MVP-Hersteller zu BiPRO-TAA: Ressourcenverschwendung

BiPRO bringt als Brancheninitiative Versicherer und Makler sowie andere Intermediäre mit technischen Standards näher zusammen. Technik bedeutet IT-Aufwand und der ist knapp und teuer, aber wie immer ist alles eine Frage der Perspektive: „100.000 Euro sind fast nichts, wenn man das in IT-Personentage umrechnet, die man spart“, sagte BiPRO-Präsident Schrills über die Teilnahmegebühr für den BiPRO-Hub, der den Aufwand für die Nutzung von BiPRO bei den Versicherern weiter reduzieren soll. Und dann diese Aussage von Dirk Pappelbaum, IT-Dienstleister von Inveda.net (u.a. für die Invers-Gruppe): „Der Norm 420 ist Ressourcenverschwendung. Man hätte lieber die Deeplink-Norm 440 fachlich erweitern sollen“.

Makler lieben die Deeplink-Funktion, die es ermöglicht, aus dem MVP an eine ganz bestimmte Stelle im Maklerportal des Versicherers zu springen, um sich dort Informationen zum Kunden, zum Vertrag oder zum Schaden anzeigen zu lassen. Dies war als Brückentechnologie gedacht, bis mit Hilfe der anderen Normen alle Daten und Funktionen im MVP zur Verfügung stehen. Aber ein Deeplink für TAA, also Tarifierung, Angebot und Antrag? Das entspricht doch dem klassischen Tarif- und Angebotsrechner über eine Weboberfläche? Die Anforderung des IT-Dienstleisters wirft doch Fragen auf.

Henning Plagemann: Inveda hat in seinem MVP-System „IMA+“ die Prozesse zur Angebots- und Antragserstellung über die BiPRO-Norm 440 umgesetzt und um eigene fachliche Ergänzungen erweitert. Das ist ungewöhnlich, aber die Forderung nach einer breiten Unterstützung dieses Ansatzes und der Verzicht auf die etablierte TAA-Norm 420 überrascht doch etwas. Wie kam es dazu?

Dirk Pappelbaum: Wir nutzen BiPRO und schätzen die Normen. Die 430er Normen für den Daten- und Dokumentenaustausch sind ein Paradebeispiel für Standardisierung. Das funktioniert wunderbar und gefühlt macht die ganze Branche mit. Aber nach einigen Implementierungen der TAA-Normen 420 waren wir regelrecht erschrocken über den hohen Implementierungsaufwand. Da wundert es mich ehrlich gesagt nicht, dass nur die Hälfte der Versicherer TAA-Services nach BiPRO-Norm anbieten.

Dirk Pappelbaum
Inveda.net GmbH

HP: Ein TAA-Service muss die fachlichen Besonderheiten des Versicherungsproduktes abbilden, das kann natürlich etwas umfangreicher werden. Und für die Antragsstrecke kommen noch einige Fragen hinzu.

DP: Das Problem ist die Vollständigkeit der zu übermittelnden Daten. Unvollständige Daten führen zu Fehlermeldungen. Wir müssen viel Vorarbeit leisten, um vollständige und plausible Daten zu übermitteln. Das heißt, wir müssen für jedes Verkaufsprodukt eine Eingabemaske programmieren, die sowohl Pflicht- als auch optionale Daten abfragt und auf Plausibilität prüft. Das ist ein erheblicher Aufwand.

HP: Und deshalb machen Sie das jetzt per Deeplink, also per Aufruf der Tarifierungsseiten? Damit muss der Prozess aber zwingend von einem Menschen begleitet werden, eine Automatisierung wie z.B. bei Umdeckungen ist dann nicht mehr möglich.

DP: Unserer Erfahrung nach werden Angebote auch heute noch von Menschen gemacht. Und Umdeckungen in größerem Umfang laufen auch heute noch über Excel und Pauschalkonditionen, da geht nicht jeder Vertrag einzeln durch den TAA-Service.

HP: Und jetzt haben Sie das für die eigenen Vergleichsrechner in Sach/Kfz für die Invers-Gruppe als Deeplink umgesetzt?

DP: Die Norm beschränkt sich auf die Übergabe von Adressdaten, wir haben den Standard etwas erweitert um die Vorgaben aus der TAA-Norm. Und mit unseren eigenen Vergleichsprogrammen funktioniert das reibungslos, die digitalen Antragsstrecken im IMA+ sind vollständig umgesetzt. Wir stellen unser MVP-System aber nicht nur den Invers-Maklern zur Verfügung, ich spreche mit allen Maklerpools. Und deren Tarifrechner oder Vergleichsrechner und Antragsstrecken anzusprechen, ist über den 420er Norm nicht möglich.

HP: Wie reagieren die Versicherer auf Ihren Vorschlag?

DP: Wenn ein Versicherer auch in Sachen TAA auf den BiPRO-Standard setzt, dann schaut mich der Fachbereich mit meinem Anliegen natürlich mit großen Augen an, auch wenn die Kollegen aus der IT meinen Schmerz verstehen können. Aber gerade kleinere Häuser mit innovativer Produktentwicklung können das nachvollziehen, auch ihnen dauert die Umsetzung der TAA-Strecken viel zu lange, sowohl im eigenen Haus als auch bei uns Consumern.

HP: Noch eine Frage zu Ihrem MVP-System und dessen Weiterentwicklung: Wie wird sich der Markt entwickeln, worauf können sich Makler freuen oder sollten sie sich vorbereiten?

DP: Wir setzen komplett auf lokale Datenhaltung mit Synchronisation über die Cloud. Aber in Zukunft wird sich das MVP-System durch künstliche Intelligenz komplett verändern. Wir sollten dann nicht mehr in Akten und Vertragsansichten denken, die übertragen und zur Ansicht gebracht werden müssen. Es wird eher eine Art Google werden, man stellt seine Frage oder seinen Arbeitsauftrag und bekommt die entsprechenden Ergebnisse geliefert. Das macht Maklerpools eigentlich überflüssig.

Ich bin überzeugt davon, dass auf diesem Weg eine deutlich höhere Qualität im TAA-Prozess erreicht werden kann und gleichzeitig die Aufwände für Programmierung und Qualitätssicherung bei allen Teilnehmern deutlich reduziert werden.
Dirk Pappelbaum, Inveda.net GmbH