BiPRO-Hub: Zentrale Datendrehscheibe

Der BiPRO-Hub positioniert sich als neutrale Plattform für den standardisierten Datenaustausch zwischen Versicherern und ihren Partnern. Auf einer Pressekonferenz zum BiPRO-Tag stellte die BiPRO Service GmbH den neuen Geschäftsleiter Patrick Möbis und die Entwicklung der im November 2023 produktiv geschalteten Plattform vor.

Aktuelle Zahlen und Teilnehmer

Nach eineinhalb Jahren Betrieb umfasst der Hub 22 Teilnehmer, zehn Versicherer (Barmenia, Gothaer, ALH Gruppe, Volkswohl Bund, AXA, Signal Iduna, Allianz, HDI, ERGO und R+V) sowie zwölf Consumer, darunter Aon, Assfinet, blau direkt, meinMVP und Smart InsurTech. Das System verarbeitet nach Angaben der Betreiber über eine Million Transaktionen pro Monat – eine Zahl, die allerdings ohne Bezugsrahmen zum Gesamtmarkt schwer einzuordnen ist.

Wachstumsdynamik der Plattform

Der Hub befindet sich in der typischen Aufbauphase einer Plattformökonomie, in der sowohl Anbieter als auch Nachfrager gewonnen werden müssen. Dr. Gerrit Böhm (Volkswohl Bund) ordnet die bisherigen Erfolge wie folgt ein: „Das sucht im Branchenvergleich schon seinesgleichen, was wir hier in kurzer Zeit geschafft haben.” Während bisher hauptsächlich größere Versicherer teilnehmen, soll die angepasste Preisstruktur auch kleineren Marktteilnehmern den Einstieg ermöglichen.

Frank Lamsfuß (BarmeniaGothaer) und Dr. Gerrit Böhm (Volkswohl Bund)

Diskussion um Marktabdeckung

Die beworbene „70-prozentige Marktabdeckung” sorgte für lebhafte Diskussionen unter den Teilnehmern. Marc Rindermann (acturis/assfinet) und André Männicke (Smart InsurTech) verdeutlichten, dass in ihren Unternehmen andere Berechnungsansätze üblich sind. "Bei den 70 Prozent habe ich auch schon gefragt, wie das berechnet wird, ich habe die Antwort auch nicht."

Ambitionierte Roadmap bis 2030

Der Ausbau des Hubs folgt einer strukturierten Roadmap. Aktuell ist der Stack 430 für Bestands- und Vertragsdaten inklusive Konverter produktiv, RNext für die Schadenkommunikation startet gerade mit Partnern wie ERGO, Funk und meinMVP. Der produktive Start für weitere Unternehmen ist für das dritte Quartal 2025 geplant.

In der Planung stehen drei zentrale Features: Onboarding-Support für Consumer mit Account-Linking zur Vereinfachung der Authentifizierung, die Konvertierung von 430-Classic-Standards auf RNext sowie automatisiertes KPI-Reporting über die Hub-Oberfläche.

Die mittelfristige Roadmap umfasst mehrere neue Service-Stacks: Maklermandat 490, das umfangreiche TAA-Paket 42x beginnend mit Leben, dann Komposit und perspektivisch Industrie, sowie den Partnerservice 501 - den ersten Realtime-Kommunikationsdienst des Hubs. Zusätzlich werden der RNext-Vertragsservice und ein FIDA-Schema implementiert.

Alexander Kern (BiPRO Service GmbH) erläuterte die TAA-Entwicklung: Ursprünglich sollte mit Berufe- und Fondslisten begonnen werden, doch nach mehreren Workshops entschied die Arbeitsgruppe aus führenden Vergleichern und Versicherern, das komplette TAA umzusetzen. Kern sagte dazu: „Das war total faszinierend, alle haben sich das angeschaut und dann genickt.“ Der offizielle Start der TAA-Leben-Arbeitsgruppe ist für September 2025 geplant.

Marc Rindermann (acturis/assfinet) und André Männicke (Smart InsurTech)

Das Kosten-Nutzen-Dilemma für etablierte Anbieter

Die Kostenfrage dominierte weite Teile der Pressekonferenz. Frank Lamsfuß (BarmeniaGothaer) widersprach der Darstellung hoher Eintrittskosten: „Die Aufwände, die wir heute leisten, um neben dem Hub die Anbindungen in den Maklermarkt zu betreiben, sind deutlich höher als die Kosten, die das Hub für uns erzeugt hat.“

Dr. Gerrit Böhm argumentierte mit dem Zeitfaktor: „Diese Kosten-Nutzen-Rechnung ist eigentlich ein No-Brainer, wenn ich nicht nur das Hier und Jetzt, sondern auch die nächsten zwei, drei, vier Jahre berücksichtige.“ Gleichzeitig erklärte er, warum etablierte Anbieter zögern: „Wir sind in einer Situation, in der viele bestehende, komplizierte 1:1-Anbindungen vorhanden sind und im Moment noch keinen Änderungsdruck spüren.“ Er sieht jedoch einen Wendepunkt: „Spätestens wenn wir über neue Normen oder neue Versionen von Normen reden, haben aber auch diese Provider oder Consumer einen hohen Anreiz, das Ganze vernünftig über den Hub zu machen.“

Angepasstes Preismodell

Um die Teilnahme kleinerer Versicherer zu fördern, führte die BiPRO Service GmbH Ende 2024 eine Preisstaffelung für den Hub ein. Unternehmen mit weniger als 1.000 Mitarbeitern profitieren von reduzierten Beiträgen – bei 100 bis 250 Mitarbeitern beispielsweise nur noch 30 Prozent der ursprünglich geplanten Betriebskosten. Diese Anpassung war die Reaktion auf Rückmeldungen nach Gesprächen mit Gesellschaften dieser Größenordnung.

Effizienzgewinne bei MVP-Anbietern

Die beteiligten MVP-Hersteller heben die Vorteile für neue Anbindungen hervor. „Wenn wir den BiPRO-Hub einmal angebunden haben, dann kann ich nach dem ersten Versicherer auch Versicherer zwei, drei, vier und fünf einfach anschalten”, erläuterte Rindermann den Skalierungseffekt. Für bereits bestehende Anbindungen zeigen sich die Vorteile vor allem bei künftigen Normumsetzungen.

Neutrale Marktposition

Frank Lamsfuß betonte das Selbstverständnis der Initiative: „Wir streben ausdrücklich nicht an, Teile der Provider- oder Consumer-Wertschöpfungskette abzubilden und zu monetarisieren.” Die BiPRO fokussiere sich auf die Bereitstellung von Infrastruktur und nicht auf eigene Geschäftsmodelle. Diese Neutralität und vor allem die Vertrauensstellung werden als Abgrenzung zu anderen Marktansätzen und als einzigartiger Vorteil des Hubs gesehen.

Geschäftsleitung der BiPRO Service GmbH: Alexander Kern und Patrick Möbis

Ausblick auf die Volldigitalisierung

Es kam die Frage auf, in welchem Zeitrahmen mit einer umfassenden Digitalisierung der Branche zu rechnen sei und wann sämtliche Maklerversicherer und Makler auf dem Hub präsent seien, sodass sämtliche Prozesse volldigital ablaufen könnten. BiPRO-Präsident Frank Schrills fasste die dafür erforderlichen Vorbedingungen mit einer plakativen Einschätzung zusammen: „Wir sollten schon sagen, dass wir in den nächsten drei bis fünf Jahren die wesentlichen Kerngeschäfts- und Prozessfelder abdecken können.“

Zeitdruck durch Plattformökonomie und Regulierung

Zusätzlichen Druck erzeugen regulatorische Anforderungen. Schrills verwies auf FIDA (Financial Data Access): „Es ist Zeit für eine neutrale Branchenplattform, um auch Antworten auf die regulatorischen Einflüsse zu geben, die auf uns zuströmen werden.“ In der Hub-Roadmap ist bereits ein „FIDA Scheme” für die kommenden Jahre vorgesehen.

 

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