Neues bAV-Recht wirft Schatten voraus

Um die Rentenlücke dauerhaft zu verkleinern, muss die betriebliche Altersversorgung (bAV) mittelfristig 25 bis 30 Prozent der Alterseinkünfte ausmachen, schätzt der Kronberger Dialog Zukunftsvorsorge, eine neue Initiative von Fidelity Deutschland. Bisher seien es etwa vier Prozent. Eine Reihe von Neuregelungen könnte für einen Aufschwung und noch mehr Sicherheit sorgen.

Arbeitnehmer haben das Recht auf Betriebsrente per Gehaltsumwandlung. Der Staat fördert dies durch den Verzicht auf Steuern und Sozialversicherungsbeiträge. Bis zu vier Prozent der jährlichen Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung können Beschäftigte in eine Pensionskasse, Pensionsfonds oder eine Direktversicherung überweisen. 2012 steigt der förderfähige Betrag bundeseinheitlich um 48 Euro auf 2.688 Euro (siehe früherer Artikel).

Wegen der anhaltend niedrigen Zinsen wird der Rechnungszins für ab 2012 neu abgeschlossene Lebens- und Rentenversicherungen von 2,25 auf 1,75 Prozent verringert. Die Absenkung betrifft auch bAV-Riester-Policen, Direktversicherungen und Pensionskassen-Verträge, aber auch Rückdeckungs-Versicherungen. Die Gesamtleistung bleibt in aller Regel gleich; es ergibt sich lediglich eine Verschiebung vom Garantiezins in Richtung Überschussbeteiligung. Über die unterschiedlichen Laufzeiten liegt der durchschnittliche Garantiezins im Bestand heute bei etwa 3,4 Prozent im Marktdurchschnitt.

Für Versorgungszusagen, die 2012 erteilt werden, gilt regelmäßig das 62. Lebensjahr als Untergrenze bei altersbedingtem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben (laut BMF-Schreiben vom 31. März 2011). Bei der bAV gibt es Leistungen dann also nicht erst ab 62. Geburtstag, sondern schon früher: ab „62. Lebensjahr“. Wer noch 2011 Verträge zur Entgeltumwandlung einreicht, ermöglicht es seinen Kunden, Leistungen ab 60. Lebensjahr in Anspruch zu nehmen. Zivilrechtlich gilt der Vertrag noch 2011 abgeschlossen, wenn der Versicherungsschein noch 2011 ausgestellt wurde oder der Versorgungsträger dem Arbeitnehmer bzw. Firmenchef bis Silvester eine Annahmeerklärung zugehen lässt (siehe auch früherer Artikel). 

Spätestens ab 21. Dezember 2012 müssen Lebensversicherer und Pensionskassen im Neugeschäft Unisex-Tarife anbieten (siehe früherer Artikel). Die Entscheidung hat Auswirkungen auch auf die bAV für Männer, denn die zahlten bislang wegen ihrer geringeren Lebenserwartung niedrigere Beiträge als Frauen. Gleichwohl achtet die Versicherungsaufsicht BaFin bei regulierten Pensionskassen schon jetzt auf Unisex-Tarife. So muss die Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL) im Neugeschäft der freiwilligen Zusatzversorgung des Öffentlichen Dienstes bereits zum 1. Januar 2012 Unisex-Tarife einführen. Betroffen sind die beiden Tarife der freiwilligen Versicherung, mit denen Öffentlich Bedienstete eine Riester-Rente oder Betriebsrente durch Entgeltumwandlung ansparen können.

Unisex-Tarife haben auch Folgen für den bAV-Bestand. Wer als Mann bereits eine Entgeltumwandlung hat oder 2012 neu abschließt, muss damit rechnen, die garantiert zugesagte Rente nicht mehr in voller Höhe zu bekommen. Grund: Ab 2013 dürften geschlechtsunabhängige Renten berechnet werden, die für Männer niedriger ausfallen. Dann greift womöglich die Arbeitgeberhaftung. Der Ausweg für Vermittler ist noch unklar. Denkbar: die rechnerische Aufteilung der Leistungszusage in zwei verschiedene Rentenstämme – vor und nach dem 21. Dezember 2012.

Eine andere Herausforderung für Vermittler: Zum 1. Januar 2012 stellt die Winsecura Pensionskasse das Neugeschäft ein. Der AXA-Konzern verfügt seit der Fusion mit der DBV-Winterthur über zwei Pensionskassen, die Winsecura und die Pro bAV. Lediglich in Firmen, die bereits Gruppenverträge mit Winsecura unterhalten, können neue Arbeitnehmer eine Versorgungszusage erhalten. Neue Gruppenverträge gibt es aber nicht mehr. Winsecura ist die deutlich kleinere der beiden Pensionskassen im AXA-Konzern. Früher oder später dürfte es aus Kostengründen zur Zusammenlegung beider Bestände in der Pro bAV kommen.