Was erhöht den Bestandswert? Eigenes MVP- oder Maklerpool-System?

In unserer aktuellen dvb-Umfrage haben wir Fragen zur Maklernachfolge gestellt und wollten explizit wissen, ob die Makler dieses Thema komplett alleine bewältigen oder ob sie externe Hilfe in Anspruch nehmen. Das externe Angebot ist vielfältig, so bietet z.B. blau direkt auf vielen Online-Medien ihr Nachfolge-Programm an, auch die dvb präsentiert das Angebot auf ihren Seiten. Mein Gesprächspartner hat vielfältige Vertriebs- und Entscheiderpositionen bis hin zum Vorstandsvorsitzenden inne gehabt und ist heute als Berater im Maklermarkt aktiv. 

Henning Plagemann: Die Nachfrage von Bestandskäufern ist groß, auch Pools sind auf dem Markt und unterbreiten Maklern Übernahmeangebote. Was passiert auf dem Markt?

Dr. Peter Schmidt: Die Online-Bestandsbörse hat sicherlich Effekte im Markt für Bestandsübertragungen ausgelöst, aber ob der finanzielle Aufwand im Verhältnis zum Ertrag steht, kann ich nicht beurteilen. Klar ist aber, dass nach dem Einstieg der Investoren in den Maklermarkt jetzt die finanziellen Möglichkeiten vorhanden sind, den Markt zu bewegen. Und genau das passiert jetzt. Es ist wohl auch als SEO-Maßnahme (= Marktwahrnehmung über die Ergebnisliste der Suchmaschinen) zu sehen und es funktioniert. Es gibt einfach viele, die um die Makler werben und die Meinungsführerschaft ist hier viel wert. Die meisten Makler suchen sich einen Berater nach persönlichem Vertrauen aus, denn in der persönlichen Betreuung zeigen sich die individuellen Schwächen und die wollen sie in guten Händen wissen.

HP: Es gibt Verkaufs- und Verrentungsmodelle. Was ist dabei zu beachten?

PS: Die Verrentung ist ebenso wie der Verkauf des Bestandes endgültig. Für die Verrentung gibt derzeit 13 bis 14 Anbieter am Markt, die sehr unterschiedlich sind und die verschiedene Konzepte anbieten. So gibt es Garantielaufzeiten von 7 bis 30 Jahren, auch die Garantiesummen unterscheiden sich, es gibt unterschiedliche Abzüge wie z.B. Servicegebühren. Eine wesentliche Frage ist, wie der Bestand in Zukunft betreut wird. Je intensiver die Betreuung ist, desto geringer ist der zukünftige Abrieb des Bestandes. Es muss auch geklärt werden, ob Neugeschäft in den Verrentungsbestand kommt und damit die Rente erhöht oder stabilisiert, das betrifft auch das Ersatzgeschäft. Und dann ist natürlich das Szenario zu diskutieren, dass der Anbieter konzentrierte Umdeckungsaktionen im Rentenbestand durchführen kann. Es kommt also auf die Konditionen an, diese müssen abgewogen werden, bevor der Makler sich und sein Lebenswerk per Unterschrift endgültig ausliefert.

Im vorweihnachtlichen Außenbüro von Dr. Peter Schmidt statt des Social Media-Treffpunktes "Peking-Ente".
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HP: Woher kommt der massive Kaufdruck auf dem Markt?

PS: Neben dem bekannten demografischen Effekt haben auch Investoren den Markt entdeckt. Die Rendite ist offensichtlich: Der durchschnittliche Kaufpreis liegt bei 2 bis 4 Jahren Provisionserwartung. Ab dem 5. Jahr kommt der Investor in die Gewinnzone, wenn der Käufer über eine starke Technik verfügt, kann er die Kostenschraube etwas nach unten drehen und ggf. durch Provisionserhöhungen die Rendite erhöhen.

HP: Wie reagieren die Versicherer?

PS: Den Versicherern ist das egal, sie wollen die Betreuung ihrer gemeinsamen Kunden gesichert wissen. Und die Betreuung kann auch komplett digital erfolgen, denn alles wirkt besser auf die Bestände als gar keine Betreuung.

HP: Welchen Digitalisierungsansatz empfiehlst du kleineren Maklerunternehmen, die heute noch viele manuelle Tätigkeiten haben und unabhängig bleiben wollen?

PS: Früher habe ich die Pools als unvereinbar mit dem unabhängigen Makler gesehen, diese Meinung habe ich geändert. Was ein Pool als digitaler Dienstleister an Mehrwert bietet, kann ein kleiner Makler nicht leisten. Die Abhängigkeit von der Pool-IT ist auch kein Risiko, im Gegenteil, gute Prozesse wie papierloses Arbeiten, Vollmachtsverwaltung und eine Kunden-App sind immer wertsteigernd. Und ein Steuerberater gilt ja auch als unabhängig, wenn Datev für die Datenverarbeitung zum Einsatz kommt. Bei der Auswahl des konkreten Pools sollte sich der Makler von Vernunft, sachlichen Gründen und seinem Bauchgefühl leiten lassen.

HP: Gerade ältere Makler mit langjähriger Berufserfahrung haben oft noch Papierakten im Büro. Wie sieht eine Digitalisierungsstrategie für diese Kollegen aus?

PS: Hier gibt es drei Szenarien. (1.) Wenn ein MVP-System vorhanden ist, dann empfehle ich ein planmäßiges Vorgehen für das Scannen der Kundenakten, z.B. 20 Stück pro Woche. Es gibt auch gute Systeme und Dienstleister, die die Dokumente korrekt ablegen. Als erstes sollte die Maklervollmacht eingescannt werden, falls diese fehlt, muss sie unbedingt eingeholt werden. (2.) Wenn es kein MVP-System gibt, schlage ich vor, sich auf einen Pool zu konzentrieren, der die Daten von den Versicherern abholt. Nach einem halben Jahr sind dann 80 Prozent der Verträge im System. Man gibt dem Pool eine Excel-Liste mit den Verträgen und der Pool übernimmt die Aufgabe, diese zu übertragen. Wenn der spätere Käufer nicht mit diesem Pool zusammenarbeiten möchte, werden die Bestände erneut übertragen, was bei allen Pools problemlos funktioniert. (3.) Wenn der Makler bereits seinen Ausstieg vorbereitet, dann empfehle ich, den Digitalisierungsprozess mit dem potenziellen Käufer abzustimmen. Der Verkäufer als Kenner seines Bestandes unterstützt die digitale Aufbereitung der Daten und erhöht damit den Kaufpreis, der Käufer hat ein Interesse daran, da die Digitalisierung der ihm nicht persönlich bekannten Bestandsdaten einen höheren Aufwand verursacht.

HP: Die Makler haben in der Umfrage deutlich gemacht, dass sie sich der Vorteile der Digitalisierung und Automatisierung bewusst sind. Dennoch gehen sie das Thema nicht an.

PS: Es lohnt sich wirklich. Ich berate einen Makler in Brandenburg, mit dem ich einen konkreten Zeitplan für die Datenaufbereitung erstellt habe, der macht das jetzt zwei bis drei Jahre jeden Freitagnachmittag. Ein Käufer ist interessiert, er ist selbst Makler und bietet den Kauf auf Rentenbasis an. Er garantiert die Rente über zehn Jahre und ist bereit, die Rentenzahlung mit einer Bürgschaft abzusichern. So kann er selbst den Kauf ohne Fremdfinanzierung stemmen und der Verkäufer hat ein gutes Geschäft gemacht und seinen Kunden in gute Hände gegeben. Ein solches Geschäft macht man nicht mit einem Klick auf einen Werbebanner, um noch einmal auf die intensiven Marketingmaßnahmen im Nachfolgegeschäft zurückzukommen.

HP: Wie wird sich aus deiner Sicht der Maklermarkt verändern?

PS: Der Einzelmakler wird aussterben, mit Ausnahme der hochspezialisierten Vermittler. Ähnlich wie bei den Schuhmachern, wo z.B. die, die sich auf Maßanfertigungen spezialisiert haben, noch im Geschäft sind. Dafür gibt es jetzt überall Läden der großen Schuhketten. Auch die Pools konzentrieren sich regional, indem sie Bestände aufkaufen. Sie werden aber keine Filialen eröffnen, sondern einzelne Maklerfirmen betreiben, die sich um die Bestände kümmern.