Was einen erfolgreichen Vertrieb von einem mittelmäßigen unterscheidet, sind die Stückkosten pro Beratung und die laufenden Kosten pro gewonnenem Kunden. Es geht also immer um die drei großen Hebel: Anzahl der Abschlüsse, Umsatzpotenzial (Kundenwert) und Betreuungsaufwand der lebenden Verträge (inkl. Schadenbearbeitung und Technik).
Die Effizienz und Profitabilität eines Finanzvertriebs in diesen Bereichen wird maßgeblich von strategischen Entscheidungen beeinflusst. Im Folgenden sollen drei dieser zentralen Entscheidungspunkte näher betrachtet werden: Die Wahl zwischen standardisierter Kundenanalyse und freier Expertenentscheidung, die Steuerung des Vertriebs über Einheits- oder Differenzprovisionssysteme sowie die Frage nach dem Einsatz komplexer oder einfacher Verwaltungssoftware.
Standardisierte Kundenanalyse und Abschlussstrecke vs. freie Expertenentscheidung des Vermittlers
Ein elementarer Bestandteil des Finanzvertriebs ist der Beratungs- und Abschlussprozess. Dabei steht die Frage im Vordergrund, ob der Analyse- und Beratungsprozess durch standardisierte Software/Prozesse gesteuert werden soll oder ob dem Vermittler mehr Entscheidungsfreiheit eingeräumt werden soll. Diese Entscheidung beeinflusst sowohl die Qualität der Beratung als auch die Effizienz des gesamten Vertriebsprozesses.
Dies beginnt bereits bei der Frage, ob der Vertriebsmitarbeiter auf Seiten der Gesellschaft direkt rechnen darf oder einen Vergleichsrechner verwenden muss.
Standardisierte Kundenanalyse und Abschlussstrecke
Eine standardisierte Vorgehensweise zielt darauf ab, durch vorgegebene Abläufe und Werkzeuge eine gleichbleibende Beratungsqualität zu gewährleisten. Durch den Einsatz von Software, die z.B. den Bedarf des Kunden anhand vorgegebener Kriterien ermittelt, wird der Beratungsprozess stark strukturiert. Dies hat den Vorteil, dass auch weniger erfahrene Berater eine hohe Abschlussquote erreichen können, da die Komplexität des Beratungsprozesses reduziert wird.
Zudem kann sichergestellt werden, dass alle Daten, die das Unternehmen benötigt, in einem System des Unternehmens vorhanden sind (wichtig für Cross-Selling und Bestandsabfragen). Zudem lassen sich standardisierte Prozesse leichter skalieren, was insbesondere bei größeren Vertrieben zu höheren Effizienzgewinnen führt. Für den Vertrieb bedeutet dies planbare Umsätze und eine bessere Kontrolle über die Qualität der erbrachten Leistungen.
Dem steht jedoch gegenüber, dass insbesondere ältere Vertriebsmitarbeiter darauf bestehen, bereits das beste Beratungskonzept zu verwenden. Generell erfordert die Einführung standardisierter Prozesse ein umfassendes Change Management, das die Mitarbeiter abholt. Selbst dann noch wird es zu starken internen Reibungen kommen.
Ebenso kann es sogar zu Lasten der Produktqualität gehen, da der Beratungsprozess zwar umfassender und weniger fehleranfällig ist, die Prozessabläufe aber auf Vergleichern basieren und diese nicht jedes Merkmal in einem Bedingungswerk berücksichtigen können.
Freie Expertenentscheidung
Dem gegenüber steht das Modell der freien Entscheidung des Beraters. Hier wird dem Experten mehr Autonomie im Beratungsprozess und bei der Antragstellung bzw. Produktauswahl eingeräumt. Dadurch kann er besser auf die Kundensituation abgestimmte Tarifentscheidungen treffen. Dies kann insbesondere bei komplexeren Produkten oder anspruchsvollen Kunden von Vorteil sein, da der Berater flexibler auf die jeweiligen Bedürfnisse eingehen kann.
Ein freier Beratungsprozess ermöglicht eine maßgeschneiderte Lösung, birgt aber auch das Risiko einer inkonsistenten Beratungsqualität und einer geringeren Effizienz, da der Zeitaufwand pro Kunde stark variieren kann. Zudem verhindert er die Nutzung von Standardprozessen und erzeugt Medienbrüche, die zu einem deutlich höheren Mehraufwand im Backoffice führen (Woher kommt dieser Antrag? Wer ist dieser Kunde?).
Gleichzeitig besteht hier ein höheres Haftungspotenzial, da die Beratungsdokumentation unzureichend sein kann oder bestimmte Punkte einfach weggelassen oder "gemogelt" werden. Zudem wird die Analyse dem Berater "überlassen" und entzieht sich dem Einflussbereich des Unternehmens.
Auswirkungen auf den Vertriebsgewinn
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht lässt sich festhalten, dass standardisierte Prozesse tendenziell zu einer höheren Effizienz und geringeren Kosten pro Abschluss führen. Dies wirkt sich positiv auf die Margen aus, da durch höhere Abschlusszahlen die Fixkosten besser gedeckt werden können. In hochspezialisierten oder individualisierten Vertrieben kann die Entscheidungsfreiheit der Experten jedoch zu einem höheren Kundenvertrauen und damit zu mehr Einzelabschlüssen führen, was in diesem Fall ebenfalls den Gewinn steigern kann.
Auswirkungen in der Vertriebssteuerung: Einheitensystem vs. Differenzprovision
Ein zweiter wesentlicher Aspekt der Vertriebssteuerung ist die Wahl des Provisionsmodells, das die Ausrichtung der Bemühungen der Berater und die dem Vertrieb zur Verfügung stehenden Instrumente wesentlich beeinflusst. Hier konkurrieren mit der Einheiten- und der Differenzprovision zwei etablierte Modelle.
Beide sind mit unterschiedlichen Kosten, Verwaltungsaufwand und auch Umsatzpotenzialen verbunden.
Differenzprovision
Das Standardmodell der prozentualen Beteiligung mit anschließender prozentualer Verteilung über die Struktur ist einfach zu verstehen und zeigt allen Beteiligten fair die Gesamteinnahmen eines Produktes auf. Gleichzeitig setzt dieses System aber auch weniger Leistungsanreize und macht die Nachkontrolle der Provision, insbesondere im LV- und Finanzvermittlungsbereich, für alle Vermittler komplexer.
Denn hier muss der Vermittler vor allem in den Zwischenstufen wissen, wie hoch die zu erwartende Provision ist (bzw. diese aus der BWS und den Produktkonditionen errechnen) und wie viel für ihn in seiner Stufe bei Vorgängern und Nachfolgern übrig bleibt. Die Möglichkeiten der Vertriebssteuerung sind eher begrenzt.
Einheitensystem
Beim Einheitensystem erhalten alle beteiligten Berater für den Verkauf eines Produktes die gleiche Anzahl an Einheiten. Wie viele Einheiten ein Vertrag generiert, wird über einen Schlüssel (Teiler/Faktor) und der BWS errechnet. Je nach Rang des Vermittlers erhält dieser einen unterschiedlichen Eurobetrag pro Einheit.
- Dieses Modell bietet eine gute Steuerung des Produktabsatzes und ermöglicht den Vermittlern eine schnelle Berechnung der Provision (Euro pro Einheit mal Einheiten = erhaltene Provision).
- Außerdem verschleiert es die Höhe der Gesamtprovision, da die Einheiten über einen Schlüssel berechnet werden, in dem die erwartete Provision (in Prozent) enthalten ist.
- Steigende Gemeinkosten können leichter einbehalten werden, da nicht alle Konditionen des Beraters angepasst werden müssen. Bei einer prozentualen Provisionsverteilung hingegen erhöht sich automatisch der Umsatz für alle Beteiligten. Ist eine Ausschüttung gewünscht, kann der jeweilige Einheitenberechnungsschlüssel (Teiler/Faktor) angepasst werden, auch hier sind keine Änderungen der Beraterkonditionen notwendig.
Für Vertriebe, die auf standardisierte Produkte setzen - z.B. aufgrund vorteilhafter Provisionsvereinbarungen mit bestimmten Produktgebern - ist das Einheitensystem eine gängige Wahl. Denn über den Teiler/Faktor lässt sich gut steuern, wie viel Provision nach unten fließt (also wie viele Einheiten generiert werden).
Die Vertriebsmitarbeiter entwickeln schnell ein Gefühl dafür und konzentrieren sich auf bestimmte Produkte. Eine gute Abrechnungssoftware für Einheitensysteme gibt es z. B. von codie.com
Wirtschaftliche Implikationen
Das Einheitensystem führt zu einer stabilen und vorhersehbaren Provisionsstruktur, die den Vertriebsleitern eine gute Kontrolle über die Vermittlung ermöglicht. Dies führt dazu, dass Vermittlern mit einem Einheitenssystem in der Regel umsatzstärker sind als solche mit einem Differenzprovisionssystem.
Letzteres überträgt die Verantwortung für eine ertragsorientierte Vermittlung auf den einzelnen Vermittler, so dass die Vertriebsleistung und der Kunde möglicherweise nicht optimal bedient werden. Insbesondere dann, wenn der Produktfokus des Beraters nicht mit den Bedürfnissen des Kunden oder des Unternehmens übereinstimmt.
Einsatz von komplexer Verwaltungssoftware vs. einfacher Software
Ein letzter, aber nicht minder wichtiger Punkt betrifft die Wahl der im Vertrieb eingesetzten Verwaltungssoftware. Hier geht es vor allem um die Möglichkeiten der Abrechnung und der internen Verwaltungsabläufe, aber auch um die Benutzerfreundlichkeit für die Berater.
Komplexe Verwaltungssoftware
Der Einsatz einer komplexen Verwaltungssoftware (viele Funktionen, dadurch unübersichtlich und wenig intuitiv) ermöglicht eine weitgehende Automatisierung von Prozessen, die sonst zeitaufwändig manuell durchgeführt werden müssten. Auch hier gibt es unterschiedliche Grade, wie viel Freiheit die Prozesse zulassen, manchmal ist sogar die Anzahl der Prozessschritte begrenzt oder was als Auslöser verwendet werden kann.
Solche Systeme können verschiedene Aufgaben automatisieren, von der Kundenbetreuung bis hin zu detaillierten Reportingfunktionen. Die Vorteile liegen in einer hohen Effizienz, weniger Fehlerquellen und einem insgesamt höheren Automatisierungsgrad. Gleichzeitig erfordert komplexe Software dediziertes Personal, das sich in die Software einarbeiten muss, und ist in der Regel aufwändiger in der Erstkonfiguration.
Insbesondere im Backoffice werden Mitarbeiter mit den richtigen Fähigkeiten benötigt, um die Vorteile der Software nutzen zu können. Gutes Personal ist heutzutage schwer zu finden.
Einfache Verwaltungssoftware
Einfache Softwarelösungen haben den Vorteil, dass sie in kürzerer Zeit implementiert werden können. Sie erfordern auch weniger Schulungsaufwand für den Innendienst und die Vermittler und bieten eine benutzerfreundliche Oberfläche mit wenigen, aber übersichtlichen Funktionen.
Diese Vorteile gehen jedoch zu Lasten der Effizienz: Viele Prozesse müssen weiterhin manuell durchgeführt werden oder bestimmte Anforderungen werden überhaupt nicht unterstützt. Dies kann zu erheblichem Mehraufwand im Backoffice führen. Insbesondere bei wachsenden Vertrieben kann dies zu einem Engpass werden, der die Skalierbarkeit einschränkt.
Andererseits ist insbesondere das Change Management bei der Systemeinführung einfacher und das neue System wird schneller akzeptiert, wenn es einfach zu bedienen ist.
Wirtschaftliche Betrachtung
Die Einführung einer komplexen Verwaltungssoftware erfordert zwar einen höheren personellen und zeitlichen Aufwand, kann aber langfristig zu erheblichen Kosteneinsparungen führen. Die Effizienzsteigerungen und die Reduzierung von Fehlerquellen können insbesondere in größeren Organisationen zu einer deutlichen Steigerung des Vertriebsgewinns führen. In kleineren Vertrieben, die weniger komplexe Prozesse verwalten wollen, kann eine einfache Software hingegen die wirtschaftlichere Wahl sein, da die Lernkurve kürzer ist und die geringere Funktionalität die Anforderungen ausreichend abdeckt.
Fazit
Wirtschaftliche Abwägungen im Vertrieb betreffen eine Vielzahl von Entscheidungen, die sowohl die Effizienz als auch den Gewinn nachhaltig beeinflussen können. Der Schlüssel zu einer erfolgreichen Vertriebsstrategie liegt in der sorgfältigen Balance zwischen Standardisierung und Flexibilität, Einheitlichkeit und Anreizsystemen sowie technischer Komplexität und Praktikabilität. Es gibt keine universell beste Lösung, vielmehr muss jede Entscheidung im Kontext der spezifischen Rahmenbedingungen des Vertriebs und seiner Ziele getroffen werden.
Pressekontakt:
Herr Matti Bargfried
E-Mail: demo@codie.com
CODie software products e.K.
Zeppelinstr. 47A
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Über den Autor:
Matti Bargfried ist seit fünf Jahren Vertriebsleiter bei CODie software products e.K. – einer Firma die seit 1991 sowohl für Maklerfirmen und auch für Finanzvertriebe ein Bestandsverwaltungsystem anbietet. Er ist überzeugt, dass beide Welten viel voneinander lernen können.