„Als kleinerer muss man sich stärker fokussieren" – dieser Grundsatz zieht sich wie ein roter Faden durch das Gespräch mit Dr. Arne Barinka, Vorstand für Vermögen, IT und Services der Rheinland-Versicherung. Im Digital Insurance Podcast spricht er über die Herausforderungen mittelständischer Versicherungsunternehmen im Wettbewerb mit den Großen der Branche.
Die Definition der Unternehmensgröße macht Barinka zunächst an der Mitarbeiterzahl fest: „Ein kleiner Versicherer hat weniger als 500 Mitarbeiter, ein mittlerer Versicherer irgendwo zwischen 500 und 2.000, und darüber sind es große Versicherungen." Doch was bedeutet das konkret für den Geschäftsalltag?
Skaleneffekte bei IT-Projekten

Dr. Arne Barinka
Rheinland Versicherungsgruppe
Der Versicherungsvorstand betont ein fundamentales Problem bei IT-Implementierungen: „Ob ich das Ganze für 1.000 Sitzplätze und 1.000 Verträge oder für 2.000 Sitzplätze und 10.000 Verträge einführe, ist meistens IT-technisch erstmal völlig egal." Die Grundkosten für Systeme fallen immer an – unabhängig von der Unternehmensgröße. Große Versicherer können diese jedoch auf mehr Verträge umlegen.
Ähnlich verhält es sich mit regulatorischen Anforderungen. Von DORA bis zu anderen Compliance-Vorgaben – die Regeln gelten für alle, doch Großunternehmen können mehr Spezialisten vorhalten. „Regulatorik wird aus meiner Sicht über die Branche drüber getan. Es gibt wenige Ausnahmen, wo man auf die Größe des Unternehmens rekurriert."
Die Kantine - ein Vorteil der Kleinen
Doch Barinka sieht auch klare Stärken mittelständischer Versicherer: Schnellere Entscheidungswege, kürzere Kommunikationsketten und mehr Pragmatismus. „Dass wir hier alle in ein Haus reingehen und relativ easy sagen können: Für dieses Projekt treffen wir uns in der Kantine – das ist eine Kraft." Diese Agilität muss gezielt genutzt werden, um im Wettbewerb zu bestehen.
KI und die Datenfrage
Besonders beim Thema Künstliche Intelligenz zeigt sich ein gravierender Skalenvorteil der Großen: „KI als Grundlagentechnologie lebt überhaupt nur von Skalen, von der Menge der Daten, die ich habe." Je mehr Kundendaten und Transaktionen, desto besser die KI-Modelle.
Dennoch sieht Barinka vielversprechende Einsatzfelder für KI bei mittelständischen Versicherern – vor allem in der Kundeninteraktion: „Das Tolle am Large Language Model ist, ich kann Inhalte immer umformen. Wenn ich den Standardbrief so in Sprache verwandeln kann, dass er zu dem passt, wie mit mir von Kundenseite gesprochen wird, habe ich eine Chance, besser verstanden zu werden."
Beim Thema Schadenbearbeitung ist der Vorstand zurückhaltender mit vollautomatischer Dunkelverarbeitung: „Im Schaden ist mir als Sachversicherer bewusst, dass der Schadenaufwand der viel größere Hebel ist als die Prozesskosten." Stattdessen plädiert er für KI-gestützte Prüfsysteme, die Auffälligkeiten erkennen und dem Sachbearbeiter anzeigen.
Zukunftsperspektiven
Angesichts der Herausforderungen durch Digitalisierung, KI und Regulatorik prognostiziert Barinka eine teilweise Marktkonsolidierung: „Ich glaube, man sieht Konsolidierungen am Markt. Ich glaube aber, dass die deutsche Versicherungslandschaft weiter bunt bleiben wird." Die regionalen Versicherer und VVaGs werden nicht verschwinden, doch die Vielfalt könnte abnehmen.
Sein Fazit für kleinere Versicherer bleibt klar: „Kleine müssen sich einfach fokussieren, das ist die Antwort." Nicht alles machen wollen, sondern gezielt investieren – das sei der Schlüssel zum Erfolg im Wettbewerb mit den Großen.
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