in der Bilanz wirtschaftliche Belastungen des Unternehmens, die aber in der Realität nicht in dieser Form vorhanden sind. Das liegt daran, dass der Ansatz der Verpflichtungen in der Regel höher als der Ansatz des Vermögens ist und der Unterschiedsbetrag einen Aufwand für das Unternehmen bedeutet. Erst wenn die stillen Reserven aus der Kapitalanlage durch den Verkauf des Vermögens ertragswirksam aufgelöst werden, wird dies ausgeglichen.

Bilanzierung nach IAS/IFRS

Inzwischen wird die Bilanzierung nach internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen auch für Unternehmen in Deutschland immer wichtiger. Nach einer Verordnung der Europäischen Union (EU) müssen Konzerne, die EU weit tätig sind und deren Wertpapiere an den Börsen der EU gehandelt werden, seit dem Jahr 2005 eine Konzernbilanz nach den internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen IAS/IFRS erstellen. Deshalb wird hier kurz auf diese eingegangen:

IAS/IFRS

Im Unterschied zum deutschen Handelsrecht kennen die Grundsätze nach IAS/IFRS vielfältige Einzelregelungen für die Bilanzerstellung. Deshalb muss entschieden werden, welche Bilanzierungsvorschrift angewendet wird, die die Situation am ehesten wiederspiegelt.

Für den Erfüllungsrückstand muss auch nach den internationalen Rechnungslegungsgrundsätzen eine Rückstellung gebildet werden.

Grundsätzlich kann die Bilanzierungsvorschrift für Rückstellungen, Eventualschulden und Forderungen IAS 37 angewendet werden. Da es eine Spezialvorschrift IAS 19 gibt, die neben der Erfassung sämtlicher Leistungen von Arbeitgebern an Arbeitnehmer, auch sonstige lang laufende Leistungen regelt, findet diese Anwendung. Unter diese Vorschrift fallen nämlich langfristige Urlaubs- oder Freizeitansprüche.

Ähnlich wie bei der deutschen Rechnungslegung ergibt sich die Höhe der Rückstellung als Barwert. IAS 19 lässt hierbei, nach Ansicht von Experten, vereinfachend zu, das Zeitwertkonto mit seinem Nominalwert zu bilanzieren. Dies kann sich in der Praxis aus einem nahezu ausgleichenden Effekt der Abzinsung auf der einen Seite und einer Leistungsdynamik auf der anderen Seite ergeben.

IAS 19 lässt eine Saldierung der Rückstellungen mit dem Marktwert von Vermögen, das ausschließlich zur Begleichung der Verpflichtungen verwendet werden darf, generell zu. Das Vermögen muss allerdings als Planvermögen (plan assets) qualifiziert werden. Die speziellen Voraussetzungen an die eine solche Qualifizierung gebunden sind, beziehen sich vor allem auf die Sicherung und Aussonderung des Vermögens aus der Unternehmenssphäre. Oft wird es daher keinen Bilanzausweis geben, wenn sich das Wertguthaben an einer gesicherten Vermögensanlage orientiert und die Rückstellung dem Marktwert des Vermögens entspricht.

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