Gothaer ist der beste BiPRO-Maklerversicherer. Und welche Noten bekommen die Makler?

In der Anfangszeit von BiPRO musste viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Die Normen existierten nur als Idee in den Köpfen. Die konkurrierenden Maklervertriebe der Versicherer umwarben die Makler lieber mit Produkten und Provisionen, Prozesse waren noch kein Thema. Hatte sich ein Versicherer dann für eine BiPRO-Mitgliedschaft entschieden, ging die Missionsarbeit weiter, denn die eigenen Fachbereiche und die IT mussten überzeugt werden. Die Gothaer hatte mit Eric Wiedemann einen Kollegen, der die BiPRO-Idee durch alle Abteilungen trug und Überzeugungsarbeit leistete. Die Idee hat sich im Konzern durchgesetzt und wird heute konsequent gelebt. Eine Meisterleistung des Maklervertriebs, der neben der Ausschließlichkeit und dem Bankenvertrieb besteht.

Eigentlich müsste die IT-Komplexität einer Unternehmensgruppe ein eigenes Award-Kriterium werden. Es gibt viele verschiedene Datentöpfe der jeweiligen Risikoträger und Sparten, in denen die Vertrags- und Kundendaten liegen. Eine weitere Datenhaltung existiert für Inkassodaten und auch für die Maklerverwaltung. Alle drei Systeme müssen abgefragt werden, wenn ein Makler seine digitalen Vertragskopien über BiPRO zur Verfügung gestellt bekommt. Und wenn das wie bei der Gothaer bei der Policierung tagesaktuell zur Verfügung gestellt wird, haben sehr viele Menschen aus unterschiedlichen Bereichen an den BiPRO-Services mitgewirkt.

Die Versicherer haben in den letzten Jahren erheblich in digitale Maklerprozesse investiert. Das Angebot an BiPRO-Services aller Maklerversicherer zusammen ist beeindruckend. Daher habe ich die Übergabe des dvb-Award Staffelstabes an Oliver Brüß (Vorstand Vertrieb und Marketing) und Detlef Westerheide (Abteilungsleiter Vertriebsmanagement) zum Anlass genommen, ihre Einschätzungen zum aktuellen Maklermarkt zu erfragen.

Oliver Brüß und Detlef Westerheide mit einem weiteren Geschenk für den Gothaer-Weihnachtsbaum.

Henning Plagemann: Meine Herren, als BiPRO-Enthusiast der ersten Stunde hat mich der Erfolg der Gothaer nicht überrascht. Der Blick auf die BiPRO-Landkarte der Gothaer ist beeindruckend. Jetzt würde mich interessieren, welche Note Sie als führender BiPRO-Provider den Maklern in Sachen BiPRO geben.

Oliver Brüß: Wir haben die BiPRO-Strategie konsequent umgesetzt und engagieren uns deshalb auch im BiPRO-Hub. Und natürlich unterstützen wir auch unsere Partner bei der Anbindung, sei es der Maklerpool oder das einzelne Maklerunternehmen. Aus diesem Grund sind wir auch der Initiative meinMVP als aktiver Unterstützer beigetreten. Wir sind schon lange auf Digitalisierungskurs.

Plagemann: meinMVP ist eine Initiative der Versicherer und wird von den Maklern in unserer Studie gelobt. Was sind die Ergebnisse?

Detlef Westerheide: Unsere Erwartungen diesbezüglich haben sich leider nicht erfüllt. Wir haben alle unsere Makler angesprochen, die nach unseren Informationen technisch nicht so gut aufgestellt sind und ihr gutes Versicherungsgeschäft mit zu hohem Verwaltungsaufwand betreiben. Wir haben ein für den Makler kostenloses Onboarding in meinMVP angeboten, also praktisch eine individuelle Begleitung bei der Digitalisierung des Maklerbüros. Das Interesse der Makler war sehr verhalten.

Plagemann: Unsere Umfrage hat ergeben, dass etwa ein Drittel der Makler die digitale Automatisierung nutzt, ein weiteres Drittel der Makler kennt das Potenzial der Automatisierung, nutzt es aber nicht für sich. Wie können wir in der Branche dieses Drittel abholen, wie können wir die Makler dazu bringen, ihre Hausaufgaben zu machen?

Brüß: Einige Vermittler sollten sich fragen, ob sie nicht besser in der Ausschließlichkeit aufgehoben wären. Andere zögern vielleicht, weil sie den Aufwand gegen Ende ihrer beruflichen Laufbahn scheuen. Aber alle unterschätzen, was die Digitalisierung in der Welt der Makler noch verändern wird. Und dort, wo diese Makler stehen, müssen wir sie abholen. Denn eines ist klar: Makler ohne digitale Prozesse werden keine Zukunft haben. Natürlich ist es legitim, wenn sich Makler auf den Ruhestand vorbereiten. Aber dann sollten sie die Digitalisierung als Wertsteigerung für ihr Lebenswerk begreifen.

Westerheide: Einige aktive Vermittler ziehen es vor, ihre Verkaufszahlen zu erhöhen, anstatt die internen Prozesse zu optimieren. Das finanziert dann zwar die Kosten für die zusätzliche Aushilfskraft, ist aber keine Lösung. Woher soll er in Zukunft das nötige Personal nehmen? Und ein digitales Maklerbüro versetzt ihn in die Lage, sein Geschäft zu planen und zu steuern, so wie es die Pools tun. Das geht aber nur mit entsprechenden Prozessen.

Plagemann: Einige Versicherer fragen regelmäßig nach den Abnehmern ihrer implementierten BiPRO-Standards. Haben Sie auch solche Erfahrungen gemacht?

Westerheide: Wir beziehen die Makler in die Strategieentwicklung ein, wir setzen nur die Normen um, die uns die Makler in den Umfragen nennen. Wir wollen auf jeden Fall vermeiden, viel Aufwand in eine BiPRO-Dienstleistung zu investieren, die dann nicht genutzt wird. Ich muss aber auch eine Lanze für die Makler brechen. Ich habe auch manchmal das Gefühl, dass die Intermediäre sich sehr schwer tun mit der Umsetzung von BiPRO. Und die Makler sind natürlich darauf angewiesen.

Plagemann: An einer Frage kommen wir natürlich nicht vorbei: die geplante Zusammenschließung mit der Barmenia. Wird Größe zum Überlebensfaktor im Maklermarkt und was passiert mit den kleineren Versicherern?

Brüß: Wir stehen ganz am Anfang. Im Gegensatz zu börsennotierten Unternehmen haben Versicherungsvereine andere Regeln und müssen bereits in diesem frühen Stadium der Zusammenschließung an die Öffentlichkeit gehen. Was den Markt an sich betrifft: Natürlich wird es Nischen geben, auf die sich kleinere Versicherer fokussieren und dann perfekte Prozesse und Services anbieten können. Aber ohne Automatisierung werden auch sie nicht überleben. Und dafür brauchen Versicherer IT-Technologie und müssen die regulatorischen Anforderungen erfüllen, da hilft Größe natürlich enorm.