Finanznorm betroffen: EuGH-Urteil verändert Normenwelt

Indirekt betrifft das Urteil auch die Finanzdienstleistungsbranche. Denn das Deutsche Institut für Normung DIN ist auch für die Normung im Finanzbereich zuständig. Die Finanzbranche wollte damit einer möglichen zukünftigen Regulierung durch die EU zuvorkommen. Die Finanznorm DIN 77230 regelt, wie eine gute Finanzanalyse für Privathaushalte auszusehen hat.

Norm-Dokumente sind teuer: Die DIN 77230 "Basis-Finanzanalyse für Privathaushalte" kostet 197,50 Euro.

Nun hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein Urteil gefällt, das auch Auswirkungen auf die Finanznorm haben wird. Viel schwerer wird es aber kleine Unternehmen anderer Branchen treffen, die ihre Dienstleistungen auf dem Weltmarkt anbieten: Das Urteil fordert den freien Zugang zu europäisch harmonisierten Normen. Geklagt hatte ein amerikanischer Aktivist, der sich für den freien Zugang zu Gesetzen und Normen einsetzt.

Und bei den Normungsinstitutionen wie dem Deutschen Institut für Normung (DIN) und dem Verband Deutscher Elektrotechniker (VDE) herrscht bereits Panik, denn das Urteil stellt die traditionellen Finanzierungs- und Arbeitsstrukturen dieser Organisationen in Frage. Denn Normen sind teuer, eine einzelne Norm kann bis zu 450 Euro kosten, jede Aktualisierung muss neu erworben werden. Das EuGH-Urteil könnte nun einen Wendepunkt darstellen, denn die Richter erklärten, dass harmonisierte Normen in der EU "Teil des Unionsrechts" sind und daher jedermann frei zugänglich sein müssen.

Das Problem ist, dass der Gesetzgeber die privatwirtschaftlich erstellten Normen in seine Gesetze aufgenommen hat. Der Normer verlangt natürlich zu Recht Geld für seine Arbeit. Wenn der Gesetzgeber die Norm im Gesetz haben will, dann muss er dafür sorgen, dass sie frei zugänglich ist und den Normer entsprechend entlohnen. In den USA machen das Behörden wie z.B. die FAA. Dort sind es staatliche Organisationen, die einerseits Normen erstellen und veröffentlichen, also das Geschäft von DIN und ISO betreiben. Sie sind auch für die Zulassungen zuständig, also das Geschäft der staatlichen Überwachung wie TÜV und Dekra.

Wie auch immer die Organisationsform in Deutschland aussehen wird, Veränderungen sind durch das Urteil praktisch vorprogrammiert.